Die beiden Jahrzehnte zwischen den Weltkriegen lassen sich als „zerrissene Jahre“ (Philipp Blom) beschreiben. Die kriegerischen Auseinandersetzungen des Ersten Weltkriegs waren zwar beendet –„innere Konflikte“ gingen jedoch weiter und führten zum Aufstieg totalitärer Ideologien, eugenischer Gesundheitsregime und rassistischer Menschenbilder. Die Weltwirtschaftskrise verursachte Massenarbeitslosigkeit, Armut und Elend. Soziale Spannungen, politischer Extremismus und wirtschaftlicher Protektionismus bedrohten die Demokratien und ebneten den Weg in den nächsten Weltkrieg. Gleichzeitig wurden in den „Roaring Twenties“ die Grundsteine der modernen Konsumgesellschaften gelegt. Neue Technologien beschleunigten die Kommunikation, vervielfachten die Mobilität und befeuerten die Globalisierung. In pulsierenden Metropolen wie New York, London, Paris und Berlin wurden neue Kunst-, Mode-, Musik- und Tanzstile erprobt. Es war auch eine Zeit des sozialen Wandels mit neuen Familienmodellen und Geschlechterrollen.

Das Proseminar fragt nach den Auswirkungen dieser „Dissonanzen der Moderne“ (Jakob Tanner) auf die Schweiz. Wir untersuchen politische Entwicklungen zwischen dem Landesstreik und der „Geistigen Landesverteidigung“, hinterfragen Krisendiskurse, Überfremdungsängste und Körperideale, analysieren die neuen Konsumwelten, Freizeitangebote und Kunstströmungen und folgen den Konjunkturen sozialer Bewegungen und extremistischer Parteien. Dabei stützen wir uns auf eine vielfältige Quellenlage aus historischen Texten, Bildern und Filmen. 1918 und 1939 bilden die Zäsuren des Untersuchungszeitraums - unsere Forschungsfragen führen uns aber auch immer wieder darüber hinaus.