Der Blick auf die 1950er Jahre ist gespalten. Das Jahrzehnt wird als Periode wirtschaftlicher Prosperität, materiellen Wohlstands und politischer Stabilität gesehen. Es steht für den Anfang der trente glorieuses und die Festigung der Trias Demokratie, Marktwirtschaft und Konsum in den westeuropäischen Nachkriegsgesellschaften. Auch repräsentieren die 1950er Jahre eine erste heisse Phase des Kalten Krieges und des sich stark verbreitenden Antikommunismus, während geistige Enge und moralisierende Denkweisen die Vorstellungen zu Geschlecht, Sexualität, Familie und Lebensweisen prägten. Gleichzeitig sind Brüche und Verwerfungen, Kritik und Widerstand festzustellen, nicht zuletzt in Form von antikolonialistischen Bewegungen, pazifistischen Mobilisierungen und nonkonformistischen Szenen. In der Vorlesung werden wir diese verschiedenen Entwicklungen und Widersprüche der 1950er Jahre betrachten und damit die damalige Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen ergründen.