Warum ist „die Hausfrau“ im alltäglichen Sprechen geläufiger als „der Hausmann“? Warum ist Teilzeitarbeit für Frauen ein häufig gewähltes Erwerbsmodell, und warum stösst es in Branchen, in denen mehr Männer arbeiten, auf teilweise grossen Widerstand? Warum sprechen wir von „Hausarbeit“ als Arbeit und warum wird für diese Arbeit kein Lohn ausbezahlt?
Wer in einer Gesellschaft welche Arbeiten macht ist nicht gegeben, sondern das Ergebnis sozialer Zuschreibungen. Auch welche Tätigkeiten als Arbeit betrachtet, anerkannt und entlöhnt werden, ist keineswegs gefestigt, sondern umstritten und im historischen Wandel. Die Geschlechterzugehörigkeit gehört neben der sozialen, ethnischen und nationalen Herkunft zu einer der wirkungsmächtigsten Kategorien entlang der Arbeit an- respektive aberkannt und sozial wie finanziell mehr oder weniger wertgeschätzt wird.
In diesem Proseminar setzen wir uns mit der Verflechtung von Geschlecht und Arbeit auseinander. Die Lektüre geschichtswissenschaftlicher und geschlechtertheoretischer Texte hilft uns die Begriffe Arbeit und Geschlecht zu verstehen und das Zusammenspiel von Arbeits- und Geschlechterordnungen historisch einzuordnen. Am Beispiel verschiedener Arbeitsbereiche – wie u.a. Fabrikarbeit, Hausarbeit, sexuelle Arbeit – fragen wir danach, wie unterschiedliche (Erwerbs)Tätigkeiten von Frauen und Männern in der Schweiz des 20. Jahrhunderts organisiert, debattiert und politisiert wurden.
Ziel dieses Proseminars ist es erstens, theoretische Grundlagen der historischen und sozialwissenschaftlichen Forschung zu Arbeit und Geschlecht kennenzulernen. Die Diskussion sekundärwissenschaftlicher Texte dient dazu, die Begriffe Arbeit und Geschlecht zu definieren und als historisch wandelbare Kategorien zu verstehen. Zweitens wird anhand konkreter Beispiele die Arbeit mit historischen Quellen – insbesondere die Analyse, Interpretation und Einordnung von Quellen – geübt und in der Proseminararbeit vertieft.
- Enseignant·e: Sarah Baumann
- Enseignant·e: Elisabeth Haas-Amanatidis