Wie ein Staat mit abweichendem Verhalten und Delinquenz umgeht hängt eng mit der Vorstellung zusammen, was das Ziel von Bestrafung und Strafen sein soll. Lange Zeit stand das Bild vom Delinquenten als unvollständigem Individuum im Raum, dessen Defizite aufgrund von sozialer und gesellschaftlicher Benachteiligung, hervorgebracht z.B. durch Armut, gebessert und ausgeglichen werden müssen. Parallel mit dem Erstarken der Opferbewegung wurde diese Vorstellung der Rehabilitation seit den 1980er Jahren abgelöst vom Gedanken der Widergutmachung einer Straftat und dem Schutz der Gesellschaft. Nicht mehr gesellschaftliche Ursachen wurden für Delinquenz verantwortlich gemacht; die Verantwortung wurde alleine dem Individuum zugeschrieben.
In diesem Proseminar wird das Thema Strafen und Strafsysteme behandelt. Wie entstanden gegenwärtige Strafsysteme? Welche Rolle hat hierbei der Sozialstaat eingenommen? Wo sind seine Grenzen und Möglichkeiten? Wie ist die Interaktion zwischen Sozialstaat und Strafsystem unter Berücksichtigung von gesellschaftlichen Bedingungen? Solche und andere Fragen werden anhand von Forschungsliteratur aus der Schweiz und dem Ausland kritisch erläutert und diskutiert.- Dozent/in: Silvia Staubli