Nachdem die Forschungen der Sozialanthropologie lange Zeit v.a. auf marginale Gruppen und Minderheiten, die so genannte «Subalterne», fokussiert waren, rief 1972 die amerikanische Anthropologin Laura Nader dazu auf, auch die Menschen am anderen Ende der Hierarchien (sowie hinter den Institutionen) ins Auge zu fassen («studying up»), und sowohl die «Kultur der Macht» wie auch die «Kultur der Machtlosen», die «Kultur des Wohlstands» wie auch die «Kultur der Armut» zu untersuchen.

Dieses Seminar soll eine Übersicht geben über die anthropologischen Ansätze im Studium von Klassenstrukturen, sozialer Stratifikation, politisch-ökonomischen Machtformationen und damit verbundenen Fragen von Hierarchien und Ungleichheiten. Dabei wird die Konstruktion, Anwendung und Aufrechterhaltung von Macht und Einfluss in Eliten ebenso beleuchtet wie die Strategien und Symbolik der Distinktion und Abgrenzung. Ebenfalls werden wir uns mit der Perzeption, Haltung und Strategien der «übrigen Gesellschaft» gegenüber den Eliten beschäftigen, wie es z.B. gerade mit der Occupy-Bewegung («We are the 99%») illustriert werden kann. Die theoretischen Ansätze werden im Seminar jeweils im Zusammenhang mit empirischen Fallstudien aus aller Welt zu Oligarchen, Mafiabossen, Aristokraten, Kirchenvätern, Investmentbankern etc. diskutiert.

Schliesslich werden wir uns auch methodischen Fragen anthropologischer Untersuchungen von Eliten widmen: wie verändert sich die Forschungssituation, wenn unsere Interviewpartner nicht bulgarische Bauern oder kurdische Migrantinnen sind, sondern Wall Street Banker oder Filmemacher aus Hollywood?