Was lesen wir eigentlich, wenn wir in einer gedruckten Ausgabe mittelalterliche Literatur lesen? Wie verhält sich der gedruckte, edierte Text zu seiner überlieferten Grundlage in den erhaltenen mittelalterlichen Handschriften? Welche kulturellen Voraussetzungen erfordert die Tradierung von Texten in einer semioralen Manuskriptkultur? Wie ist eine mittelalterliche Handschrift aufgebaut, seit wann gibt es Papier, welche Grundlagen benötigt man, um die alten Schriften lesen und verstehen zu können, wie setzt man das Gelesene in eine auch einem breiteren Publikum verständliche Form um? Welche theoretischen Überlegungen müssen einer Edition vorausgehen, inwieweit hat sich der theoretische Rahmen im Zuge der kulturwissenschaftlichen Orientierung der germanistisch-mediävistischen Literaturwissenschaft verändert? Diese und andere Fragen werden in ihren Grundzügen in diesem Seminar behandelt, das damit Grundlagen für jegliche Beschäftigung mit der deutschen Literatur des Mittelalters legt. Dazu werden Übungen einbezogen und ebenso eine Exkursion zur praktischen Arbeit an Handschriften, so dass die Teilnehmenden am Ende des Seminars den konkreten Umgang mit mittelalterlichen Handschriften und Editionen erlernt haben und in der Lage sind, unterschiedliche Editionsweisen grundlegend zu unterscheiden, wobei auch neuere Entwicklungen im Bereich der Digital Humanities einbezogen werden.