Die Geschichte der ungefähr tausend Schweizerinnen und Schweizer, die zwischen 1933 und 1945 Opfer des Nationalsozialismus wurden, ist bis heute kaum bekannt. Zu diesen Menschen, die meist im Ausland lebten und als Juden und Jüdinnen, als Teil des lokalen Widerstands, als Zwangsarbeiter*innen oder aus anderen Gründen zu Verfolgten wurden, liegen im Schweizerischen Bundesarchiv umfangreiche Quellenbestände vor. Im Methodenseminar werden wir in Form von Fallbeispielen die Verfolgungsgeschichte einzelner Personen aufarbeiten und uns u.a. mit Fragen nach Verhaftungsgründen, Reaktionen der Schweizer Behörden, Deportationen, Lageraufenthalten und Entschädigungen auseinandersetzen. Ziel einer solchen mikrohistorischen Herangehensweise ist es, die rekonstruierten Einzelschicksale in einen grösseren Zusammenhang zu stellen und vor dem Hintergrund der weitgehend unerforschten Geschichte der Schweizer NS-Opfer zu reflektieren.

Einführende Literatur:

Altermatt Urs/Späti Christina, Neutralität statt Moralität. Die Entschädigung der Opfer des Nationalsozialismus in der Schweiz, in: Hockerts Hans Günter/ Moisel Claudia/Winstel Tobias (Hg.), Grenzen der Wiedergutmachung. Die Entschädigung für NS-Verfolgte in West- und Osteuropa 1945-2000, Göttingen 2006, S. 513-567; Wirth Felix, «Arrêté par les autorités allemandes»: Inhaftierte Schweizer im Gefängnis Loos-lès-Lille und die Frage nach diplomatischen Handlungsspielräumen, 1940–1944, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Bd. 70/1 (2020), S. 23-40; Balz Spörri/René Staubli/Benno Tuchschmid, Die Schweizer KZ-Häftlinge. Vergessene Opfer des Dritten Reichs, [Basel] 2019.