Der Ökonom Birger Priddat hat Wachstum kürzlich als «heaven on earth-Narrativ» und säkulares Erlösungsversprechen des Kapitalismus beschrieben. Wachstum gilt bis heute als Allheilmittel für viele gesellschaftliche Herausforderungen; spätestens seit der Ölkrise der 1970er Jahre sind aber auch die «Grenzen des Wachstums» verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Der mit dem Wachstum verbundene Ressourcenverschleiss, die «geplante Obsoleszenz» und der Übergang vom quantitativen zum qualitativen Wachstum prägten die Debatte zunehmend. «Degrowth» und «Suffizienz» sind inzwischen zu neuen wachstumskritischen Schlagworten geworden. Als Einführung in die Wirtschaftsgeschichte geht das Seminar der Frage nach, wie (stetiges) Wachstum in den Nachkriegsjahren auch in der Schweiz zu einer Wirtschaft und Politik (bis heute) prägenden Leitidee werden konnte. Den Ausgangspunkt bilden dabei methodische Überlegungen zu einer «Wirtschaftsgeschichte als Kulturgeschichte», die Lektüre von Grundlagenliteratur sowie eine Einführung in die wichtigsten Archive und Archivbestände zur Schweizer Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahr­hunderts.

 

Literatur zur Einführung: 

Ambrosius, Gerold et al. (Hg.): Moderne Wirtschaftsgeschichte. Eine Einführung für Historiker und Ökonomen, München 2006; Schmelzer, Matthias: The Hegemony of Growth: The OECD and the Making of the Economic Growth Paradigm, Cambridge 2016; Jackson, Tim: Wohlstand ohne Wachstum – das Update. Grundlagen für eine zukunftsfähige Wirt­schaft, München 2017; Caradonna, Jeremy L. (Hg.): Routledge Handbook of the History of Sustainability, London 2018; Welzer, Harald; Wiegandt, Klaus (Hg.): Wege aus der Wachs­tumsgesellschaft, Frankfurt a. M. 2013; Müller, Margrit, Ulrich Woitek: Wohlstand, Wachstum und Konjunktur, in: Halbeisen, Patrick et al. (Hg.): Wirtschaftsgeschichte der Schweiz im 20. Jahrhundert, Basel 2012, S. 91–222.