Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sind für die Zeitgeschichte eine wichtige Ergänzung schriftlicher Dokumente. Das biografische Interview gibt Aufschluss darüber, wie ein Mensch in der Auseinandersetzung mit objektiven Strukturen und Prozessen sein eigenes Leben gemeistert hat und seinen Erfahrungen im retrospektiven Erzählen biografischen Sinn verleiht. Im Unterschied zur Arbeit mit vorgefundenen Quellen schaffen wir als Historikerinnen und Historiker in der Oral History unsere Quellen selbst. Dies stellt – ebenso wie der grosse zeitliche Abstand zwischen dem Interview und der Zeit, über die berichtet wird – eine methodische Herausforderung dar.

Die Lehrveranstaltung verbindet die theoretische Reflexion dieser Herausforderungen mit der Praxis der Oral History. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer planen und führen ein Interview – falls möglich im thematischen Feld der Migration. Im Rahmen der Seminararbeit wird das Interview analysiert und in seinem historischen Kontext situiert. Das Seminar ist als Einführung in die Arbeit mit Zeitzeugeninterviews konzipiert. Es sind aber auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer willkommen, die bereits Interviews gemacht haben und ihre Erfahrungen vertieft reflektieren möchten. Das eigene Engagement ist Voraussetzung für das Gelingen der Lehrveranstaltung, in der für den gegenseitigen Austausch und die gemeinsame Diskussion genügend Zeit eingeplant ist.

Literatur: Dorothee Wierling, Oral History, in: Michael Maurer (Hg.): Aufriss der historischen Wissenschaften, Bd. 7, Stuttgart 2003 (S. 81-151).