Eine Ökonomie des Sorgens und Versorgens untersucht auf struktureller, organisationaler und individueller Ebene, wer die für die sozialökonomische Wohlfahrt zentrale Sorge- und Versorgungsarbeit leistet. Dabei werden unter Sorge- und Versorgungsarbeit alle bezahlten und unbezahlten Tätigkeiten gefasst, die das Versorgen mit dem zum (guten) Leben Notwendigen von sich und anderen zum Ziel haben, also insbesondere Sorgetätigkeiten wie die Betreuung von Kindern und die Pflege kranker, invalider, alter und behinderter Menschen, aber auch ver- und fürsorgende Tätigkeiten von gesunden Erwachsenen füreinander und die Sorge für sich selbst. Auf individueller Ebene steht dabei das sorgende Versorgung als Handlungsorientierung im Vordergrund. Auf organisationaler Ebene werden mithilfe des Vier-Sektoren-Modells vier Organisationsformen (Unternehmen / Marktsektor, Staat / öffentlicher Sektor, NPOs / Non-Profit-Sektor und private Haushalte / Haushaltssektor) und ihre besondere Logik untersucht. Auf struktureller Ebene gibt die Analyse von Sorge- und Versorgungssystemen Auskunft über die gesellschaftliche und oft noch geschlechtsspezifische Gestaltung der Sorge- und Versorgungsarbeit. Für diese Analyse sind Gestaltungskriterien wie Sorgegerechtigkeit und Versorgungssouveränität, ebenso hilfreich wie die Unterscheidung von Generationen nach ihren Sorge- und Versorgungsaufgaben.
In diesem Kurs lernen die Studierenden zum einen zentrale sozialökonomische Theorien, die sich mit bezahlter und unbezahlter Sorge- und Versorgungsarbeit auseinandersetzen, kennen und zum anderen Sorge- und Versorgungssysteme anhand von Kriterien wie Sorgegerechtigkeit und Versorgungssouveränität, aber auch soziale Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit zu analysieren. Dabei stehen folgende Fragen im Vordergrund:
- Wer umsorgt und versorgt wen?
- Wie und unter welchen Bedingungen werden Sorge- und Versorgungsarbeit konkret geleistet?
- Welche kulturellen Normen und individuellen Werte prägen die Verteilung und Gestal-tung von Sorge- und Versorgungsarbeit?
- Wie lassen sich Sorge- und Versorgungssysteme zukunftsfähig und geschlechtergerecht gestalten?
- Wie lässt sich eine Benachteiligung der unbezahlte Sorge- und Versorgungsarbeit Leistenden vermeiden? Wo besteht die Gefahr, neue Benachteiligungen zu schaffen etwa nach Klasse, Nationalität, Ethnizität und Alter?
Leistungsnachweis
Kursbesuch |
Teilnahme an beiden Blockkursen |
3 ECTS |
Pflichtlektüre |
Lesen der Pflichtlektüre |
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Lernkontrolle |
Während des Kurses / Semesters: |
Zum Kurzreferat: Die Studierenden recherchieren zu einem selbst gewählten Thema im Rahmen des Kurses und stellen ihre Ergebnisse vor. Folgendes ist dabei zu beachten:
- Für jedes Kurzreferat inkl. Diskussion stehen insgesamt 20 Minuten zur Verfügung.
- Die Diskussion des jeweiligen Kurzreferats wird von den Referierenden durch 1-2 Diskussionsfragen, einen Videoausschnitt etc. vorbereitet.
- Das Kurzreferat wird verschriftlicht und bis zum 30.10.2021 an die Dozentin gemailt: ulrike.knobloch@uni-vechta.de
Einführende Literatur
- Baumann, Hans, Iris Bischel, Michael Gemperle, Ulrike Knobloch, Beat Ringger & Holger Schatz (Hg.) (2013): Care statt Crash: Sorgeökonomie und die Überwindung des Kapitalismus, Denknetz Jahrbuch 2013, Zürich: edition8.
- Budowski, Monica, Ulrike Knobloch & Michael Nollert (Hg.) (2016): Unbezahlt und dennoch Arbeit, Zürich: Seismo.
- Knobloch, Ulrike (Hg.) (2019): Ökonomie des Versorgens: Feministisch-kritische Wirtschaftstheorien im deutschsprachigen Raum, Weinheim-Basel: Beltz Juventa.
- Razavi, Shahra & Silke Staab (Hg.) (2012): Global Variations in the Political and Social Economy of Care: Worlds Apart, New York: Routledge.
- Docente: Monica Budowski
- Docente: Ulrike Knobloch
- Docente: Silke Daniela Tissi