Der Begriff der potentia (Macht, Möglichkeit, Kraft, Vermögen)
ist ein Schlüsselbegriff der Metaphysik. Er erhält jeweils besondere
Bedeutung, wenn neues Denken festgefahrene Substanzphilosophie auf eine
dynamische Sicht der Wirklichkeit aufbricht. So auch in "De potentia
Dei" des Thomas von Aquin, der zu Unrecht als statischer
Ordo-Metaphysiker angesehen wird. In seinem oft vernachlässigten
Schlüsselwerk entwickelt Thomas ausgehend von der aristotelischen dynamis
eine Theorie des prozessualen Seins, in der die Welt als eine
eigenwirksame Macht erscheint. Dies nicht trotz, sondern gerade wegen
ihrer Begründung und Begrenzung durch die göttliche Allmacht – ein
Gedanke, der auch für gegenwärtige Prozessphilosophie von Bedeutung sein
könnte.
- Dozent/in: Marc Bayard