In orthodoxer islamischer Lehrmeinung ist die koranische Offenbarung die Verkündung des göttlichen Willens, gleichsam in Form und Gehalt. Von dieser Vorstellung ausgehend gewann die Auseinandersetzung mit Möglichkeiten des Verstehens als Mittel der Erschließung von Bedeutung aus einem Text in der islamischen Theologiegeschichte eine herausragende Stellung. Von der altehrwürdigen arabischen Disziplin der Philologie, über Rhetorik, Rezitationsästhetik und die vielen Schulen und Varianten der Exegese, bis hin zur Adaption moderner hermeneutischer Modelle von Intertextualität und historisch-kritischer Kontextualität setzen sich muslimische Interpreten intensiv mit Fragen des Zusammenhangs von Text und Verstehen auseinander. Das Seminar möchte entlang konkreter Einzelfragestellungen wie Naturverständnis, Gottesbild oder Gender im Koran diesen Zusammenhang von Textualität und Verstehen aufzeigen und diskutieren.