Die Sprachensituation in der Schweiz als offiziell viersprachigem Land ist komplex und vielschichtig. Sie ist demnach de jure durch eine dem Territorialprinzip verpflichteten Viersprachigkeit gekennzeichnet. Aufgrund von Globalisierungsprozessen und steigender Immigration verwandelt sich diese de facto zunehmend in eine Vielsprachigkeit. Die Sprachensituation ist weiterhin massgeblich durch den Aufstieg des Englischen zur internationalen lingua franca geprägt, die sowohl in der Schweizer Gesellschaft als auch in ihrer Bildungslandschaft Spuren hinterlässt. Die Wichtigkeit bzw. das linguistische Kapital (Bourdieu, 1991) des Englischen für den sozioökonomischen Aufstieg wird von bildungspolitischen und wirtschaftlichen Vertreter*innen promoviert. Dies zeigt sich in einigen emotional geführten und mediatisierten Debatten und gehaltenen Referenda in einigen Kantonen, in denen bestimmte Akteure die Reihenfolge der in der Schule zu erlernenden Sprachen sowie die erhöhte Belastung der Schüler*innen geschickt instrumentalisieren. 

Die Popularität und Notwendigkeit des Englischlernens wurde von den deutschsprachigen Zentral- und Ostschweizer Kantone als besonders hoch eingeschätzt, worauf die Sprachenfolge der gelehrten Fremdsprachen zugunsten des Englischen geändert wurde. Dies hat zur Folge, dass die nationalen Sprachen dort später eingeführt werden, wobei die zu erreichende Sprachkompetenz gleichwertig bleiben soll. Die Kantone an der Sprachgrenze, in der Westschweiz sowie das Tessin, beeinflusst durch hegemoniale Machtstrukturen (Gramsci, 1971) behalten die ursprüngliche Sprachenabfolge bei und beginnen mit einer Landessprache. Neue Lehrpläne fordern darüber hinaus die Integration von Herkunftssprachen der Schüler*innen mit Migrationshintergrund. 

In Rahmen des Seminars setzen sich die Studierenden mit den aktuellen theoretischen Ansätzen und Forschungsergebnissen zu Bildung und Mehrsprachigkeit auseinander und reflektieren deren Umsetzungsmöglichkeiten in der pädagogischen Praxis. Zentrale Fragen, die in dem Seminar thematisiert werden, sind unter anderem: Was ist Sprache? Was ist Mehrsprachigkeit? Wie werden romantische und instrumentelle Werte durch Sprache ausgedrückt? Wie werden die Bildungsinstitutionen der sprachlichen und soziokulturellen Diversität gerecht? Welche Auswirkungen haben Sprachen und Sprachpolitik auf unsere Identität und unseren Körper? Führen alltägliche sprachliche Praktiken in Bildungseinrichtungen zu Inklusion oder Exklusion? 


Die Literatur wird im Seminar bekannt gegeben. Es handelt sich um deutsch-, englisch- und französischsprachige Texte. 

Leistungsnachweis: 

- aktive Teilnahme sowie Vor- und Nachbereitung der Sitzungen

- Befragung/Interview und Präsentation der Ergebnisse 

- Sprachenportfolio