Gibt es neben dem Materiell-Physischen auch Mental-Geistiges? Und wenn ja, wie ist deren Beziehung und Interaktion zu denken? In welchem Verhältnis stehen Leib und Seele zueinander? Sitzt die Seele in einem einzelnen Körperteil, durchdringt sie alle Teile oder bleibt sie durchgängig unabhängig? Ist letztlich alles auf Physisches zu reduzieren? Ist die Seele ein bloße Begleiterscheinung bestimmter physischer Strukturen? Oder ist gar der Leib nur eine Projektion der Seele? Kann Materielles überhaupt im eigentlichen Sinne lebendig sein und denken? Oder bedarf es dazu zwingend einer prinzipiell anderen Substanz, einer Seele? All diese Fragen umkreisen ein Problem, das in der Philosophie unter dem Begriff ‚Leib-Seele-Problem‘ firmiert. Es beschäftigt die westliche Philosophie seit ihren antiken Anfängen und wird mit großer Wahrscheinlichkeit in Zukunft – etwa im Kontext der Fragen zur sog. ‚Künstlichen Intelligenz‘ – (wieder) eine zentrale Rolle spielen. Bereits die Antike entwickelt zu diesem Problem eine Reihe von paradigmatischen Positionen.
Ziel des Seminars ist es, einen Überblick über die wichtigsten Schlüsselpositionen der (vor allem griechischen) Antike angesichts des eingangs skizzierten Fragefeldes zu erhalten. Hierfür werden wir uns gemeinsam ausgewählte Schlüsselpassagen von Platon, Aristoteles, der Stoa und den Epikureern sowie aus dem Neuplatonismus erarbeiten. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk darauf, diese Textpassagen nicht ausschließlich als historische Dokumente zu begreifen, sondern sie auch auf ihre sachlich-systematische Dimension hin zu befragen. Nicht zuletzt, um so die sachliche Reichweite der antiken Ansätze auch im Blick auf gegenwärtige und zukünftige Problemkomplexe kennenzulernen.
- Docente: Christoph Poetsch