Keine andere Institution hat einen so umfassenden Gestaltwandel erlebt und sich so oft neu erfunden wie das Papsttum in seiner mehr als anderthalbtausendjährigen Geschichte. Da seine Machtstellung mit überzeitlicher Einsetzung und mit einem Auftrag begründet wurde, der bis ans Ende der Zeit reichen sollte, musste es diese historischen Veränderungen zugleich leugnen, relativieren und rechtfertigen. So hielt (und hält) das Selbstverständnis der Päpste daran fest, dass allenfalls die Form, nicht aber die Substanz ihres Amtes als Stellvertreter Christi auf Erden und Nachfolger des Apostelfürsten Petrus dem geschichtlichen Wandel unterliegt – eine Position, die breiten Kreisen nur schwer zu vermitteln ist und intensive „Öffentlichkeitsarbeit“ erforderlich macht.

Mit seiner forcierten Selbstdarstellung ist das Papsttum zwischen 1470 und 1800 deshalb aus innerer Notwendigkeit zum Medien-Pionier und damit auch zu einem Stilentwicklungs- und Kulturzentrum ohnegleichen geworden. Doch beschränkt sich seine geschichtliche Rolle nicht auf diese virtuellen Aspekte. Vor und auch nach der Glaubensspaltung durch die Reformationen ab 1517 ist das Papsttum eine der großen Prägekräfte der europäischen Geschichte, durch Annahme und Abstoßung, ökonomisch, politisch, ideologisch. Alle diese Entwicklungslinien werden in der Vorlesung nachgezeichnet und analysiert, mit mancherlei Verknüpfungen bis zur Gegenwart: Eine Geschichte Europas aus römischer Perspektive.