Die Beurteilung der Zeit zwischen 1933 und 1945 erlebte seit dem Untergang des Nationalsozialismus eine wechselhafte Geschichte. Standen in den ersten Jahren nach 1945 der Krieg und der Widerstand gegen die nationalsozialistische Besatzung im Zentrum der Aufmerksamkeit, so wuchs ab den 1980er Jahren das moralische Bewusstsein um den Holocaust, die Ermordung von Millionen von Jüdinnen und Juden, Homosexuellen, Fahrenden und andere sozialen Gruppen. Diese Entwicklung war und ist von divergierenden Auffassungen, Meinungen und Debatten geprägt, in die die unterschiedlichsten Interessen hineinspielen.

Die Vorlesung beleuchtet die mannigfachen Dimensionen dieses Umgangs mit der Vergangenheit in verschiedenen europäischen Staaten und in der Schweiz. Behandelt werden Debatten zu Geschichts- und Erinnerungspolitik im Laufe der Nachkriegszeit über Kriegsverbrechertribunale bis hin zu Entschädigung nationalsozialistischen Unrechts. Ebenso geht es um die Thematisierung des Holocaust in Kunst, Film und Literatur sowie um Gedächtnispolitik in Gedenkstätten und Mahnmalen.

Einführende Literatur: Daniel Levy / Natan Sznaider, Erinnerung im globalen Zeitalter: Der Holocaust, Frankfurt a. M. 2001; Aleida Assmann, Der lange Schatten der Vergangenheit. Erinnerungskultur und Geschichtspolitik, München 2006; Michael Rothberg, Multidirektionale Erinnerung. Holocaustgedenken im Zeitalter der Dekolonisierung, Berlin 2021.