Das Seminar setzt sich zum Ziel, die theologischen Denkströmungen beim Aufkommen Martin Luthers und seiner Theologie der sola scriptura, mit welcher der Wittenberger Augustinermönch auf eine Glaubenspraxis in ihrer ausschliesslichen Vereinbarung mit der Schriftauslegung zu begründen suchte, in einer Konstellationsanalyse zwischen den verschiedenen Zentren von Gelehrtenmilieus in Italien, Spanien, Frankreich, Deutschland und Österreich zu untersuchen. Im Zentrum der Untersuchung steht daher die Frage, weshalb sich die seitens der römischen Kurie unterstützten Gelehrtenfiguren im Heiligen Reich nicht zu einem koordinierten Netzwerk gegen den Fortschritt protestantischer Theologen zusammenschliessen und formieren konnte. Die historische Forschung widmete sich dieser Problematik einzig aus einem «medialen» Blickwinkel, indem sie stets die Wirkung der Ausbreitung lutherischer Flugschriften und Druckwerke durch die Presse im Gegensatz zu einer «schwachen Druckerei Roms» betonte. Das Seminar verfolgt gegenüber dieser linearen Auslegung, das Scheitern einer «geeinten (katholischen) Front» gegen die protestantischen Theologen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts aus der Perspektive eines noch unkoordinierten Netzwerks theologischer Gelehrten sowohl im Reich als auch im Europa des Zeitalters der Reform(en) zu erklären.