Die Rolle von Religiosität in den säkularen Öffentlichkeiten in Europa und Nordamerika wird vielfach über die kulturelle Praxis verhandelt: Architektur, Kleidung, Lebensgewohnheiten und weiteres. Dadurch wird die Sichtbarkeit von Religiosität im Alltag zum zugespitzten Aushandlungsort von sozialer Zugehörigkeit und Abgrenzung. Muslimische Alltagskulturen sind zugleich stark von religiösen Vorstellungen von Geboten und Verboten geprägt. Auch in mehrheitlich muslimischen Gesellschaften finden Normierungen des Alltags entlang der visuellen Wahrnehmung von Kultur in der Öffentlichkeit statt. In dieser Spannung entwickelt sich eine islamische Popkultur, die sich der normativen Ansprüche unterschiedlicher Akteure bewusst ist – seien diese religiös, staatlich, ideologisch oder in Zuschreibung sozialer Rollen formuliert. Gleichzeitig suchen gerade muslimische Jugendliche nach alternativen Ausdruckformen ihrer identitären Zugehörigkeiten. Daraus ergibt sich wiederum eine neue Spannungsachse zwischen massentauglicher muslimischer Populärkultur einerseits und einer sich kritisch verstehenden muslimischen Alternativ- oder Protestkultur andererseits.

Das Seminar will entlang dieser Fragestellungen darauf blicken, wie Musliminnen und Muslime sich zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Ansprüchen von Norm und Ethik bewegen und welche Umgangsweisen sowie kulturellen Ausdrücke sie daraus etablieren. Wie verhalten sich Ansprüche mehrheitsgesellschaftlicher und religiöser Normierungen zueinander? Wie massenkulturelle Phänomene zu alternativ- und protestkulturellen Bewegungen? Für die Behandlung dieser Fragen wird der Fokus auf ausgewählte Bereiche der Alltagskultur gelegt, insbesondere auf die Interaktion von Mode, Musik und Film.