Unsere Gegenwartskultur zeichnet sich durch eine gewisse Selbstwidersprüchlichkeit aus: Sie begreift sich als völlig selbstständig und von traditionellen Erblasten befreit, nicht zuletzt in ihren ästhetischen Vorlieben. In ihren Orientierungen an bestimmten Idealen jedoch – dem Ideal der Kreativität etwa, der Selbststilisierung oder der ironischen Subversion bestimmter gesellschaftlicher Codierungen –, erweist sie sich als zutiefst klassisch, gehören diese drei Ideale doch zum Paraderepertoire ästhetischen Denkens um 1800, und spezieller noch jeder Strömung, die wir bis heute mit dem Namen Romantik belegen. Wie sehr sind wir bis heute durch jene Begriffsmuster geprägt, von denen sich die Moderne und die Spätmoderne meinten losgesagt zu haben? Der vermeintliche Bruch mit der Vergangenheit, der sich noch in jeder Cancel Culture beglaubigt, zeigt einmal mehr, wie sehr uns das kulturelle Erbe selbst noch gegen unseren Willen orientiert. Aller Beteuerungen zum Trotz: Romantiker bleiben wir durch und durch.

Ziel der Vorlesung ist es, eine erste Landkarte dieser ästhetischen und speziell romantischen Quellen unseres Gegenwartsdenkens zu erstellen. Drei Grundbegriffe sind dabei leitend, die als heuristische Werkzeuge ausgewiesen werden, um sich in diesen «wilden Jahren der Ästhetik» (Safranski) zu orientieren: IronieGenie und Stil. Dabei sollen nicht nur die Herkunft solcher Schlüsselbegriffe, sondern auch ihre Auswirkungen auf die Gegenwart ausgelotet werden. Jeder Schlüsselbegriff wird in einem Modul von jeweils vier Sitzungen behandelt. Jedes Modul besteht aus einer allgemeinen Einführung sowie drei Sitzungen, bei denen ein klassischer Grundlagentext jeweils dargestellt, kommentiert und in der Plenumsdiskussion mit den Studierenden diskutiert wird. Den drei Modulen geht eine allgemeine Einführung des Dozenten voraus.