In den 1890er Jahren kam es in einigen Schweizer Städten zu einer ersten Gründungswelle von Frauenrechtsvereinen und -verbänden. Sie forderten bessere Ausbildungs- und Erwerbsmöglichkeiten, zivilrechtliche Besserstellung und politische Rechte für Frauen. Da ihnen aber der Zugang zu politischen Entscheidungsgremien verwehrt blieb, suchte die sehr heterogene Frauenrechtsbewegung nach Handlungsfeldern jenseits des traditionellen Politikbetriebs. Das dazu eingesetzte Aktionsrepertoire war vielfältig und reichte von eher konventionellen Mitteln wie das Schreiben von Petitionen über das Planen von Frauenkongressen bis hin zur Organisation von nationalen Ausstellungen wie die Saffa 1928 und 1958.

Im Proseminar untersuchen wir den langwierigen Kampf der Frauenrechtlerinnen in der Schweiz im ausgehenden 19. Jahrhundert bis 1958. Wir legen dabei den Fokus zum einen auf die Bewegung als historische Akteurin selbst. Die Frauenbewegung war zu keiner Zeit ein monolithischer Block. Ihre unterschiedlichen ideologischen Ausrichtungen führten 1912 zur Spaltung in eine Arbeiterinnenbewegung und eine bürgerliche Frauenbewegung. Zum anderen stehen die gewählten Aktionsformen und Handlungsmöglichkeiten im Zentrum. Wie haben sich die Frauenrechtlerinnen Gehör verschafft? Und gegen welche Widerstände mussten sie ankämpfen?

Neben diesen inhaltlichen Schwerpunkten widmet das Proseminar auch theoretischen Fragen zur Geschlechtergeschichte allgemein und zur Historiografie der Geschichte der Frauenbewegung in der Schweiz einige Sitzungen. Ein Besuch der Gosteli-Stiftung in Worblaufen (BE) – dem Gedächtnisort der Geschichte der schweizerischen Frauenbewegung schlechthin – soll zudem Proseminar und Grundkurs bzw. Theorie und Praxis miteinander verknüpfen.

Am Proseminar kann nur teilnehmen, wer gleichzeitig auch den Grundkurs «Politisieren jenseits der Politik: Die (alte) Frauenbewegung in der Schweiz 1893 – 1958» besucht.