Die globale Klimakatastrophe, soziale Ungleichheiten, Biodiversitätsverlust, Energie-, Wasser- und Nahrungsmittelkrisen gehören zu den dringlichsten Problemen unserer Zeit. Aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive sind diese Problemlagen als (individuelle und kollektive) Bildungsherausforderung zu verstehen, die mit den gängigen und vorhandenen Lösungsstrategien nicht oder nur begrenzt angegangen werden können. Es braucht geeignete (erziehungs-)wissenschaftliche Ansätze, um die gegenwärtigen Herausforderungen kritisch, differenziert und theoriegeleitet adressieren zu können. Vor diesem Hintergrund stehen Ansätze einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) hoch im Kurs. In Bildung wird in Hinblick auf die erforderlichen grossen Transformationsprozesse enorme Hoffnungen gesetzt: Sie gilt als wesentliche Bedingung für eine nachhaltige Entwicklung und BNE wird als Lösungsansatz für ökologische, ökonomische und soziale Probleme angesehen.
In diesem Seminar werden zum einen zentrale theoretische Erkenntnisse zu BNE diskutiert und es gilt auch zu untersuchen, wie BNE im Lehrplan 21 verankert ist. Zum anderen werden wir studieren, inwiefern BNE jenseits seines postulierten emanzipativen Anspruchs auch problematisch ist und wie BNE-Ansätze etwa aus post-/ und dekolonialer sowie aus ökofeministischer Sicht kritisch betrachtet werden. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich Nicht-Nachhaltigkeit und eine imperiale Lebensweise hartnäckig halten und dass auch jene weit verbreiteten Ansätze (bspw. eine kompetenzorientierte BNE), die einem instrumentellen Bildungsverständnis folgen, an ihre konzeptionellen und praktischen Grenzen geraten.
Im Zentrum dieses Seminars, in dem Möglichkeiten des Umgangs mit den gegenwärtigen Herausforderungen diskutiert werden, stehen die folgenden Fragen: Wodurch zeichnen sich gängige Verständnisse von BNE aus? Welches sind Gründe für das Ausbleiben der sozial-ökologischen Transformation, für die hartnäckige Nicht-Nachhaltigkeit und die Aufrechterhaltung der imperialen Lebensweise? Wie können trotz aller Widersprüchlichkeiten kritische erziehungswissenschaftliche und pädagogische (Bildungs-)Räume der Handlungsfähigkeit offengehalten werden?
- Enseignant·e: Madeleine Scherrer