Seit 2014 befasst sich eine "Unabhängige Expertenkommission Administrative Versorgungen" im Auftrag des Bundes mit der Aufarbeitung von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen in der Schweiz. Ihre Arbeit hat in der Öffentlichkeit bisher kaum Wellen geschlagen, ganz im Gegenteil zu ihrer Vorgängerin, der so genannten Bergier-Kommission. Diese untersuchte Ende der 1990er Jahre die Beziehungen der Schweiz zu NS Deutschland und den schweizerischen Umgang mit den Opfern des Nationalsozialismus. Ihre Forschungsergebnisse haben phasenweise eine heftige politische Polemik provoziert. Die Arbeit der Bergier-Kommission stand im Kontext einer europaweiten Auseinandersetzung mit den Folgen des Holocaust und den Auswirkungen von Besetzung und Diktatur während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Ähnliche Gremien, bestehend aus Historiker_innen, Jurist_innen und vereinzelt auch Vertreter_innen von ehemals Verfolgten, waren in den späten 1990er Jahren fast in allen europäischen Staaten mit der Aufarbeitung der Vergangenheit beschäftigt. 

Die bevorstehende Veröffentlichung der Arbeiten der "UEK Administrative Versorgung" bietet einen guten Anlass, um die Rolle und die Ergebnisse von Geschichtskommissionen einer kritischen Reflexion zu unterziehen. Welche Funktion kam diesen Kommissionen zu? Und was genau bewirkte die staatlich mandatierte Aufarbeitung der Vergangenheit? Welche längerfristigen Auswirkungen haben die Forschungsarbeiten von Geschichtskommissionen für die Wissenschaft und die Öffentlichkeit? Wie hat sie sich auf die staatliche Reglementierung der Erinnerungspolitik ausgewirkt („lois mémorielles“)?