Dieser Kurs setzt sich sowohl aus theoretischer als auch aus empirisch-analytischer Sicht mit der Beziehung zwischen Recht und Moral auseinander. Wir fragen danach, wie moralische Normen und Recht sich gegenseitig formen und transformieren. Dabei beschäftigen wir uns mit der Juridifizierung von moralischen Normen (Eckert im Erscheinen) sowie mit den moralisch-affektiven Aspekten der Rechtsanwendung und -mobilisierung (Fassin 2015). Im Fokus des Kurses stehen einerseits die Mobilisierung von Recht durch soziale (Protest-) Bewegungen und anderseits die Rechtsmobilisierung durch staatliche Akteure, sowie andere Akteure in ökonomischen und politischen Machtpositionen. Anhand von konkreten Fallbeispielen setzen wir uns mit emischen Konzeptionen von Gerechtigkeit auseinander und analysieren die Beziehung zwischen Recht und Gerechtigkeit.

Der Kurs besteht aus vier Blöcken. Im ersten Block setzen wir uns aus theoretischer Sicht mit den vier Schlüsselbegriffen des Kurses – Moral, Recht, Gerechtigkeit und Verantwortung – und deren Verschränkungen auseinander. Im zweiten Block diskutieren wir anhand von Fallstudien zu sozialen (Protest-)Bewegungen Fragen nach der Rolle von Recht, nach der Juridifizierung von sozialen Protesten (Eckert et al. 2012, Kirsch 2018), nach der Rolle von Gerechtigkeitsvorstellungen und nach der Zuschreibung von rechtlicher und moralischer Verantwortung (Gluckman 1972, Moore 1972, Laidlaw 2010). Der dritte Block behandelt die Frage nach der Beziehung zwischen Recht und Moral anhand von Fallstudien zur ‘Anwendung’ und Mobilisierung von Recht «von oben» (Lindt im Erscheinen). Im vierten Block setzen wir uns schliesslich mit der Rolle von Sozialanthropolog*innen im Kampf um soziale Gerechtigkeit auseinander, bzw. mit unserer Rolle, wenn wir solche Kämpfe erforschen.