Die Strahlkraft Alexanders des Grossen hatte noch im Mittelalter nichts an Intensität eingebüsst. Im Zentrum des Interesses stand der Eroberer Alexander, der ‒ nach mittelalterlicher Auffassung ‒ bis an die Grenzen der Welt, sogar bis an die Mauern des Paradieses vorstiess. Der Zug des makedonischen Königs bis nach Indien und die damit verbundene Erschliessung neuer, bislang unbekannter Räume wird in den zahlreichen mittelalterlichen Versionen des Alexanderromans mit grosser Lust am exotischen Detail geschildert. Daneben rückt die facettenreiche Herrscherpersönlichkeit in den Mittelpunkt der (bisweilen auch kritischen) Betrachtung. Alexander wird nicht nur als Eroberer und Beherrscher eines Weltreichs gesehen, sondern auch als ein der Trunksucht verfallener Tyrann, der mit seinem unkontrollierten, zu Jähzorn und Gewalttätigkeit neigenden Temperament die Welt geisselt.
Den Ausgangspunkt unserer Annäherung an das mittelalterliche Alexanderbild bildet der früheste deutschsprachige Alexandertext, den der Pfaffe Lambrecht in der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts verfasste. Gelegentlich werden auch Ausschnitte aus späteren Texten (Rudolf von Ems, Ulrich von Etzenbach, Seifrit, ›Der grosse Alexander‹, Johann Hartlieb) konsultiert, um Einblicke in die Entwicklung der mittelalterlichen Alexandertradition zu gewinnen.
LITERATUR:
Primärliteratur
Textgrundlage zur Anschaffung vor der ersten Sitzung:
Pfaffe Lambrecht: Alexanderroman. Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Hrsg., übersetzt und kommentiert von Elisabeth Lienert. Stuttgart: Reclam 2007 (RUB 18508).
Die weiteren Alexandertexte werden in einem Handapparat zugänglich gemacht.
Zur Einführung
Danielle Buschinger, Fritz Peter Knapp: Alexanderromane. In: Historische und religiöse Erzählungen. Hrsg. von Geert H. Claassens, F. P. K., Hartmut Kugler. Berlin, Boston: de Gruyter 2014 (GLMF IV), S. 35-78.
Elisabeth Lienert: Deutsche Antikenromane des Mittelalters. Berlin: Erich Schmidt 2001 (Grundlagen der Germanistik 39), S. 26-71 (Kap. ›Alexanderromane‹).
- Enseignant·e: Robert Schöller