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Die Beschäftigung mit der Literatur des europäischen Mittelalters impliziert ein grundlegendes Interesse an der Komparatistik, nicht nur wegen der Dominanz des Lateinischen als lingua franca, das die Entwicklung der volkssprachigen Literaturen vielfach beeinflusst, sondern auch wegen der Austauschbeziehungen zwischen diesen. Ein frühes Beispiel dafür ist etwa die Überlieferung des ahd. Ludwigsliedes in einer Handschrift des späten 9. Jahrhunderts gemeinsam mit dem altfranzösischen Eulalialied und lateinischen Texten. So ist die deutschsprachige Literatur von Beginn an in einen europäischen, mehrsprachigen Kontext eingebettet. Erste Konturen einer entstehenden volkssprachlichen Literatur werden in karolingischer Zeit erkennbar. Die frühesten Träger dieser Literatur sind die Klöster und Stifte, in denen die kanonischen lateinischen Texte in der Volkssprache erläutert und dazu z. B. mit volkssprachigen Randglossen versehen werden. Solche Randnotizen dienen in den theodisken (althochdeutschen) Idiomen zunächst hauptsächlich der Hinführung zum Lateinischen, bevor auch zentrale biblische Texte aus dem Lateinischen ins Deutsche übertragen oder mit deutschsprachigen Kommentaren versehen werden. Die geistlichen Autoren des frühen Mittelalters leisten dadurch wichtige Spracharbeit und erschließen der Volkssprache neue Ausdrucksmöglichkeiten. Ab der Mitte des 12. Jahrhunderts macht sich schliesslich ein zunehmender Einfluss des romanischen Kulturraums bemerkbar. Man beginnt, auch weltliche Stoffe nach französischen Vorlagen zu gestalten. Als neue wichtige Zentren der Literaturproduktion etablieren sich die Fürstenhöfe, die sich in ihrer Lebensführung und in ihrer Repräsentationskultur stark an den französischen Höfen orientieren. Aufgrund der dichten Vernetzung der europäischen Hocharistokratie kommt es zu einem regen Austausch von Manuskripten, die den deutschsprachigen Dichtern als Vorlage zur Verfügung gestellt und in denen in affirmativer Weise Themen behandelt werden, die dem aufkommenden Selbstbewusstsein der Aristokratie entgegenkommen. Diese sogenannte ›höfische Literatur‹ bleibt bis ins späte Mittelalter dominant. Mit der zunehmenden Bedeutung der Städte gewinnt schliesslich das Stadtbürgertum als Literaturproduzent an Gewicht.

In der Vorlesung sollen an ausgewählten Beispielen, die auch die lateinische und altfranzösische Literaturproduktion einbeziehen, die wichtigsten Phasen der Entwicklung der deutschsprachigen Literatur des Mittelalters in ihrem europäischen Kontext beleuchtet werden. Dazu gehören im lateinisch-deutschen Zusammenhang der frühen deutschen Literaturgeschichte so zentrale Werke wie die althochdeutsche Evangelienharmonie (Leben Jesu nach den vier Evangelien) des Otfried von Weißenburg und die Schriften Notkers III. von St. Gallen oder im Kontext der Austauschbeziehungen mit dem romanischen Raum etwa das genannte ‘Ludwigslied’. Ausserdem werden schlaglichtartig herausragende epische und lyrische Texte des hohen und späten Mittelalters wie das nach altfranzösischem Vorbild (Chanson de Roland) erzählte ›Rolandslied‹ des Pfaffen Konrad, der Alexanderroman des Pfaffen Lambrecht, die Artusromane Hartmanns von Aue und Wolframs von Eschenbach, Gottfrieds von Strassburg ›Tristan‹ und andere betrachtet, wobei auch städtische Literatur (›Schachzabelbuch‹ Konrads von Ammenhausen) berücksichtigt wird.


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