Mit dem Kürzel
LGBTI werden verschiedene «queere» Identitäten bezeichnet, welche die
Binarität von Geschlecht und die Eindeutigkeit geschlechtlicher Zuordnungen in Frage
stellen. Die binäre Struktur von Geschlecht ist eng mit
der Norm der Heterosexualität verbunden. Ab den 1970er Jahren wurde diese Norm
auch im akademischen Kontext durch die Forschung zu lesbischen und schwulen
Sexualitäten und Lebensweisen zum Thema gemacht. Diese Forschungsperspektive
wurde in den 1990er Jahren, insbesondere in den USA, im Rahmen der
«Queer-Studies» aufgegriffen und weiterentwickelt. Die Philosophin Judith
Butler hat mir ihrem Werk «Gender Trouble» diese Debatte massgeblich
beeinflusst (Butler 1990). Ein Überblick dazu findet sich bei Hark (2010). Auf der politischen Ebene haben lesbische
und schwule, wie auch bisexuelle Aktivistinnen und Aktivisten ab den 1970er
Jahren begonnen, gegen soziale Diskriminierung zu kämpfen und sich für
ihre Sichtbarkeit und ihre Rechte einzusetzen. Diese Bewegungen hinterfragen die Dominanz
der heterosexuellen Norm im Alltag und in den Rechtsinstituten der Gesellschaft.
Mit der Öffnung der Ehe für alle wird der Forderung nach rechtlicher Anerkennung
vielfältiger Beziehungsformen mittlerweile in einigen Ländern Rechnung
getragen. Das heute gängige Kürzel LGBTI umfasst neben der
sexuellen Vielfalt (Lesbian, Gay, Bisexual) auch die geschlechtliche Vielfalt (Trans, Inter). Der
Begriff Transgender deckt das ganze Spektrum von Personen ab, die sich mit einem
anderen Geschlecht identifizieren, als jenem, das ihnen per Geburt zugewiesen
wurde, oder die sich nicht auf eines der beiden Geschlechter festlegen wollen. Der
Begriff Intergeschlechtlichkeit wiederum betrifft Personen, die bei der Geburt
nicht eindeutig dem einen oder anderen Geschlecht zugeordnet werden können und
an denen (zum Teil bis heute) medizinische Eingriffe vorgenommen werden, um
die Eindeutigkeit des Geschlechts herzustellen. In neuester Zeit haben sich sowohl
Trans-Personen wie auch Intersex-Personen politisch organisiert und kämpfen gegen
ihre Pathologisierung durch die Medizin und für geschlechtliche
Selbstbestimmung auf der Basis der Menschenrechte.
Für Hochschulen und
Hochschullehre können diese Themen ganz konkrete Implikationen haben: (1)
Institutionen müssen sich gegenüber Personen inklusiv verhalten, die ihre
Geschlechtskategorie wechseln und einen entsprechenden Namen annehmen möchten. Das
kann das Personal der Institution ebenso betreffen wie die Studierenden. Im Rahmen ihres Diversity Management haben
einige Hochschulen Verfahren festgelegt, um solche Namenswechsel zu ermöglichen.
(2) Die Dozierenden
ihrerseits können mit Trans- oder Intersex-Personen zu tun haben, was die Frage einer inklusiven Sprache aufwirft. Im Zweifel ist es empfehlenswert, die betroffene
Person zu fragen, mit welchem Pronomen sie angesprochen werden möchte, wobei ihr Recht auf Diskretion und Vertraulichkeit zu wahren ist. Während
sich ein non-binäres Pronomen im Singular im Englischen (they) und im
Schwedischen (hen) durchgesetzt hat, ist dies im Deutschen (noch) nicht der
Fall. (Zu non-binären Schreibformen, vgl. Geschlechtergerechten Sprache - Regeln)