Überprüfung der Leistungen von Studierenden / Impliziter Ansatz Die Bewertung von studentischen Leistungen erfordert eine besondere Aufmerksamkeit für die Machtaspekte der Situation. Für die Studierenden steht viel auf dem Spiel und Gender-Aspekte beeinflussen fast zwangsläufig die Interaktionen mit Ihren Studierenden. Für eine geschlechtergerechte Bewertung von Leistungen müssen zwei Aspekte berücksichtigt werden.
Die Haltung der Lehrperson Einerseits ist es wichtig einen allfälligen Bias aufgrund von geschlechterstereotypen Erwartungen der Lehrperson zu vermeiden. Ein Beispiel: Einen Studenten, der sich wenig äussert, betrachten Sie als kompetent trotz seiner Zurückhaltung, während Sie an der Kompetenz einer Studentin zweifeln, die sich wenig äussert. Der Umkehrtest ist ein nützliches Instrument, um sich seiner eigenen Geschlechterstereotype bewusst zu werden: Wie hätten Sie Ihre Rückmeldung an einen Studenten, dessen Seminararbeit Sie bewerten, formuliert, wenn es sich um eine Studentin gehandelt hätte? Oder umgekehrt? (siehe dazu auch Selbstverständnis als Lehrperson – impliziter Ansatz)
Das Verhalten der Studierenden Andererseits sollte eine gerechte Bewertung der Leistungen aller Studierenden auch Unterschiede in der Selbstdarstellung und in der Kommunikation in Betracht ziehen. Diese sind ein Effekt der Geschlechterverhältnisse (vgl. « Doing gender »), aber auch der sozialen und kulturellen Herkunft der Einzelnen. Studierende können sich insbesondere in Bezug auf ihre Selbstsicherheit unterscheiden, oder ganz einfach in Bezug auf die Art und Weise, Ihr Selbstbewusstsein gegenüber der Lehrperson zur Schau zu tragen. Selbstsicher wirken oder leicht das Wort ergreifen ist nicht gleichbedeutend mit mehr Wissen oder besser Wissen. Die Selbstsicherheit von Studierenden hängt zudem auch von der Autorität ab, die sie der Lehrperson zuweisen, was wiederum mit deren Status und Geschlecht zusammenhängt. So kann sich eine Studentin gegenüber einem Professor weniger sicher fühlen als gegenüber einer Professorin.
Die Bedeutung des Kontextes Allerdings sollten Verallgemeinerungen vermieden werden. Die Machtaspekte, die in einer Prüfungssituation wirksam sind, hängen stark vom spezifischen disziplinären Kontext ab. Eine Studentin, die in einem männlich dominierten Fachbereich drei männlichen Prüfern gegenübersitzt, ist stärkerem Druck ausgesetzt als ein Student in derselben Situation. Für einen Studenten in einer weiblich dominierten Disziplin ist die Situation nicht zwangsläufig symmetrisch; die spezielle Aufmerksamkeit, die er in seinem Fachbereich geniesst, kann ihm auch zum Vorteil gereichen. Aus der Perspektive geschlechtergerechter Bewertung geht es also darum, das Spezifische der jeweiligen Konstellation zu erkennen und sensibel darauf zu reagieren.
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