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Fachinhalte / Expliziter Ansatz

Die Integration der Geschlechterdimension in die fachlichen Inhalte erfordert de facto einen expliziten Zugang. Wenn Sie in Ihrer Lehre relevante Geschlechteraspekte behandeln, werden Ihre Studierenden im Hinblick auf genderspezifische Fragestellungen geschult und erwerben dabei ihrerseits entsprechende Kompetenzen.
Die Genderdimension kann auf der Ebene einzelner Lehrveranstaltungen integriert werden; für eine nachhaltige Verankerung ist die Integration von Genderaspekten auf der Ebene des Curriculums aber unerlässlich. Wenn Sie die Genderdimension in Ihrer Lehre explizit angehen wollen, benötigen Sie als Lehrperson entsprechende Kenntnisse und Kompetenzen (vgl. Selbstverständnis als Lehrperson – expliziter Ansatz).

Die Anknüpfungspunkte für die Geschlechterdimension variieren selbstverständlich nach Fachbereich. Genderfragen scheinen auf den ersten Blick nur das Feld der Sozial- und Geisteswissenschaften zu betreffen; doch eine vertiefte Reflexion zeigt, dass im Grunde alle Disziplinen davon betroffen sind. Folgende drei Aspekte können Sie in jedem Fall angehen:

1. Die Geschlechterdimension in den Inhalten der Disziplin 
Die Geschlechterforschung hat gezeigt, dass wissenschaftliche Fragestellungen und Ergebnisse nicht geschlechtsneutral sind. So können Entscheidungen, die im Prozess der Wissensproduktion gefällt werden (Wahl der Fragestellung, theoretischer Rahmen, Methodenwahl, Interpretation der Resultate), durchaus geschlechtsbezogene Implikationen haben, und dies in allen Disziplinen. Hier finden Sie Beispiele für Fragen, die Ihnen erlauben, die Geschlechterdimension in verschiedenen Disziplinen zum Thema zu machen: Fachinhalte – Integration der Genderdimension Die Geschlechterdimension in die Fachinhalte einer Disziplin zu integrieren ist ein innovatives Projekt, das neue Fragestellungen und neue Ergebnisse hervorbringt und auf der theoretischen Ebene Konsequenzen nach sich ziehen kann. Dazu finden Sie hier  weiterführende Ressourcen. 

2. Die Geschlechterdimension in der sozialen Praxis der Disziplin 
Sie können Ihre Studierenden zudem für die Bedeutung von Geschlecht in der Praxis der Disziplin selber sensibilisieren. Einige Fächer und deren Berufsfelder sind eindeutig vergeschlechtlicht (vgl. horizontale Segregation). Sie können Bilder und Stereotypen von Geschlecht thematisieren, die in Ihrem Fach wirksam sind, sowie deren Rolle in der beruflichen Praxis. Darüber hinaus sind wissenschaftliche Praxis und Expertise selber von der männlichen Figur des Forschers geprägt. Die Vertretung von Frauen auf den verschiedenen Hierarchiestufen im wissenschaftlichen oder beruflichen Feld (vgl. vertikale Segregation) kann Anlass sein, über implizite Normen und Mechanismen der Anerkennung nachzudenken, die für Karrieren im Feld bestimmend sind.

3. Die Geschlechterdimension in der Geschichte der Disziplin 
Schliesslich können Sie Ihre Studierenden mit der Geschlechterdimension in der Geschichte der Disziplin oder des Berufes vertraut machen, zum Beispiel indem Sie folgende Fragen behandeln:

  • Welche Rolle haben Frauen in der Geschichte der Disziplin oder des Berufes gespielt?
  • Welche Mechanismen verhinderten oder verhindern nach wie vor die Gleichstellung der Geschlechter im disziplinären oder beruflichen Feld?
  • Wie hat sich das «Geschlecht» der Disziplin historisch verändert?
  • Ist das Fach in anderen Ländern auf dieselbe Weise geschlechtlich codiert?


Fachinhalte / Impliziter Ansatz

Lehrveranstaltungen zielen darauf ab, dass Studierende die Theorien, Fragestellungen und Inhalte ihres Faches erarbeiten. Die pädagogisch-psychologische Forschung zeigt, dass Interesse und Motivation für den Lernerfolg ausschlaggebend sind. Aus der Geschlechterperspektive ist es daher wichtig, dass sich Studentinnen und Studenten von den Inhalten Ihrer Lehre gleichermassen angesprochen fühlen.

An die Erfahrung der Studierenden anknüpfen
Um an das Alltagswissen der Studierenden anzuknüpfen, werden fachliche Inhalte oft durch Beispiele illustriert oder durch den Bezug auf spezifische Kontexte veranschaulicht. Die Kontexte und Praxisbeispiele können bezüglich der Dimension Geschlecht jedoch einseitig konnotiert sein.
Ein Beispiel: Wenn Sie mechanische Problemstellungen immer wieder anhand eines Motorrades erläutern, beziehen Sie sich auf einen männlich kodierten Bereich. Die implizite Verknüpfung von Maschinenbau und Leidenschaft für das Motorrad wird verstärkt und erschwert es Personen, die diese Vorliebe nicht teilen, sich mit den Inhalten des Faches zu identifizieren.
Dabei geht es aber nicht darum, Beispiele auszuwählen, die sich auf typisch « weibliche » Kontexte beziehen; auch das würde zur Reproduktion von Stereotypen beitragen. Um die Falle der Stereotypisierung zu umschiffen, sollten Sie also Ihre fachlichen Inhalte mit möglichst vielfältigen und variierenden Beispielen illustrieren und dabei immer wieder auf unterschiedliche Kontexte Bezug nehmen. Auf diese Weise knüpfen Sie an die Vielfalt der Erfahrungen, Motivationen und Interessen Ihrer Studierenden an. Das erlaubt den Einzelnen, individuelles Vorwissen zu aktivieren und das neue Wissen mit bestehenden kognitiven Strukturen zu verknüpfen.

Die Sichtbarkeit von Frauen als Expertinnen
Ein weiterer Aspekt der Geschlechterdimension zeigt sich in Bezug auf den in Ihrem Fach anerkannten Kanon von wissenschaftlichen Werken. Wahrscheinlich spiegelt sich darin die Ungleichheit der Geschlechter in Bezug auf Einfluss und Ansehen in der Disziplin. Der Kanon vieler Fächer ist männlich dominiert, oftmals aber nicht (nur), weil es keine wissenschaftlichen Beiträge von Frauen gibt. Es ist erwiesen, dass Arbeiten von Frauen weniger zur Kenntnis genommen und zitiert werden als jene ihrer männlichen Kollegen (vgl. European Commission 2004).
Mit der Auswahl Ihrer Kursliteratur vermitteln Sie, welche Themen, Persönlichkeiten und Beiträge Sie in Ihrem Fach als relevant erachten. Beziehen Sie, wenn immer möglich auch Publikationen und Fachbeiträge von Autorinnen ein. Auf diese Weise werden Frauen als Expertinnen und Wissenschaftlerinnen sichtbar und als Vorbilder für Studentinnen und deren akademische Karriere wirksam.

Literatur
European Commission (2004): Gender and Excellence in the Making. Brussels, Directorate-General for Research.