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Generisches Maskulinum

Die Verwendung der männlichen grammatikalischen Form, um sich auf Personen sowohl männlichen wie auch weiblichen Geschlechts zu beziehen, wird als generisches Maskulinum bezeichnet. Hier einige Beispiele: 

  • die Bürger dieses Landes (für Bürgerinnen und Bürger)
  • der Wähler (für Wähler und Wählerinnen)
  • die Professoren der Universität (für Professorinnen und Professoren)
  • der Minister (für eine Ministerin)
Im Fall des generischen Maskulinums abstrahieren die maskulinen Personenbezeichnungen in Substantiven und Pronomina vom konkreten Geschlecht der bezeichneten Personen. Seit Ende der 1970er Jahre wurde die generische Verwendung des Maskulinums von der feministischen Linguistik kritisiert. Heute wird der Gebrauch einer geschlechtergerechten Sprache von den meisten Institutionen im Bereich von Kultur und Bildung gefördert.

Geschlechtergerechte Lehre

Der Begriff der «geschlechtergerechten Lehre» hat sich in den letzten Jahren im Zuge der Umsetzung der Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern in Institutionen des Bildungsbereiches durchgesetzt. Geschlechtergerechtigkeit in der Gestaltung der Lehre zielt darauf ab, allen Lernenden – unabhängig von ihrem Geschlecht – eine erfolgreiche Beteiligung am Lernprozess zu ermöglichen und gleiche Chancen im Erwerb von Bildungsqualifikationen zu gewährleisten. In Bezug auf die Studien- und Berufswahl (vgl. horizontale Segregation) wie auch in Bezug auf Karriere- und Aufstiegschancen (vgl. vertikale Segregation) bestehen im höheren Bildungsbereich nach wie vor Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen. 
Geschlechtergerechtigkeit in der Lehre zielt einerseits darauf ab, die gleiche Behandlung von Frauen und Männern in Lehr-/Lernprozessen zu gewährleisten. Auch wenn Lehrpersonen in aller Regel niemanden offen diskriminieren wollen, können in Bezug auf verschiedene Aspekte der Lehre Geschlechterstereotype wirksam sein und zu Benachteiligungen im Lernprozess führen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn in den Lehrunterlagen Männer und Frauen in stereotypen Geschlechterrollen gezeigt werden oder wenn Geschlechteraspekte in den Fachinhalten nicht angemessen berücksichtigt werden. Dieses Selbstevaluations-Tool kann Sie für die Bedeutung von Geschlecht in Bezug auf verschiedene Aspekte Ihrer Lehre sensibilisieren.
Geschlechtergerechtigkeit bedeutet für Lehrpersonen anderseits auch, allfällige sozialisationsbedingte Unterschiede zwischen Studentinnen und Studenten angemessen zu berücksichtigen. Ein Beispiel: Bei gleicher Kompetenz schätzen Männer ihre eigenen Kompetenzen tendenziell höher ein als Frauen, was sich im zur Schau gestellten Selbstbewusstsein in einer mündlichen Prüfung äussern kann. In diesem Falle sollten geschlechtsspezifische Unterschiede in den Verhaltensweisen berücksichtigt und Evaluationskriterien zum Vorteil der einen oder der anderen vermieden werden. Dies erfordert von der Lehrperson die Fähigkeit zur geschlechtersensiblen Reflexion der eigenen Kriterien. Auch diesbezüglich kann Ihnen dieses Tool helfen. 
Die geschlechtergerechte Gestaltung der Lehre bewegt sich also in einem Spannungsfeld zwischen der Gleichbehandlung von Männern und Frauen und der Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen Voraussetzungen (vgl. dazu Dehler & Gilbert 2010).

» Literatur


Geschlechtergerechte Sprache – Definition

Geschlechtergerechte Sprache ist eine Sprache, die Frauen und Männer gleichermassen sichtbar macht und gleichermassen anspricht. Das generische Maskulinum erhebt den Anspruch, vom konkreten Geschlecht zu abstrahieren und beide Geschlechter zu repräsentieren. Verschiedene Studien konnten aber zeigen, dass das generische Maskulinum bei Probandinnen und Probanden tatsächlich weniger Vorstellungen von weiblichen Personen hervorruft als geschlechtergerechte Formen (Gygax et al. 2008, Heise 2000, Stahlberg & Sczesny 2001). 
Zudem konnte die französische Studie von Chatard et al. (2005) zur Feminisierung von Berufsbezeichnungen zeigen, dass Schülerinnen und Schüler mehr Vertrauen in ihre Fähigkeit haben, in einem Beruf erfolgreich zu sein, wenn ihnen der Beruf in der weiblichen und männlichen Form präsentiert wird als wenn dies nur in der männlichen Form erfolgt. 
Zum Test, welche Bilder Sprache evoziert, lohnt sich gelegentlich die «Umkehrprobe». Ein Beispiel: Die Konferenz der Schweizer Rektorinnen sprach sich dafür aus, den Professorinnen mehr Ressourcen für die Betreuung von Doktorandinnen zukommen zu lassen.

» Geschlechtergerechte Sprache – Regeln
» Geschlechtergerechte Sprache – Ressourcen
» Geschlechtergerechte Sprache – Englisch

» Literatur


Geschlechtergerechte Sprache – Einstieg

Tatsächlich hat sich gezeigt, dass der Gebrauch des generischen Maskulinums – trotz gegenteiliger Intention – nicht als neutral wahrgenommen wird, sondern bei den Beteiligten mehr Vorstellungen von männlichen Personen hervorruft (Gygax et al. 2008, Heise 2000, Stahlberg & Sczesny 2001). 
Mit folgendem Experiment können Sie dies in Ihrer Lehrveranstaltung testen und für Ihre Studierenden anschaulich machen: Verwenden Sie in einer Unterrichtssequenz durchgehend die männlichen Sprachformen, verwenden Sie sodann in der nächsten Unterrichtssequenz durchgehend geschlechtergerechte Sprachformen oder sogar durchgehend weibliche Sprachformen. 
Beobachten Sie gleichzeitig den Sprachgebrauch der Studentinnen und Studenten und diskutieren Sie die Erfahrungen anschliessend im Plenum mit Ihren Studierenden. 

» Literatur


Geschlechtergerechte Sprache – Englisch

Möglicherweise halten Sie auch Lehrveranstaltungen in englischer Sprache ab. Das Problem der Geschlechtergerechtigkeit von Sprache stellt sich im Englischen ebenfalls. Die Substantive kennen zwar kein grammatikalisches Geschlecht, doch mit dem nachfolgenden Personalpronomen verweisen Sie ebenfalls auf das eine oder das andere Geschlecht. Dazu ein Beispiel: The director was invited to present the new project. She was accompanied by her assistant.

Empfehlungen für einen geschlechtergerechten Sprachgebrauch im Englischen:
  • verwenden Sie beide Pronomina: the director – he or she will present the project.
  • verwenden Sie das Plural: the students – they enjoy participatory methods.
Zudem ist der Gebrauch von «man» häufig problematisch. Hier einige Beispiele für mögliche Alternativen:
  • chairperson (anstatt «chairman»)
  • humankind oder humanity (anstatt «mankind»)
  • staff oder work force (anstatt «manpower»)
Um die Vielfalt von Geschlecht (vgl. LGBTI - Queere Identitäten) auch in der Sprache auszudrücken, hat sich im Englischen das Pronomen they als drittes Pronomen im Singular neben he oder she durchgesetzt :
  • Sonia is a doctoral student. They have joined the department recently.
  • Dr Muller completed their PhD at Oxford University.
Mehr Beispiele und weiterführende Informationen finden Sie auf der Seite «Gender-inclusive language» der Vereinten Nationen: https://www.un.org/en/gender-inclusive-language/guidelines.shtml
Auf der Seite des amerikanischen Verbandes «National Council of Teachers of English» finden Sie ein Positionspapier «Statement on Gender and Language», das besonderen Wert auf die Non-Binarität von Geschlecht legt: https://ncte.org/statement/genderfairuseoflang/


Geschlechtergerechte Sprache – Regeln

Hier zum Einstieg die wichtigsten Regeln der geschlechtergerechten Sprache:
  • Verwenden Sie beide Formen, wenn Frauen und Männer gemeint sind oder wenn Sie Frauen und Männer ansprechen: Ingenieurinnen und Ingenieure / Expertinnen und Experten / Vater oder Mutter
  • Verwenden Sie Pluralformen und neutrale Formen: Dozierende / Führungskräfte / Lehrpersonen
  • Formulieren Sie kreativ um: Bei Nichtbestehen der Prüfung (anstatt: Wenn der Student die Prüfung nicht besteht)
  • Vermeiden Sie sprachliche Klischees (z. B. das starke Geschlecht)
  • Überprüfen Sie immer wieder, ob sich Ihre Aussagen an Frauen und Männer wenden.

In der schriftlichen Form sind neben der Nennung beider Formen auch folgende Kurzformen gebräuchlich:
  • das Splitting: der/die Mitarbeiter/in, ein/e Angestellte/r, die Expert/inn/en
  • das grosse Binnen-I: der/die AutorIn, die StudentInnen

Schliesslich werden auch Schreibformen eingesetzt, um die Vielfalt der Geschlechter zwischen den Kategorien «Frau» und «Mann» sichtbar zu machen (vgl. LGBTI - Queere Identitäten):
  • der Gender-Gap: Student_innen, Expert_innen
  • das Gender-Sternchen: Student*innen, Ingenieur*innen
Hier finden Sie weiterführende Ressourcen zu den Hintergründen und zum Gebrauch einer geschlechtergerechten Sprache.



Geschlechtergerechte Sprache – Ressourcen

Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von Leitfäden zur geschlechtergerechten Sprache. Verschiedene Institutionen unterhalten auch Webpages zum Thema. Hier finden Sie einige weiterführende Angaben:

Die Universität Bern bietet auf ihrer Webseite die Broschüre «Geschlechtergerechte Sprache» in einer ausführlichen sowie in einer Kurzversion an: https://www.unibe.ch/universitaet/portraet/selbstverstaendnis/gleichstellung/schwerpunkte/sprache/index_ger.html

Die Pädagogische Hochschule Bern unterhält eine Webpage mit Diskussionen und Materialien rund um geschlechtergerechte Sprache: https://www.phbern.ch/sprachtaten/sprachtaten-hin-zur-geschlechtergerechten-sprache.html

Die Stelle für Chancengleichheit der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich präsentiert auf ihrer Webseite eine Kurzversion von 12 Regeln zur geschlechtergerechten Sprache: https://ethz.ch/services/de/anstellung-und-arbeit/arbeitsumfeld/chancengleichheit/beratung-und-information/sprachliche-gleichbehandlung.html

Die Universität zu Köln hat einen «Leitfaden für eine geschlechtersensible und inklusive Sprache» entwickelt, den Sie hier herunterladen können: https://gedim.uni-koeln.de/sites/genderqm/user_upload/Leitfaden_geschlechtersensible_Sprache_5.Auflage_2017.pdf



Geschlechterstereotype – Analyse der Bildsprache

Die Analyse der Bildsprache in der visuellen Kommunikation eignet sich besonders gut, um Ihre Studierenden für allfällige Geschlechterstereotype zu sensibilisieren. Dazu finden Sie hier einige Anregungen.

Wählen Sie Bildmaterialien aus Ihrem Fachbereich, zum Beispiel die Website Ihres Fachbereichs, die Informationsbroschüre für künftige Studierende Ihres Studiengangs oder die Website eines für Ihr Lehrgebiet relevanten Unternehmens.
Für die Analyse der Bildsprache der ausgewählten Materialien kann der folgende Fragenkatalog Ihren Studierenden als Instrument dienen:

  1. Fühlen Sie sich persönlich vom Bild angesprochen? Was ist Ihr erster Eindruck beim Betrachten des Bildes?
  2. Welche Personen sind im Bild dargestellt? (Geschlecht, Alter, Herkunft der einzelnen Person)
  3. Welche Art von Kleidung oder Accessoires tragen die einzelnen Personen? Was ist die Symbolik dieser Kleider oder Accessoires?
  4. Bei welcher Tätigkeit sind die einzelnen Personen dargestellt?
  5. In welchem Verhältnis stehen die Personen zueinander?
  6. Was sagt uns das Bild über die einzelnen Personen, ihren Beruf, ihren Status?
  7. Welchen Platz nehmen männliche und weibliche Personen im Bild und im Dokument insgesamt ein?
  8. Welche Objekte sind im Bild dargestellt? Was symbolisieren sie? 
  9. Interagieren die Personen mit anderen Bildelementen, mit dem Beobachter oder der Beobachterin der Szene?
  10. Was ist die implizite Botschaft des Bildes in Bezug auf die Genderdimension? Gibt es in Ihrer Gruppe unterschiedliche Einschätzungen dazu?
  11. Was wären Kriterien für eine geschlechtergerechte visuelle Kommunikation?
Bei der Auswertung der Ergebnisse dieser Analysen kann auch die unterschiedliche Wirkung der Bildsprache auf männliche und weibliche Studierende zur Sprache kommen. Dazu können Sie die Bildung von geschlechtergetrennten Gruppen veranlassen (vgl.  Interaktionen in der Lehre – expliziter Ansatz). Anschliessend werden die Wahrnehmungen und Interpretationen der einen und der anderen im Plenum dargestellt und vergleichend diskutiert.

Geschlechterstereotype – Definition

Geschlechterstereotype sind typisierende kulturelle Vorstellungen über Männer und Frauen. Sie unterstellen, dass die Gruppe der Frauen und die Gruppe der Männer jeweils in sich homogen sind, was nachweislich nicht der Fall ist. Geschlechterstereotype beinhalten:

  • deskriptive Anteile: Annahmen über die typischen Eigenschaften von Männern und Frauen;
  • präskriptive Anteile: Annahmen darüber, wie sich Frauen und Männer zu verhalten haben.
Meistens ist Stereotypisierung mit Hierarchisierung verbunden. Diese beinhaltet im Falle der Geschlechterstereotype eine Aufwertung des Männlichen und eine Abwertung des Weiblichen. 
Gängige Inhalte von Stereotypen sind beispielsweise die Beziehungsorientierung, die Frauen zugeordnet wird, und die Sachorientierung, die Männern zugeordnet wird. In unserer Kultur hoch bewertete Funktionen, wie Sachkompetenz und Expertise, sind entsprechend männlich codiert.

» Geschlechterstereotype – Wirkung
» Geschlechterstereotype – Analyse der Bildsprache

» Literatur

Geschlechterstereotype – Wirkung

Im Alltag machen sich Stereotype oft unmerklich am wahrgenommenen Geschlecht einer Person fest. Damit sind jeweils spezifische Erwartungen über das Verhalten der Person verbunden. Geschlechterstereotype beeinflussen unsere Wahrnehmung einer Person, unser Urteil über sie und die Bewertung ihrer Leistungen. 
Dazu zwei Beispiele: In ihrer berühmt gewordenen Studie konnten Wenneras & Wold (1997) für die biomedizinische Forschung in Schweden aufzeigen, dass Forschungsgesuche von Frauen systematisch schlechter beurteilt wurden als jene von Männern. Auch in einer kürzlich erschienenen nationalen Studie unter Professorinnen und Professoren naturwissenschaftlicher Fakultäten in den USA konnten Moss-Racusin et al. (2012) zeigen, dass dasselbe Bewerbungsdossier für eine Stelle als Laborleitung unterschiedlich bewertet wurde, je nachdem ob es mit einem männlichen oder einem weiblichen Namen versehen war. Dieser Gender-Bias wirkte sich negativ auf die Bewertung der Kompetenz der Kandidatin aus, auf die Bereitschaft, sie einzustellen, auf das Lohnangebot wie auch auf die Bereitschaft, die Kandidatin in ihrer Karriere zu unterstützen.

Geschlechterstereotype haben zudem einen Einfluss auf den Verlauf von Interaktionen zwischen Personen. Die (unausgesprochenen) Erwartungen erzeugen beim Gegenüber unbewusst einen Druck, dem Stereotyp zu entsprechen (behavioraler Erwartungseffekt). 
Auch dazu zwei Beispiele aus der Forschung: In einer Studie zu geschlechtsspezifischen Leistungsunterschieden im Fach Mathematik konnten Eccles & Jacobs (1986) zeigen, dass den unterschiedlichen Erwartungen der Eltern gegenüber Jungen und Mädchen für die Erklärung ihrer Leistungsunterschiede die grösste Bedeutung zukam. Ferner konnten Smith & White (2002) in einer experimentellen Anordnung zeigen, dass sich (explizite oder implizite) stereotype Erwartungen gegenüber einer sozialen Gruppe im Lern- oder Prüfungsumfeld negativ auf die Leistung dieser Gruppe auswirkte. Dieser Effekt konnte sowohl für das Geschlecht wie auch für die ethnische Zugehörigkeit nachgewiesen werden. 

» Literatur



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