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G

Gruppenlernen

Gruppenarbeiten und kollaborative Lernaktivitäten werden in der Hochschullehre immer häufiger eingesetzt. Die aktive Beteiligung und der Austausch in der Gruppe fördern nicht nur das Lernen. Die Studierenden erwerben dabei auch soziale Kompetenzen im Hinblick auf die Arbeit in Teams. 
In Gruppen können sich allerdings schnell geschlechterstereotype Muster der Arbeits- und Rollenteilung etablieren und verhindern, dass weibliche und männliche Studierende ein breites Spektrum von Kompetenzen entwickeln. Wie erreichen Sie, dass in Gruppenarbeiten alle Beteiligten abwechselnd verschiedene Rollen und Funktionen wahrnehmen? 

Interventionsmöglichkeiten – impliziter Ansatz
Wenn Sie Gender als Thema nicht explizit aufgreifen wollen, haben Sie folgende implizite Interventionsmöglichkeiten:

  • Definieren Sie zu Beginn der Veranstaltung mit den Studierenden Regeln des Miteinanders.
  • Bei Gruppenarbeiten in wechselnder Zusammensetzung, lassen Sie das Los entscheiden.
  • Wenn Gruppen über verschiedene Arbeitssequenzen in derselben Zusammensetzung arbeiten, machen Sie die Vorgabe, dass die Rollen rotieren sollen.
  • Definieren Sie den Erwerb von sozialen Kompetenzen für den beruflichen Alltag explizit als ein Lernziel.
Interventionsmöglichkeiten – expliziter Ansatz
Wenn Sie mit Ihren Studierenden die Geschlechterdimension, die sich in Bezug auf Arbeits- und Rollenteilung in Arbeitsgruppen stellt, explizit angehen wollen, können Sie entsprechend Ihren Lehrzielen die Gruppenkomposition nach Geschlecht variieren. Tatsächlich kann sich in einer geschlechtshomogenen Gruppe die Arbeits- und Rollenteilung nicht nach einer stereotypen Logik wiederholen. Das erleichtert die Diversifizierung der Rollen und erlaubt allen, ein breites Spektrum von Kompetenzen zu entwickeln. 
Eine solche Intervention muss allerdings explizit eingeführt und reflektiert werden. Die Studierenden werden wissen wollen, warum sie geschlechtshomogene Gruppen bilden sollen. Sie können Ihnen vorschlagen, die Settings zu variieren, und ihnen dazu den Auftrag geben, die Interaktionen, die Arbeitsteilung und ihre Lernerfahrungen in den unterschiedlichen Arbeitskontexten zu beobachten. Diese Beobachtungen können später zusammengetragen und diskutiert werden. 
Sie können auch auf die kontroverse Debatte um Ko- und Monoedukation Bezug nehmen und mit Ihren Studierenden deren Vor- und Nachteile diskutieren. 

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H

Horizontale Segregation

Der Begriff «horizontale Segregation» bezieht sich auf die ungleiche Verteilung von Frauen und Männern auf die verschiedenen Ausbildungsgänge und Berufsbereiche. Tatsächlich sind Disziplinen und Berufe oft «vergeschlechtlicht», d. h. sie werden mit einem bestimmten Geschlecht in Verbindung gebracht und gelten für das andere als unangemessen.
Die horizontale Segregation ist in der Schweiz besonders ausgeprägt: Im akademischen Jahr 2010/11 waren 50% der Studierenden an den universitären Hochschulen Frauen [2017/18: 51%]; allerdings waren sie mit 66% [67%] in den Geistes- und Sozialwissenschaften vertreten, mit 61% [62%] in Medizin und Pharmazie, aber nur mit 33% [35%] in den Wirtschaftswissenschaften und lediglich mit 27% [31%] in den technischen Wissenschaften, wobei diese Durchschnittszahlen noch grössere Ungleichgewichte in einzelnen Disziplinen verdecken (Bundesamt für Statistik 2011 und 2019, vgl. auch European Commission 2010 und 2019). Diese Unterschiede in der Studienfachwahl sind mit sehr unterschiedlichen Karriere- und Aufstiegschancen verbunden und tragen zur ungleichen Positionierung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt bei.
Verschiedene Studien zeigen, dass die Fachkulturen eine nicht unwesentliche Rolle spielen, wenn es gilt, die Unterschiede in der Studienfachwahl zu erklären (Gilbert et al. 2006). Die impliziten fachspezifischen Normen und Praktiken können zur Vergeschlechtlichung von Fach- und Berufsidentitäten führen, was sie für Männer oder Frauen mehr oder weniger zugänglich macht (vgl. «Doing gender»). Trotz des Rechtes auf gleiche Chancen setzen sich also auch im höheren Bildungsbereich Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern fort. Geschlechtersensible Lehre ist eine Möglichkeit unter anderen, dagegen zu steuern. 

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I

Impliziter Ansatz

Sie haben grundsätzlich zwei Handlungsoptionen, wenn Sie Ihre Lehre geschlechtergerecht gestalten wollen, den impliziten und den expliziten Ansatz (vgl. Dehler & Gilbert 2010). 
Mit dem impliziten Ansatz verfolgen Sie in erster Linie das Ziel, ein Lehr-/Lernumfeld zu schaffen, das es allen Studierenden – unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer sozialen Herkunft – gleichermassen erlaubt, erfolgreich zu lernen. Sie möchten also Frauen und Männer in ihren Lernprozessen gleichermassen fördern, Sie möchten aber in Ihrer Lehre die Geschlechterfrage nicht als solche thematisieren.
Der implizite Ansatz beinhaltet zwei Aspekte:

  • Sie gehen in Ihrer Lehre von der Vielfalt der Lernenden, ihrer Erfahrungen und ihrer Lernstrategien aus. Sie vermeiden es also, den Männern oder den Frauen bestimmte Eigenschaften oder Verhaltensweisen zuzuschreiben. Auf diese Weise tragen Sie dazu bei, einschränkende Geschlechterstereotype aufzuweichen und aufzulösen anstatt sie ungewollt zu verstärken.
  • Sie sind bereit, Ihre eigenen Vorstellungen von Geschlecht zu reflektieren, um zu vermeiden, dass sich geschlechterstereotype Erwartungen negativ auf das Lernen und die Leistungen Ihrer Studierenden auswirken.
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Interaktionen zwischen Lehrperson und Studierenden

Unter den Faktoren, die Motivationsunterschiede zwischen Jungen und Mädchen erklären können, diskutieren Meece et al. (2006) die Interaktionsmuster zwischen Lehrpersonen und Kindern in der Schule. Generell scheinen Lehrpersonen tendenziell jenen Schülerinnen oder Schülern mehr Unterstützung zukommen zu lassen, denen gegenüber sie hohe Erwartungen haben. Diese Kinder hätten entsprechend häufiger die Gelegenheit, ihr Wissen zu zeigen, und bekämen mehr unterstützende Rückmeldungen.
Die Forschung zu Geschlechterunterschieden in schulischen Interaktionen haben durchgängig gezeigt, dass Jungen mehr Interaktionen mit ihren Lehrpersonen haben als Mädchen (Altermatt et al. 1998; Jones & Dindia 2004; beide zitiert bei Meece et al. 2006). Sie wurden insbesondere häufiger aufgerufen, um Fragen zu beantworten, und bekamen mehr Anerkennung, Ermutigung und Kritik als die Mädchen. Sie sind aber auch häufiger die Initiatoren von Interaktionen mit der Lehrperson.
Nach Meece et al. (2006) sind solche Interaktionen in den Fächern Mathematik oder Naturwissenschaft ausgeprägter, also in jenen Bereichen, in denen stereotype Erwartungen den Jungen höhere Kompetenzen zusprechen. Zudem sind sie in Lernsettings ausgeprägter, in denen die Interaktionen auf die Lehrperson zentriert sind, also in Vorlesungen, Vorträgen oder Lehrgesprächen (im Gegensatz zu Gruppenarbeiten, Partner-Übungen, etc.).
Diese Ergebnisse betreffen den Unterricht auf Primar- und Sekundarschulstufe ; doch sie machen deutlich, welche Bedeutung der Reflektion impliziter Aspekte von Interaktionen zwischen Lehrperson und Studierenden auch für die Hochschulstufe zukommt. 
Hier finden Sie eine Reihe von Fragen, die Ihnen helfen kann, die Interaktionen mit Ihren Studierenden zu beobachten: Interaktionen – Beobachtung. Sie können diese zur Selbstreflexion oder im Rahmen einer kollegialen Evaluation einsetzen. 

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Interaktionen zwischen Lehrperson und Studierenden – Beobachtung

Folgende Fragen können Ihnen helfen, sich bewusst zu machen, wie Sie in Ihren Lehrveranstaltungen den Interaktionsraum mit Ihren Studierenden gestalten:

  • Welchen Studierenden lassen Sie mittels Blickkontaktes am meisten Aufmerksamkeit zukommen?
  • Wie ausführlich gehen Sie auf Fragen von weiblichen oder männlichen Studierenden ein?
  • Wie oft erteilen Sie das Wort männlichen und weiblichen Studierenden?
  • Wie viel Redezeit überlassen Sie den Studentinnen und den Studenten für Ihre Beiträge? Gibt es Unterschiede nach Personen?
  • Wem sprechen Sie lobend Anerkennung aus?
  • Wie drücken Sie Ihre Anerkennung gegenüber den Studierenden (nonverbal) aus?
  • Wessen Redebeiträge unterbrechen Sie?
  • Auf wessen Redebeiträge kommen Sie im Lauf Ihrer eigenen Ausführungen zurück?
Diese Fragen lassen sich besonders gut beantworten, wenn Sie die Selbstreflexion durch eine externe Beobachtung ergänzen (vgl. Evaluation der eigenen Lehre – expliziter Ansatz).

Intersektionalität

Mit dem Konzept der «Intersektionalität» oder auch «Interdependenz» (Walgenbach 2012) werden verschiedene Dimensionen sozialer Ungleichheit in ihrer Verschränkung und ihren Wechselwirkungen in den Blick genommen. Darunter fallen insbesondere Geschlecht, soziale Klasse, 'Rasse', kulturelle Herkunft, Sexualität, Behinderung und andere. Welche sozialen Dimensionen dabei relevant sind, hängt von der jeweiligen Situation und ihrem Kontext ab.

Seit ihren Anfängen sind die Gender Studies mit der Frage beschäftigt, wie das Wechselspiel insbesondere von Klassen- und Geschlechterverhältnissen theoretisch zu fassen sei. In den 1980 Jahren machte die Kritik von Schwarzen Frauen, von Frauen mit Migrationshintergrund oder von Lesbischen Frauen – um nur einige zu nennen – darauf aufmerksam, dass feministische Theorie und Politik aus der Position von weissen, heterosexuellen Frauen der Mittelschicht entwickelt wurden, sich auf deren Erfahrungen bezogen und die Erfahrungen von «anderen» Frauen nicht abbildeten.
Der Begriff der Intersektionalität wurde durch die afroamerikanische Juristin Kimberle Crenshaw (1989) in die Debatte eingeführt. Am Beispiel von Justizfällen aus den USA zeigte sie auf, dass die Diskriminierung von Schwarzen Frauen sowohl von sexistischen als auch von rassistischen Strukturen herrührt und sich ihre Position von jener schwarzer Männer wie auch von jener weisser Frauen unterscheidet. Crenshaw forderte deshalb, die Zugehörigkeit zu verschiedenen marginalisierten Gruppen in ihrer Verschränkung zu denken.
Intersektionalität deckt heute ein weites und interdisziplinäres Feld von Forschungen und Debatten ab. Gemeinsam sind den verschiedenen Zugängen folgende Aspekte: (1) Der analytische Fokus hat sich von der Vielfalt innerhalb der Genusgruppe der Frauen hin zur Verknüpfung von Geschlecht mit anderen Dimensionen sozialer Ungleichheit verschoben.
(2) Die gesellschaftlichen Machtstrukturen, die den einzelnen Dimensionen zugrunde liegen, stehen im Zentrum. In den Blick genommen werden dabei nicht nur die Mechanismen der Diskriminierung (z. B. von Frauen oder Schwarzen), sondern auch jene der Privilegierung (z. B. von Männern oder Weissen), die oft selbstverständlich erscheint und unsichtbar bleibt.

Eine intersektionale Perspektive auf das Bildungssystem zeigt wie soziale Herkunft, Geschlecht und Migrationshintergrund in ihrem Zusammenspiel über Bildungswege und Zugang zu Hochschulbildung entscheiden. Eine solche Perspektive kann auch hilfreich sein, um konkrete Lehr-/Lernsituationen besser zu verstehen. Ein Beispiel: In den Interaktionen zwischen einer Dozentin deutscher Herkunft und einem Studenten kurdischer Herkunft kommen Geschlechterpositionen zum Tragen, die von der jeweiligen Herkunftskultur der Beteiligten geprägt sind. Oder: In einer Diskussion werden sich europäische Studenten mit akademischem Hintergrund häufiger und mit mehr Gewicht zu Wort melden als Studierende aus bildungsfernem Milieu oder aussereuropäischen Kulturen. Schliesslich: Wenn sich Studentinnen aus dem asiatischen Raum nicht aktiv am Unterrichtsgeschehen beteiligen, so kann dies den Lernmethoden im Bildungssystem ihres Herkunftslandes ebenso geschuldet sein wie geschlechterstereotypen Vorstellungen. 

» Literatur

K

Koedukation versus Monoedukation

Die Einführung der Koedukation – der gemeinsamen Schulbildung für Mädchen und Jungen – in der höheren Schulbildung stand in den 1960er und 1970er Jahren im Zeichen des gesellschaftlichen Fortschritts und der Demokratisierung der Bildung. Im englisch- und im deutschsprachigen Raum wurden in den 1980er Jahren aber auch kritische Stimmen zu den negativen Folgen der Koedukation laut: Tatsächlich führte der gemeinsame Unterricht nicht zwangsläufig zur Chancengleichheit von Jungen und Mädchen (Burgess 1990). In Frankreich wurde diese Debatte erst viel später geführt (Mosconi 2004).
Aufgrund der Ergebnisse der Schulforschung werden folgende Aspekte hervorgehoben:

  • Schulbücher und Lehrunterlagen sind nach wie vor stark männlich geprägt;
  • die Interaktionen im Lehrkontext wirken sich auf die Mädchen oft nachteilig aus (vgl. Interaktionen zwischen Lehrperson und Studierenden);
  • geschlechterstereotype Verhaltensweisen von Mädchen und Jungen werden verstärkt;
  • das Spektrum der Fächer-, Berufs- und Studienwahl bleibt geschlechtsspezifisch verengt.
Erfahrungen aus geschlechtergetrennten – monoedukativen – Ausbildungskontexten weisen zudem darauf hin, dass Frauen in Mathematik und Naturwissenschaften bessere Leistungen erbringen und dass deren Berufs- und Studienwahl weniger eng ausfällt als in koedukativen Kontexten (Teubner 1997a; Zagefka 1997). 
Die Koedukation im Bildungsbereich ist dadurch jedoch nicht in Frage gestellt. Es empfiehlt sich allerdings, entsprechende Strategien zu verfolgen, um die Nachteile der Koedukation zu beheben und die Gleichstellung von Jungen und Mädchen im Bildungsbereich umzusetzen. Während eine Strategie – reflexive Koedukation – auf die Reflexion und Weiterentwicklung der Koedukation abzielt, beinhaltet die andere den punktuellen Einsatz von monoedukativen Lernsettings


L

Lernorientierungen

Der Begriff der Lernorientierungen bezieht sich auf die Art und Weise, wie Studierende an eine Lernaufgabe herangehen. Folgende drei Lernorientierungen werden von verschiedenen AutorInnen unterschieden und sind empirisch gut abgesichert (vgl. Wild 2010, Entwistle & Peterson 2004):

  • Deep approach: Lernende streben eine Tiefenverarbeitung des Stoffes an, sie sind intrinsisch motiviert und wollen Inhalte in ihrem Zusammenhang verstehen.
  • Surface approach: Lernende streben die Reproduktion des Stoffes an, bleiben inhaltlich an der Oberfläche, sind extrinsisch motiviert und auf die Anforderungen des Lehrplanes fixiert.
  • Strategic approach: Lernende sind durch die Hoffnung auf Erfolg extrinsisch motiviert, nicht durch Bezug zu den Inhalten; die Möglichkeit, das Lernen selber zu regulieren und zu organisieren, spielt für sie eine wichtige Rolle.
Der Einfluss der Lernkontexte auf die Ausbildung von Lernorientierungen ist heute allgemein anerkannt (Severiens & Ten Dam 1994). Tatsächlich werden studentische Lernorientierungen von der Struktur und den Anforderungen des Ausbildungskontextes entscheidend beeinflusst. 

» Lernorientierungen und Geschlecht
» Lernorientierungen und Lehrstrategien
» Literatur

Lernorientierungen und Geschlecht

Gibt es zwischen Geschlecht und Lernorientierungen einen Zusammenhang? Die Forschung zu dieser Frage kommt zu sehr heterogenen Ergebnissen.
Eine Meta-Analyse verschiedener theoretischer Ansätze und empirischer Studien zu dieser Frage findet sich in Severiens & Ten Dam (1994). Autorin und Autor ziehen aus dieser Meta-Analyse folgenden Schluss: Die durchschnittlichen Geschlechterdifferenzen bezüglich Lernorientierungen sind klein, hingegen kommen die einzelnen Studien zu sehr unterschiedlichen und zum Teil widersprüchlichen Resultaten. 
Die Heterogenität und Widersprüchlichkeit der Ergebnisse werfen grundsätzliche Fragen auf. Es ist wahrscheinlich, dass die Unterschiede in den Lernorientierungen von Frauen und Männern wesentlich vom Kontext abhängen. Allerdings wird die Bedeutung der Kontexte – der angebotenen Lernformen, der disziplinspezifischen Kontexte, des spezifischen soziokulturellen Kontextes – in diesen Studien nicht in Betracht gezogen. 

In einer eigenen Untersuchung haben Severiens & Ten Dam (1997) eine Differenzierung vorgenommen und das Konzept der Geschlechtsidentität verwendet. Sie unterscheiden also zwischen dem biologischen Geschlecht, das der Kategorisierung in Männer und Frauen zugrunde liegt, und der Geschlechtsidentität der Lernenden, d. h. ihrer Identifikation mit so genannt männlichen oder weiblichen Eigenschaften, Attributen und Verhaltensweisen. Entsprechend erheben sie in dieser Studie nicht nur die Lernorientierungen der Studierenden, sondern – mit einem separaten Instrument – auch deren Geschlechtsidentität. Diese wird mit zwei voneinander unabhängigen Dimensionen, Femininität und Maskulinität gemessen. 
Eine wichtige Erkenntnis der Studie von Severiens & Ten Dam ist, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem biologischen Geschlecht der Lernenden und deren Geschlechtsidentität gibt. Die Geschlechtsidentität der Studierenden, also ihre Identifikation mit verschiedenen Aspekten von Weiblichkeit und Männlichkeit, ist für ihre Lernorientierung aber durchaus relevant. Studierende mit androgynem Profil, die (unabhängig von ihrer Geschlechtskategorie) auf der Weiblichkeits- wie auch auf der Männlichkeitsdimension hohe Werte angeben, sind auch jene, die stärker den Deep approach bevorzugen und die besten Leistungen aufweisen. Auch ältere Studierende praktizieren übrigens häufiger diesen auf das Verstehen ausgerichteten Lernstil. 

Damit muss die Frage nach dem Zusammenhang von Geschlecht und Lernorientierung neu gestellt werden: Inwieweit tragen kontextuelle Faktoren (kulturelles Umfeld, Disziplin, Lernumgebung) zur Produktion von Geschlechterdifferenzen bei?
In diese Richtung weist auch ein weiterer Befund dieser Studie: Die Lernorientierung der Studierenden hängt in erster Linie von ihrem jeweiligen Studienfach ab, hingegen spielt deren Geschlecht kaum eine Rolle. 

» Literatur


Lernorientierungen und Lehrstrategien

Grasha (1996) unterscheidet beispielsweise studentische Lernpräferenzen entlang der drei Dimensionen kompetitiv – kollaborativ, partizipierend – vermeidend, abhängig – unabhängig. Er beschäftigt sich auch mit deren Implikationen für eine angemessene Lehre. 

Die folgende Tabelle (zitiert nach Montgomery & Groat 1998) zeigt, dass verschiedene Lernaktivitäten unterschiedlichen studentischen Lernhaltungen entsprechen. Daraus kann abgeleitet werden, dass der Einsatz vielfältiger Lehrmethoden wünschenswert ist. 

LernhaltungenCharakteristiken 
der lernenden Person
Präferenzen der Lernenden
Kompetitive Haltungsteht mit anderen Studierenden im WettbewerbKlassenaktivitäten, lehrpersonenzentriert
Kollaborative Haltungteilt gerne Ideen mit anderenGruppenaktivitäten, studierendenzentriert
Partizipierende Haltungbeteiligt sich gerneDiskussionen
Vermeidende Haltungzeigt sich uninteressiert, 
beteiligt sich nicht
Anonymes Umfeld
Abhängige Haltungsucht Autorität und HaltKlare Instruktionen,
keine Mehrdeutigkeit
Unabhängige Haltungdenkt selbständigUnabhängige Projekte
(zitiert nach Montgomery & Groat 1998).

» Literatur


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