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E

Evaluation der eigenen Lehre / Expliziter Ansatz

Ein Blick von aussen
Die soziale Praxis – und damit auch die Lehrpraxis – ist in Bezug auf Geschlecht meistens von unbewussten Vorstellungen und Kommunikationsroutinen bestimmt. Deshalb ist ein Blick von aussen besonders nützlich, um sich dessen bewusst zu werden. Wenn Sie bei der Evaluation Ihrer eigenen Lehre einen expliziten Ansatz verfolgen, haben Sie zwei Möglichkeiten, um einen Blick von aussen auf Ihre Lehre werfen zu lassen:
1. Die kollegiale Evaluation bietet die Möglichkeit, eine Lehrveranstaltung von einem Kollegen oder einer Kollegin beobachten zu lassen, und dabei im voraus die Aspekte festzulegen, zu denen Sie eine Rückmeldung wünschen. Die verschiedenen Dimensionen, die in diesem Online-Tool behandelt werden, können Gegenstand einer Beobachtung sein (Kommunikation, Inhalte, Methoden, Interaktionen, etc.). Die Fragenkataloge, die wir Ihnen zur Selbstevaluation vorschlagen, können ebenso gut für die kollegiale Evaluation eingesetzt werden. Die kollegiale Evaluation kann übrigens auch gegenseitig erfolgen.
2. Praxisgemeinschaften werden in der Regel von den Hochschuldidaktischen Zentren angeboten und werden professionell angeleitet. Sie fokussieren eine bestimmte Thematik und erlauben den Teilnehmenden abwechselnd einen Aspekt der eigenen Lehrpraxis zur Diskussion zu stellen, den sie entwickeln möchten. Wenn an Ihrer Institution noch kein Angebot zu Gender in der Lehre existiert, lassen Sie die Verantwortlichen wissen, dass Sie Interesse daran hätten.

Die Evaluationskriterien der Studierenden
Schliesslich bezieht sich der explizite Ansatz in der Evaluation der eigenen Lehre auch auf die Evaluation der Lehre durch die Studierenden. Sie kommunizieren Ihren Studierenden nicht nur die Ergebnisse der Evaluation der Lehre (vgl. Evaluation der eigenen Lehre – impliziter Ansatz); wenn Sie Unterschiede in der Evaluation der Studentinnen und Studenten feststellen, sprechen Sie dies in Ihrer Lehrveranstaltung auch an. Sie können Ihre Studierenden insbesondere dazu einladen, ihre Kriterien für die Evaluation der Lehre explizit zu machen, und eine Diskussion darüber anregen, was in ihren Augen gute Lehre ausmacht.


Evaluation der eigenen Lehre / Impliziter Ansatz

Die Evaluation durch die Studierenden stellt ein Instrument dar, um die Qualität der eigenen Lehre zu erhöhen. In der Regel wird die offizielle Evaluation der Lehrveranstaltungen einer Fakultät durch die Abteilung für Evaluation einer Hochschule nicht jedes Jahr durchgeführt. Meistens besteht aber die Möglichkeit, eine separate Evaluation Ihrer Vorlesungen oder Seminare zu verlangen, wenn Sie dies wünschen. Unabhängig von der offiziellen Evaluation ist es nützlich und empfehlenswert, von den Personen, die an Ihren Kursen teilnehmen, Rückmeldungen einzuholen und mit ihnen eine Diskussion darüber zu führen.

Die Rückmeldungen von Studentinnen und Studenten
Aus der Perspektive geschlechtergerechter Lehre ist es besonders interessant, die Rückmeldungen von Studenten und Studentinnen separat zu betrachten, sei dies nun im Kontext der offiziellen Evaluation oder des Feedbacks, das Sie bei den Studierenden in Ihren Veranstaltungen einholen. Diese Rückmeldungen können Ihnen Hinweise darauf geben, ob Ihre Lehre Studentinnen und Studenten gleichermassen anspricht und ob es Unterschiede gibt im Hinblick auf Interesse, Motivation oder Einstellungen zu den Lehrinhalten oder Lehrmethoden. In einem nächsten Schritt könnten Sie diese Fragen mit Ihren Studierenden explizit angehen (vgl. Evaluation der eigenen Lehre – expliziter Ansatz).

Die Einschätzung der Lehrveranstaltungen von Dozentinnen und Dozenten
Die Geschlechterperspektive auf die Evaluation der Hochschullehre beinhaltet noch einen weiteren Aspekt, der die Lehrperson direkt betrifft. Die Fähigkeit der Studierenden, die Lehre zu beurteilen, wird von einigen in Frage gestellt. Auch wenn die Instrumente zur Evaluation der Lehre in der Regel als valide betrachtet werden können, kann es Einflüsse geben, die deren Ergebnisse verzerren. Die Forschung zur Evaluation der Hochschullehre zeigt, dass ein Geschlechterbias ins Spiel kommen kann. Es kann sein, dass die Lehrveranstaltungen von Frauen signifikant schlechter beurteilt werden als jene ihrer männlichen Kollegen, auch wenn der Status der Lehrpersonen kontrolliert wird. Dies macht deutlich, dass bei der Evaluation der Lehre durch die Studierenden ebenfalls Geschlechterstereotype wirksam sein können. Die Ergebnisse der Forschung sind diesbezüglich allerdings nicht einheitlich.


F

Fachinhalte / Expliziter Ansatz

Die Integration der Geschlechterdimension in die fachlichen Inhalte erfordert de facto einen expliziten Zugang. Wenn Sie in Ihrer Lehre relevante Geschlechteraspekte behandeln, werden Ihre Studierenden im Hinblick auf genderspezifische Fragestellungen geschult und erwerben dabei ihrerseits entsprechende Kompetenzen.
Die Genderdimension kann auf der Ebene einzelner Lehrveranstaltungen integriert werden; für eine nachhaltige Verankerung ist die Integration von Genderaspekten auf der Ebene des Curriculums aber unerlässlich. Wenn Sie die Genderdimension in Ihrer Lehre explizit angehen wollen, benötigen Sie als Lehrperson entsprechende Kenntnisse und Kompetenzen (vgl. Selbstverständnis als Lehrperson – expliziter Ansatz).

Die Anknüpfungspunkte für die Geschlechterdimension variieren selbstverständlich nach Fachbereich. Genderfragen scheinen auf den ersten Blick nur das Feld der Sozial- und Geisteswissenschaften zu betreffen; doch eine vertiefte Reflexion zeigt, dass im Grunde alle Disziplinen davon betroffen sind. Folgende drei Aspekte können Sie in jedem Fall angehen:

1. Die Geschlechterdimension in den Inhalten der Disziplin 
Die Geschlechterforschung hat gezeigt, dass wissenschaftliche Fragestellungen und Ergebnisse nicht geschlechtsneutral sind. So können Entscheidungen, die im Prozess der Wissensproduktion gefällt werden (Wahl der Fragestellung, theoretischer Rahmen, Methodenwahl, Interpretation der Resultate), durchaus geschlechtsbezogene Implikationen haben, und dies in allen Disziplinen. Hier finden Sie Beispiele für Fragen, die Ihnen erlauben, die Geschlechterdimension in verschiedenen Disziplinen zum Thema zu machen: Fachinhalte – Integration der Genderdimension Die Geschlechterdimension in die Fachinhalte einer Disziplin zu integrieren ist ein innovatives Projekt, das neue Fragestellungen und neue Ergebnisse hervorbringt und auf der theoretischen Ebene Konsequenzen nach sich ziehen kann. Dazu finden Sie hier  weiterführende Ressourcen. 

2. Die Geschlechterdimension in der sozialen Praxis der Disziplin 
Sie können Ihre Studierenden zudem für die Bedeutung von Geschlecht in der Praxis der Disziplin selber sensibilisieren. Einige Fächer und deren Berufsfelder sind eindeutig vergeschlechtlicht (vgl. horizontale Segregation). Sie können Bilder und Stereotypen von Geschlecht thematisieren, die in Ihrem Fach wirksam sind, sowie deren Rolle in der beruflichen Praxis. Darüber hinaus sind wissenschaftliche Praxis und Expertise selber von der männlichen Figur des Forschers geprägt. Die Vertretung von Frauen auf den verschiedenen Hierarchiestufen im wissenschaftlichen oder beruflichen Feld (vgl. vertikale Segregation) kann Anlass sein, über implizite Normen und Mechanismen der Anerkennung nachzudenken, die für Karrieren im Feld bestimmend sind.

3. Die Geschlechterdimension in der Geschichte der Disziplin 
Schliesslich können Sie Ihre Studierenden mit der Geschlechterdimension in der Geschichte der Disziplin oder des Berufes vertraut machen, zum Beispiel indem Sie folgende Fragen behandeln:

  • Welche Rolle haben Frauen in der Geschichte der Disziplin oder des Berufes gespielt?
  • Welche Mechanismen verhinderten oder verhindern nach wie vor die Gleichstellung der Geschlechter im disziplinären oder beruflichen Feld?
  • Wie hat sich das «Geschlecht» der Disziplin historisch verändert?
  • Ist das Fach in anderen Ländern auf dieselbe Weise geschlechtlich codiert?


Fachinhalte / Impliziter Ansatz

Lehrveranstaltungen zielen darauf ab, dass Studierende die Theorien, Fragestellungen und Inhalte ihres Faches erarbeiten. Die pädagogisch-psychologische Forschung zeigt, dass Interesse und Motivation für den Lernerfolg ausschlaggebend sind. Aus der Geschlechterperspektive ist es daher wichtig, dass sich Studentinnen und Studenten von den Inhalten Ihrer Lehre gleichermassen angesprochen fühlen.

An die Erfahrung der Studierenden anknüpfen
Um an das Alltagswissen der Studierenden anzuknüpfen, werden fachliche Inhalte oft durch Beispiele illustriert oder durch den Bezug auf spezifische Kontexte veranschaulicht. Die Kontexte und Praxisbeispiele können bezüglich der Dimension Geschlecht jedoch einseitig konnotiert sein.
Ein Beispiel: Wenn Sie mechanische Problemstellungen immer wieder anhand eines Motorrades erläutern, beziehen Sie sich auf einen männlich kodierten Bereich. Die implizite Verknüpfung von Maschinenbau und Leidenschaft für das Motorrad wird verstärkt und erschwert es Personen, die diese Vorliebe nicht teilen, sich mit den Inhalten des Faches zu identifizieren.
Dabei geht es aber nicht darum, Beispiele auszuwählen, die sich auf typisch « weibliche » Kontexte beziehen; auch das würde zur Reproduktion von Stereotypen beitragen. Um die Falle der Stereotypisierung zu umschiffen, sollten Sie also Ihre fachlichen Inhalte mit möglichst vielfältigen und variierenden Beispielen illustrieren und dabei immer wieder auf unterschiedliche Kontexte Bezug nehmen. Auf diese Weise knüpfen Sie an die Vielfalt der Erfahrungen, Motivationen und Interessen Ihrer Studierenden an. Das erlaubt den Einzelnen, individuelles Vorwissen zu aktivieren und das neue Wissen mit bestehenden kognitiven Strukturen zu verknüpfen.

Die Sichtbarkeit von Frauen als Expertinnen
Ein weiterer Aspekt der Geschlechterdimension zeigt sich in Bezug auf den in Ihrem Fach anerkannten Kanon von wissenschaftlichen Werken. Wahrscheinlich spiegelt sich darin die Ungleichheit der Geschlechter in Bezug auf Einfluss und Ansehen in der Disziplin. Der Kanon vieler Fächer ist männlich dominiert, oftmals aber nicht (nur), weil es keine wissenschaftlichen Beiträge von Frauen gibt. Es ist erwiesen, dass Arbeiten von Frauen weniger zur Kenntnis genommen und zitiert werden als jene ihrer männlichen Kollegen (vgl. European Commission 2004).
Mit der Auswahl Ihrer Kursliteratur vermitteln Sie, welche Themen, Persönlichkeiten und Beiträge Sie in Ihrem Fach als relevant erachten. Beziehen Sie, wenn immer möglich auch Publikationen und Fachbeiträge von Autorinnen ein. Auf diese Weise werden Frauen als Expertinnen und Wissenschaftlerinnen sichtbar und als Vorbilder für Studentinnen und deren akademische Karriere wirksam.

Literatur
European Commission (2004): Gender and Excellence in the Making. Brussels, Directorate-General for Research.


I

Institutioneller Rahmen / Integrierter Ansatz

Die geschlechtergerechte Entwicklung der Studiengänge und insbesondere die Integration der Gender-Dimension in die Studienpläne hängen nicht zuletzt von angemessenen institutionellen Rahmenbedingungen ab. Die drei folgenden Aspekte erscheinen besonders relevant und zeugen vom diesbezüglichen Willen der Institution.

Die Qualitätssicherung der Lehre
Die Qualität der Lehre wird heute in der Hochschullandschaft als Exzellenzmerkmal hervorgehoben. Die Geschlechtergerechtigkeit muss dabei als Kriterium einer qualitativ hochstehenden Lehre definiert und die Gender-Dimension entsprechend in den Verfahren der Qualitätssicherung integriert werden. Es ist unabdingbar, sich dafür auf nach Geschlecht differenzierte Statistiken auf allen Stufen abstützen zu können.

Die Weiterbildung der Dozierenden
Im Kontext geschlechtergerechter Studiengänge sind die Dozierenden aufgefordert, ihre eigene Sensibilität für Geschlechter-Aspekte in der Hochschullehre und insbesondere in Bezug auf ihren Fachbereich zu entwickeln. Zum einen sollten hochschuldidaktische Weiterbildungsmodule die Gender-Aspekte einbeziehen und die diesbezügliche Reflexion der Dozierenden fördern. Im Hinblick auf die Integration der Gender-Dimension in die Studiengänge sollte die Institution den Lehrpersonen zum anderen Möglichkeiten anbieten, Gender-Kompetenzen in Bezug auf ihren eigenen Fachbereich zu entwickeln. Solche Kompetenzen sind insbesondere im Hinblick auf die Integration von Gender als Querschnittsthema in die Studiengänge unerlässlich.

Zugang zu Kompetenzen in Gender Studies
Die Hochschulen sind aufgefordert, den Zugang zu einem interdisziplinären und interuniversitären Netzwerk in Gender Studies zu sichern und zu finanzieren sowie dessen Entwicklung zu unterstützen. Die Formen der Institutionalisierung der Geschlechterforschung unterscheiden sich von einer Hochschule zur anderen. Einige Universitäten haben ein Zentrum in Gender Studies, das mit einem oder mehreren Lehrstühlen ausgestattet ist. Andere haben Einheiten eingerichtet, deren Auftrag es ist, die Lehrangebote in Gender Studies in ihrer Institution zu koordinieren oder interfakultäre Kooperationsnetzwerke zu initiieren. In wieder anderen Fällen haben Lehrstühle im Bereich der Sozial- oder Kulturwissenschaften Programme in einem Spezialgebiet der Gender Studies entwickelt. In der Schweiz hat sich das Prinzip der Vernetzung dieser verschiedenen Angebote in Gender Studies bewährt.
Es obliegt jeder einzelnen Hochschule, eine Strategie der Integration der Gender-Dimension in die Studiengänge zu entwickeln und die notwendigen Mittel bereitzustellen, um die Fakultäten in diesem Prozess zu unterstützen.

Kompetenz-Zentren in Gender Studies in der Schweiz:
Universität Basel : http://www.genderstudies.unibas.ch
Universität Bern : http://www.izfg.unibe.ch
Universität Freiburg : http://www.unifr.ch/gender/de
Université de Genève : http://www.unige.ch/etudes-genre
IHEID Genève – Gender Centre : https://graduateinstitute.ch/gender
Université de Lausanne : https://www.unil.ch/ceg/home.html
Université de Neuchâtel : https://www.unine.ch/maps/etudes-genre/
Universität St. Gallen : http://www.genderportal.unisg.ch
Universität Zürich : http://www.genderstudies.uzh.ch

Weitere Institutionen der Gender Studies Schweiz:
https://www.gendercampus.ch/de/hochschulen/institutionen/


Interaktionen in der Lehre / Expliziter Ansatz

Wenn Sie den expliziten Ansatz verfolgen, sorgen Sie nicht nur dafür, dass sich alle in gleichem Masse an Ihrem Unterricht beteiligen (vgl. Interaktionen in der Lehre – impliziter Ansatz); vielmehr thematisieren Sie mit Ihren Studierenden allfällige Ungleichgewichte, die Sie in den Interaktionen in Ihren Lehrveranstaltungen beobachten. Ebenso zögern Sie nicht, bei Bedarf diskriminierendes Verhalten anzusprechen. Diese Fragen können sich in Plenumsdiskussionen oder in Gruppenarbeiten stellen. Es ist wichtig, dass Sie als Lehrperson eingreifen, wenn sich einzelne Studierende abwertend über eine soziale Gruppe äussern, insbesondere wenn es sich um sexistische, homophobe oder rassistische Äusserungen handelt. Indem Sie Ihren Studierenden signalisieren, dass in Ihren Lehrveranstaltungen ein gewisser normativer Rahmen eingehalten wird, achten Sie auf eine Lernumgebung, die für jede und jeden förderlich ist.

Diskussionen
Im Gedankenaustausch und in Diskussionen können sich gewisse Ungleichgewichte in Bezug auf die Beteiligung von Studentinnen und Studenten oder in Bezug auf die Gesprächsdynamik zeigen. Dies kann die Häufigkeit und Länge von Wortmeldungen betreffen oder das Zuhören und die Wertschätzung der Beiträge anderer. Hier finden Sie eine Liste von Fragen, die Ihnen helfen können, Ungleichgewichte in Diskussionen aufzudecken.
Eine gute Möglichkeit, Ihre Studierenden zu einer Auseinandersetzung mit ihrem Diskussionsverhalten anzuregen, ist folgende: Sie geben Ihnen den Auftrag, einen Verhaltenskodex für Diskussionen zu erarbeiten. Das kann im Plenum oder aber in Arbeitsgruppen erfolgen. Wenn Sie mit Ihren Studierenden einen Kodex erarbeitet haben, können Sie sich bei Bedarf auch darauf beziehen.

Arbeit in Gruppen
In Arbeitsgruppen ist es häufig, dass Geschlechterstereotype die Arbeits- und Rollenteilung in der Gruppe beeinflussen. Wenn das in Ihren Lehrveranstaltungen der Fall ist, können Sie dieses Thema explizit aufgreifen, indem Sie die Gruppenkomposition nach Geschlecht entsprechend Ihren Lehrzielen variieren: So können Sie die Bildung von homogenen Gruppen von Frauen und Männer oder von gemischten Gruppen veranlassen (vgl. Gruppenlernen – Interventionsmöglichkeiten – expliziter Ansatz).
Diese Intervention schliesst an die immer noch kontroverse Debatte um Koedukation versus Monoedukation an. Gezielt eingesetzt, erlaubt Ihnen diese Massnahme, eine Thematik von verschiedenen Gruppen behandeln zu lassen und die Studierenden gleichzeitig über Gruppendynamik und ihre Lernerfahrungen in unterschiedlichen Arbeitskontexten reflektieren zu lassen. Diese Erfahrungen können anschliessend im Plenum dargelegt und diskutiert werden. Darüber hinaus eignet sich diese Intervention auch zur Erarbeitung und Gegenüberstellung unterschiedlicher Perspektiven auf einen Gegenstand insbesondere wenn dabei Genderaspekte im Spiel sind.
In jedem Fall ist es wichtig, den Sinn Ihres Vorgehens zu erläutern, um Missverständnisse zu vermeiden, und anschliessend die gemachten Erfahrungen mit den Studierenden angemessen zu reflektieren.


Interaktionen in der Lehre / Impliziter Ansatz

Lernprozesse spielen sich in sozialen Beziehungen ab, sowohl zwischen Dozierenden und Studierenden als auch unter Studierenden.
Die Forschung zu den Interaktionen im schulischen Kontext zeigt, dass Lehrpersonen regelmässig mehr Interaktionen mit Jungen als mit Mädchen haben und dass Jungen mehr Anerkennung, Ermutigung und Kritik erhalten als Mädchen. Solche Interaktionen tragen zur Verstärkung von Geschlechterstereotypen im Schulzimmer bei und sie sind häufiger in Lernsettings, die auf die Lehrperson zentriert sind. Diese Forschungsergebnisse zeigen, wie wichtig die Reflexion der impliziten Aspekte von Interaktionen zwischen Lehrperson und Studierenden ist.

Die Beteiligung der Studierenden fördern
Lernen ist dann erfolgreich, wenn Studierende die Möglichkeit zur aktiven Mitarbeit und Auseinandersetzung haben. Sie sollten als Lehrperson also dafür sorgen, dass sich alle Studierenden aktiv an Ihrem Unterricht beteiligen. Wahrscheinlich kennen Sie die Situation, dass sich nur Wenige und immer die Gleichen aktiv beteiligen. Möglicherweise haben Sie festgestellt, dass dies oft männliche Studierende sind. Das muss aber nicht so sein! Mit einfachen Mitteln können Sie die Beteiligung aller Studierenden fördern und bewusst steuern.

Die Arbeit in Gruppen
Auch kollaborative Lernaktivitäten und Gruppenarbeiten aktivieren die Studierenden und fördern den Lernprozess. Mit kollaborativen Lernformen wird zudem die Entwicklung von sozialen Kompetenzen gefördert, ein wichtiges Element im Hinblick auf Teamarbeit im späteren Beruf und ein Ziel der Bologna-Reform. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass sich in Interaktionen unter Studierenden schnell geschlechterstereotype Muster der Rollenzuweisung etablieren können. Dies verhindert die Entwicklung eines breiten Spektrums von Kompetenzen sowohl durch weibliche als auch durch männliche Studierende. Hier finden Sie Vorschläge, wie Sie dagegen steuern können. Weitere Ausführung: Gruppenlernen – impliziter Ansatz


K

Kommunikation durch die Lehrperson / Expliziter Ansatz

Wenn Sie in der Lehre geschlechtergerechte Sprache verwenden, kommunizieren Sie als Lehrperson geschlechtergerecht (vgl. Kommunikation durch die Lehrperson – impliziter Ansatz). Mit dem expliziten Ansatz gehen Sie einen Schritt weiter, denn Sie zielen darauf ab, Ihre Studierenden zu geschlechtergerechter Kommunikation anzuleiten.

Die Sprache

Sie erklären Ihren Studierenden also, dass Sprache nicht nur die gesellschaftliche Realität zwischen den Geschlechtern spiegelt, sondern diese auch konstruiert. Sodann weisen Sie darauf hin, dass in Ihren Veranstaltungen die Verwendung von geschlechtergerechter Sprache erwünscht ist. Entsprechend machen Sie Ihre Studierenden mit den wichtigsten Regeln vertraut und verweisen auf einschlägige Ressourcen. Damit fördern Sie die Entwicklung von Genderkompetenz bei Ihren Studierenden. Schliesslich können Sie auch in schriftlichen Arbeiten und in Prüfungen die Verwendung geschlechtergerechter Sprache fordern und entsprechend in die Bewertung studentischer Leistungen einbeziehen. Wenn Sie unsicher sind, wie Sie Ihre Studierenden für die Wirkung von Sprache sensibilisieren können, hier ein Vorschlag zum Einstieg.

Die Bilder

Auch die visuelle Kommunikation in Ihrem Fachbereich kann zum Thema einer Lerneinheit gemacht werden. Die Studierenden sollen dabei lernen, die Bildsprache des Faches im Hinblick auf Geschlechterverhältnisse und Geschlechterstereotype zu analysieren. Dazu können Sie den Studierenden den Arbeitsauftrag geben, ausgewähltes Bildmaterial zu analysieren. Das Ziel einer solchen Übung ist es, einseitige, reduzierende oder gar diskriminierende Darstellungen bewusst zu machen und zu lernen, Männer wie Frauen in vielfältigen und flexiblen Rollen oder Tätigkeiten darzustellen. Hier finden Sie eine Anleitung zur Analyse der Bildsprache von ausgewählten Materialien.

Für Vielfalt sensibilisieren

Anleitung zu geschlechtergerechter Kommunikation besteht schliesslich auch darin, ihre Studierenden für die soziale und kulturelle Diversität in der Gesellschaft zu sensibilisieren. Sie regen sie dazu an, ihre impliziten Referenzen bezüglich sozialer Herkunft, kultureller Zugehörigkeit und Geschlechtsidentität zu reflektieren. Diese Aspekte sind nicht unabhängig voneinander: aus einer Akademikerfamilie oder einer Arbeiterfamilie zu stammen bringt auch verschiedene Geschlechtsidentitäten mit sich, sowohl für Männer wie für Frauen. Wenn Sie die Studierenden für die Vielfalt ihrer sozialen Hintergründe sensibilisieren, tragen Sie dazu bei, die Vorstellung der Homogenität der Gruppe der Frauen oder der Männer aufzulösen und damit auch Geschlechterstereotype abzubauen.


Kommunikation durch die Lehrperson / Impliziter Ansatz

Wie Sie als Lehrperson kommunizieren, hat eine starke Wirkung auf Ihre Studierenden. Um motiviert und erfolgreich lernen zu können, müssen sich Studierende in ihren jeweiligen Lebenszusammenhängen angesprochen fühlen. Es ist daher von grosser Bedeutung, eine Sprache zu verwenden, die weibliche, non-binäre und männliche Studierende gleichermassen anspricht.

Die Sprache
Die Sprache, die Sie benutzen, ist nicht nur Abbild der Realität, sie trägt auch dazu bei, die Realität zu prägen. Wenn Sie in einem männlich konnotierten Fachbereich lehren und das generische Maskulinum benutzen, ist es für weibliche Studierende schwierig, sich mit diesem Bereich zu identifizieren und sich zugehörig zu fühlen. Entsprechend werden sich männliche Studierende in einem weiblich konnotierten Fachbereich fremd fühlen, wenn sie sprachlich ausgeschlossen werden. In den Bereichen, wo Frauen oder Männer eine Minderheit bilden, ist es besonders wichtig, dass Lehrpersonen mit ihrer Sprache nicht nur die statistische Realität des Feldes spiegeln, sondern auch zur Veränderung anregen.
Für weitere Ausführungen: geschlechtergerechte Sprache

Die Bilder
Auch Bilder sind in der Kommunikation sehr wirksam, ihre Wirkung ist meist implizit. Wenn beispielsweise im Umgang mit Maschinen oder technischen Systemen nur Männer gezeigt werden, so suggeriert und verstärkt dies die Vorstellung, das Entwickeln, Produzieren und Warten von Maschinen sei eine männlich konnotierte Tätigkeit. Für weibliche Studierende ist es entsprechend schwierig, sich damit zu identifizieren und im Umgang mit Maschinen Kompetenz und Expertise zu entwickeln. Dies gilt natürlich auch umgekehrt für weiblich konnotierte Tätigkeiten, wie das Betreuen von Kleinkindern. Wenn in den entsprechenden Illustrationen nur Frauen dargestellt sind, wird es männlichen Studierenden schwer fallen, die Betreuung von Kindern als für sie angemessene Tätigkeit wahrzunehmen. Die Annahme, Frauen seien für die Betreuung von Kindern zuständig und Männer seien im Umgang mit Maschinen kompetent, sind weit verbreitete stereotype Zuschreibungen.
Für weitere Ausführungen: Geschlechterstereotype

Vielfalt sichtbar machen
Wenn Sie als Lehrperson geschlechtergerecht kommunizieren wollen, ist es also wichtig, Frauen und Männer in vielfältigen und flexiblen Rollen und Tätigkeiten zu zeigen. Das gilt sowohl für die Bilder, Photos und Illustrationen, die Sie beiziehen. Es gilt aber auch für die Beispiele, die Sie zur Illustration heranziehen, wenn Sie in Ihrer Vorlesung einen Sachverhalt veranschaulichen oder für die Übungen eine Aufgabe konzipieren. Auf diese Weise werden Sie der Vielfalt der heutigen Lebensverhältnisse gerecht und ermöglichen es sowohl den Studentinnen als auch den Studenten, sich für die vermittelten Inhalte zu interessieren und damit zu identifizieren.
Für weitere Ausführungen: Diversität


L

Lehr-/Lernmethoden / Expliziter Ansatz

Sie verfolgen einen expliziten Ansatz, wenn Sie die Studierenden zur Auseinandersetzung mit ihren Lernorientierungen anregen. Dies fördert bei den Studierenden eine Tiefenorientierung in Bezug auf das Lernen.

Die Reflexion über Lernorientierungen anregen
In Ihren Lehrveranstaltungen kommunizieren Sie Ihren Studierenden, warum Sie bestimmte Lernformen einsetzen, z. B. eine Gruppenarbeit. Sie legen also Wert auf eine gewisse Transparenz in Bezug auf Ihre didaktischen Entscheidungen als Lehrperson. Gleichzeitig werden Ihre Studierenden aufgefordert, sich ihrer eigenen Lernorientierungen und ihrer bevorzugten Aktivitäten im Lernprozess bewusst zu werden. Damit unterstützen Sie die individuelle Gestaltung der Lernprozesse durch die Studierenden.

Die Reflexion über Motivationen anregen
Zudem werden Ihre Studierenden auf die Bedeutung ihrer Motivation und Interessen im Lernprozess aufmerksam gemacht. Wenn sie die Gelegenheit haben, sich zu ihrer persönlichen Motivation und ihren Interessen für die Fachinhalte zu äussern, werden sich Ihre Studentinnen und Studenten der Vielfalt ihrer Motivationen bewusst werden. Es ist wahrscheinlich, dass im Lauf dieses Austausches die unterschiedlichen Voraussetzungen sichtbar werden, die Studierende aufgrund von Geschlecht oder ihrer sozialen und kulturellen Herkunft mitbringen. Es ist von Interesse, die Studierenden auf diese Unterschiede aufmerksam zu machen, deren Diversität zu unterstreichen und deren Ursachen zu diskutieren. Es ist aber ebenso wichtig, dabei die Reproduktion von Geschlechterstereotypen zu vermeiden: Sie können im Gegenteil zeigen, dass die Gruppen der Frauen oder der Männer unter sich nicht homogen sind und dass Geschlecht durch andere soziale Dimensionen geprägt wird. Diese Auseinandersetzung fördert bei Ihren Studierenden die Selbstreflexion, die Ausdrucksfähigkeit und die Fähigkeit, ihren Lernprozess selbständig zu gestalten; es bereitet sie auch darauf vor, mit der Diversität in der Arbeitswelt besser umgehen zu können.



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