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L

Lehr-/Lernmethoden / Impliziter Ansatz

In den Überlegungen zu Lehr-/Lernmethoden spielt die Unterscheidung zwischen lehrendenzentrierter und lernendenzentrierter Lehre eine wichtige Rolle. Die lehrendenzentrierte Lehre ist in erster Linie auf die Vermittlung von Information durch die Lehrperson ausgerichtet und betrachtet die Studierenden als passive Empfänger. Dagegen hat die lernendenzentrierte Lehre die Studierenden und ihren Lernprozess im Blick. Die Aufgabe der Lehrperson ist es, diesen Lernprozess zu unterstützen und die Aktivität der Studierenden anzuregen. Eine auf die Studentinnen und Studenten zentrierte Lehrpraxis erscheint besonders wichtig im Hinblick auf die geschlechtergerechte Gestaltung von Hochschullehre.

Lernorientierungen
In der Lehr-/Lernforschung werden verschiedene Lernorientierungen oder Lernstile unterschieden. Als relativ gesichert gilt die Unterscheidung zwischen Tiefenorientierung, Oberflächenorientierung und strategischer Orientierung. Im ersten Fall sind die Studierenden am Verständnis der Lerninhalte interessiert; im zweiten Fall wird die Reproduktion der Inhalte anvisiert, die Verarbeitung bleibt aber oberflächlich; im dritten Fall sind die Lernenden durch die Aussicht auf Erfolg motiviert. Als relevant erweisen sich dabei die Lernkontexte. So zeigt sich, dass studentische Lernorientierungen stark nach Fach variieren; sie hängen nicht zuletzt von den Lehrmethoden ab und werden durch die Art der Leistungsbewertung beeinflusst.

Lernorientierungen und Geschlecht
Die Forschung zur Frage, ob es zwischen Geschlecht und Lernorientierungen einen Zusammenhang gibt, kommt zu sehr heterogenen Ergebnissen und lässt keinen eindeutigen Schluss zu. Allerdings zeigen Severiens & Ten Dam (1997), dass Studierende mit androgynem Profil – die unabhängig von ihrer Geschlechtszugehörigkeit sowohl auf der Weiblichkeits- als auch auf der Männlichkeitsdimension hohe Werte angeben – eine Tiefenstrategie des Lernens verfolgen und in ihren Leistungen am besten abschneiden. Mehr zu Lernorientierungen und Geschlecht.

Lernorientierungen und Lehrstrategien
Aus der Perspektive geschlechtergerechter Lehre wären also zum einen Lehr-/Lernmethoden zu bevorzugen, die eine Tiefenorientierung unterstützen. Dies sind nicht zuletzt Lernsettings, die den Lernenden Spielraum zur Gestaltung ihres Lernprozesses geben und deren aktive Teilnahme fördern. Zum anderen gilt es, vielfältige und variierende Lernsettings zu schaffen, um unterschiedliche Lernpräferenzen von Studierenden zu berücksichtigen. Das setzt bei der Lehrperson eine Reflexion des eigenen Lehrstils wie auch der studentischen Lernorientierungen und -präferenzen voraus. So werden Sie mit der Zeit das praktizierte Spektrum von Lernaktivitäten in Ihren Lehrveranstaltungen erweitern. Mehr zu Lernorientierungen und Lehrstrategien.

Literatur
Severiens, Sabine & Geert Ten Dam (1997): Gender and Gender Identity Differences in Learning Styles. Educational Psychology, 17(1/2), 79-93.


Lehr-/Lernmethoden / Integrierter Ansatz

Die Frage der Lehr-/Lernmethoden aus einer Gender-Perspektive anzugehen verpflichtet nicht für eine spezifische Methode (vgl. Lernorientierungen). Doch eine Lehre, welche die Lernenden und ihre Lernprozesse ins Zentrum stellt, bietet die beste Voraussetzung, um auf die Bedürfnisse der Studierenden in ihrer Diversität einzugehen. Der Einsatz vielfältiger, partizipativer und reflexiver Lehr-/Lernmethoden erweist sich der Gleichstellung von Frauen und Männern besonders förderlich.
Auf der Ebene des Studienplanes erscheinen folgende zwei Aspekte relevant, um die Berücksichtigung der Gender-Dimension zu garantieren:

Das Angebot von praxisbezogenen Aktivitäten auf allen Stufen
Von Beginn an und durch das gesamte Studium sollten die Lehr-/Lernmethoden den Erwerb von Kompetenzen durch praxisbezogene Aktivitäten fördern, d. h. durch Angebote, die es erlauben, Wissen zu kontextualisieren, in die Praxis umzusetzen und zu vertiefen. Fallstudien, problem- oder projektbasiertes Lernen und Praktika sind hierfür besonders geeignete Lernformen. Einerseits begünstigt dieser Kontextbezug das Thematisieren von Gender-Aspekten im Lernprozess. Anderseits können Studierende mit diesen Aktivitäten anwendungsbezogene Kompetenzen entwickeln und den Prozess der Anwendung ihres Wissens reflektieren. Zudem sind solche Lernformen auch geeignet, um in der Arbeit im Team Sozial- und Selbstkompetenzen zu entwickeln. Schliesslich wird mit diesen Angeboten die Motivation der Studierenden angeregt und entwickelt, wobei auf vielfältige, auch geschlechtsspezifische, Motivationen und Orientierungen Bezug genommen werden kann. Um Frauen ebenso wie Männer anzusprechen, sollten Fälle aus unterschiedlichen Kontexten angeboten werden (vgl. Fachinhalte – impliziter Ansatz).

Die Förderung der Reflexion von Lernprozessen
Gender-Kompetenzen zu entwickeln setzt voraus, die Studierenden zur Reflexion anzuleiten, sei es in Bezug auf ihre eigenen Lernprozesse, auf den spezifischen Kontext ihres eigenen Faches oder auf die sozialen Aspekte von Teamarbeit (vgl. Gruppenlernen). Diese Reflexionsfähigkeit sollte in allen Modulen des Studienganges entwickelt und gefördert werden. Nichtsdestotrotz scheint es sinnvoll, auf jeder Studienstufe spezifische Zeiträume einzuplanen, die der Reflexion von Lernprozessen und dem Austausch darüber gewidmet ist. Denkbar sind zum einen Module, die einer bestimmten Thematik gewidmet sind und die Gender-Perspektive miteinbeziehen (z. B. die Evaluation der Lehre, die Planung und Strukturierung des eigenen Studiums, die Gestaltung professioneller Beziehungen), zum anderen Aktivitäten wie das Lernjournal oder das Portfolio, die auch eine genderbezogene Reflexion beinhalten sollten.


P

Profil des Studienganges - Integrierter Ansatz

Hochschulen müssen sich heute mit ihrem Ausbildungsangebot gegenüber dem Arbeitsmarkt profilieren und von anderen Anbietern abheben. Die Berücksichtigung der Gender-Dimension in einem Studiengang kommt also bereits bei der Profildefinition zum Tragen. Einerseits wird damit sichergestellt, dass Frauen und Männer mit dem (neuen) Studiengang gleichermassen angesprochen werden. Anderseits werden so die Erkenntnisse der Gender Studies zu diesem Fachgebiet explizit in das Curriculum des Studienganges integriert.

Positionierung des Studienganges
Im Zuge der Bologna-Reform wird empfohlen, im Vorfeld der Entwicklung eines (neuen) Studienganges eine Berufsfeldanalyse durchzuführen. Dabei werden die Bedürfnisse von Unternehmen und Organisationen des betreffenden Berufsfeldes erhoben, um die von Absolventen und Absolventinnen erwarteten Kompetenzen und deren Einsatzfelder zu eruieren. Zu empfehlen ist darüber hinaus eine Folge-Evaluation bei den Absolventinnen und Absolventen des bisherigen Studienganges zu ihren Berufserfahrungen und ihrer rückblickenden Einschätzung der im Studium erworbenen Kompetenzen.
Auf dieser Grundlage lassen sich die berufsfeldbezogenen Kompetenzen ermitteln, die im Studium erworben werden sollen. Um Frauen und Männer gleichermassen anzusprechen, werden bei der Positionierung des (neuen) Studienganges gezielt vielfältige Aspekte des zukünftigen Berufsfeldes berücksichtigt. Die Vielfalt der beruflichen Perspektiven, welche der Studiengang bietet, kann später hervorgehoben werden, um Studierende zu gewinnen. (vgl. Studieninformation und Werbung für den Studiengang).

Genderbezogene Situationsanalyse
Die Integration der Gender-Dimension im Profil eines Studienganges erfordert im Vorfeld eine genderbezogene Situationsanalyse. Zum einen gilt es, sich einen Überblick über die Arbeiten der Geschlechterforschung im betreffenden Fachgebiet zu verschaffen. Auf dieser Grundlage kann bestimmt werden, welche fachlichen, methodischen und sozialen Gender-Aspekte von Bedeutung sind und in das Curriculum integriert werden sollen. Zum andern geht es darum, die verschiedenen Ansätze zur Integration der Genderdimension im betreffenden Fachgebiet zu ermitteln sowie die diesbezüglichen Erfahrungen abzuwägen. Auf dieser Basis kann die Wahl des für den Studiengang geeigneten Ansatzes erfolgen. Schliesslich sind auch die institutionellen Voraussetzungen für die Integration der Genderdimension in den Studiengang zu berücksichtigen, insbesondere die Möglichkeiten, bei der Studiengangentwicklung auf interne oder externe Gender-Expertise zurückzugreifen.


S

Selbstverständnis als Lehrperson / Expliziter Ansatz

Mit dem expliziten Ansatz verfolgen Sie das Ziel, die Gender-Kompetenz Ihrer Studierenden zu entwickeln. Dies stellt entsprechend höhere Anforderungen an Sie als Lehrperson als der implizite Ansatz (vgl. Selbstverständnis als Lehrperson – impliziter Ansatz).

Anforderungen an die Lehrperson
Zum einen müssen Sie sich als Lehrperson Wissen zu Geschlechterfragen in ihrem Fach aneignen, um diesen Aspekt in ihre eigene Lehre integrieren zu können (vgl. Fachinhalte – expliziter Ansatz). Zum anderen müssen Sie bereit sein, mit Ihren Studierenden eine Auseinandersetzung um Geschlechterfragen zu führen. Diese Auseinandersetzung betrifft nicht nur die Fachinhalte, sondern auch die sozialen Dynamiken, die den Lernprozess begleiten (vgl. Interaktionen in der Lehre – expliziter Ansatz). 
Die Studierenden sollen also fachbezogene Kompetenzen zu Genderfragen erwerben; sie sollen aber auch für ihr eigenes geschlechtsspezifisches Verhalten in Lernsituationen sensibilisiert werden und für die Ungleichheiten, die sich dabei reproduzieren können. Dies kann Widerstände und Konflikte auslösen. Um als Lehrperson in der Lage zu sein, heikle Lehr-/Lernsituationen angemessen anzugehen, sind entsprechende soziale Kompetenzen unerlässlich, insbesondere in Bezug auf das Ansprechen von Rollen in Gruppen und den Umgang mit Konflikten. 

Die eigenen Gender-Kompetenzen entwickeln
Die geschlechtergerechte Gestaltung der Lehre verlangt also von Lehrpersonen, die eigenen Gender-Kompetenzen zu entwickeln, insbesondere wenn der explizite Ansatz gewählt wird. Dabei handelt es sich um einen längerfristigen Prozess, der sich nur im Wechselspiel von Lehrpraxis und Reflexion entfalten kann. Dieses Selbstevaluations-Tool kann Sie für gewisse Aspekte Ihrer Praxis sensibilisieren, aber seine Möglichkeiten sind begrenzt, wenn es um den Erwerb von sozialen Kompetenzen in diesem Bereich geht. Diese können am besten dadurch entwickelt werden, dass Sie an Weiterbildungstrainings, z. B. zu Konfliktmanagement, teilnehmen oder dass Sie Ihre Praxis begleiten lassen, z. B. über die Teilnahme an einer hochschuldidaktischen Praxisgruppe (vgl. dazu Evaluation der eigenen Lehre – expliziter Ansatz). Noch gibt es nicht in allen Institutionen entsprechende Weiterbildungsangebote. In diesem Falle, sollten Sie sich an die Abteilung für Gleichstellung oder an das Zentrum für Hochschuldidaktik Ihrer Institution wenden und die Entwicklung eines solchen Angebotes anregen.


Selbstverständnis als Lehrperson / Impliziter Ansatz

Die Beschäftigung mit geschlechtergerechter Lehre erfordert von den Lehrpersonen auch eine gewisse Bereitschaft, ihr eigenes Selbstverständnis als Frau oder Mann zu reflektieren. Dazu gehören insbesondere der Auftritt als Lehrperson und die persönlichen Vorstellungen über Rollen und Eigenschaften von Männern und Frauen.

Auftreten
Lehrende markieren ihre Professionalität und Expertise auch mit dem eigenen Auftritt (Wahl der Kleidung, Körpersprache, usw.). Allerdings sind die Anforderungen dieser Situation für weibliche und männliche Lehrpersonen nicht unbedingt dieselben. Da wissenschaftliche Expertise eng mit Männlichkeit verknüpft wird, sind Frauen als Lehrpersonen verstärkt mit Fragen rund um den eigenen Auftritt konfrontiert. Ein Beispiel: Wenn ein Dozent vor vollem Hörsaal in Jeans auftritt, wird seine Expertise dadurch nicht in Frage gestellt, seine Haltung wird sogar als locker eingestuft. Wenn dagegen eine Dozentin dasselbe tut, läuft sie Gefahr, dass ihre Professionalität in Frage gestellt wird. Für weibliche Lehrpersonen sind die Anforderungen zwischen der Demonstration ihrer Expertise und der Darstellung ihrer Weiblichkeit nach wie vor widersprüchlich (vgl. « Doing gender »).

Kommunizieren
Zur Reflexion der eigenen Haltung als Lehrperson gehören auch Aspekte der nonverbalen Kommunikation mit Ihren Studierenden. Wem drücken Sie Ihre Anerkennung aus und wem erteilen Sie in Ihren Lehrveranstaltungen das Wort? Hier finden Sie Fragen, die Ihn helfen können, ihre Haltung in den Interaktionen mit Ihren Studierenden zu reflektieren: Interaktionen zwischen Lehrperson und Studierenden – Beobachtung

Der Umkehrtest
Die eigenen Vorstellungen über die Geschlechter sind uns so selbstverständlich, dass sie uns oft nicht bewusst sind. Sie sind aber im Umgang mit den Studierenden durchaus wirksam. Eine Möglichkeit, sich darüber klar zu werden, ist die Umkehrprobe: Wenn Sie eine bestimmte Situation reflektieren möchten, tauschen Sie probehalber das Geschlecht der Beteiligten. Ein Beispiel: Wie hätten Sie sich auf den Kurs vorbereitet, wenn die Teilnehmenden ausschliesslich Männer und nicht ausschliesslich Frauen gewesen wären?
Die Selbstreflexion kann Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie Frauen und Männern möglicherweise unterschiedliche Kompetenzen, Potenziale oder Defizite zuschreiben. Stereotype Zuschreibungen können insbesondere bei der Bewertung von Leistungen und bei der Rückmeldung an Studierende wirksam sein.


Studienbedingungen (Zulassung, Work load, Mobilität) / Integrierter Ansatz

Die geschlechtergerechte Gestaltung der Studienbedingungen zielt darauf ab, den Zugang zu einem Studiengang für alle gleichermassen zu gewährleisten, unabhängig von Geschlecht, sozialem Hintergrund oder Lebensform.

Aufnahmebedingungen
Aus der Geschlechterperspektive gilt es zu überprüfen, ob Frauen und Männer die gleichen Chancen haben, die Aufnahmekriterien zu einem Studiengang zu erfüllen. Anders formuliert: Könnten bestimmte Voraussetzungen für das eine oder das andere Geschlecht einen ausschliessenden Charakter haben? Dies kann dann der Fall sein, wenn der Einstieg und das Verbleiben in einem Studiengang Kenntnisse und Erfahrungen implizit voraussetzen, die mit einer geschlechtsspezifischen Sozialisation verknüpft sind (z. B. praktische Erfahrung mit technischen Geräten).

Work load
Ebenso stellt sich die Frage der Vereinbarkeit eines Studiums mit anderen sozialen Verpflichtungen, sei es dass Studierende ihr Studium mit eigener Erwerbsarbeit finanzieren, sei es dass sie neben dem Studium familialen Pflichten nachkommen müssen. Weder der soziale Hintergrund noch die Lebensform einer Person sollten in Bezug auf die Aufnahme und den erfolgreichen Abschluss eines Studienganges ein Hindernis sein.
Es kommen hier grundsätzlich zwei Lösungsansätze in Frage, die parallel zu verfolgen sind, um eine grösstmögliche Diversität von Lebensentwürfen unter Studierenden zu ermöglichen. Zum einen bietet der Studienplan explizit die Möglichkeit eines Teilzeitstudiums an und diese Option wird auch entsprechend kommuniziert. Zum anderen werden auf der institutionellen Ebene Strukturen angeboten, die ein Vollzeitstudium unabhängig vom sozialen Hintergrund oder von familialen Pflichten ermöglichen. Dies ist mit einem ausreichenden Angebot an Krippenplätze an den Hochschulen und mit Stipendien möglich.

Mobilität
Schliesslich ist darauf zu achten, dass gewisse Anforderungen eines Studienganges, wie ein Praktikum oder ein internationaler Austausch, keinen potentiell ausschliessenden Charakter entfalten, sei es aufgrund des geschlechtsspezifischen Erfahrungshintergrundes oder aufgrund der Lebensform. Falls im Studienplan solche Anforderungen vorgesehen sind, ist es wichtig, entsprechende Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten anzubieten, um zur Lösung allfälliger Probleme beizutragen und die Mobilität zu fördern.


Studienberatung und Unterstützungsangebote / Integrierter Ansatz

Die Gender-Dimension sollte auch in jenen Strukturen Eingang finden, die den Studierenden bei der Planung ihres Studiums und Bewältigung von Studienproblemen zur Verfügung stehen. Mittelfristig können diese Angebote zu einer ausgewogeneren Zusammensetzung der Studierenden eines Fachbereichs beitragen (vgl. Horizontale Segregation).

Studienberatung
Studienberater und –beraterinnen sind in direktem Kontakt mit den Studierenden und ihren Studienproblemen. Sie sollten deshalb in der Lage sein, in den von Studierenden im Beratungsgespräch dargelegten Fragen Genderaspekte zu erkennen und diese gegebenenfalls anzusprechen und zu bearbeiten. Darüber hinaus sollten Beratungspersonen auch für Gender-Aspekte in ihren Interaktionen mit Studierenden sensibilisiert sein. Dies setzt eine persönliche Auseinandersetzung mit eigenen Geschlechterbildern und mit der Rolle von Stereotypen in Beratungssituationen voraus. Um eine professionelle Reflexion dieser Fragen zu gewährleisten, sollten die Verantwortlichen eines Studienganges sicherstellen, dass Studienberaterinnen und –berater eine entsprechende Weiterbildung besuchen können.

Unterstützungsangebote
Angebote zur Unterstützung der unterrepräsentierten Gruppe in Fachbereichen mit einem starken Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern wurden bisher vor allem für Frauen in männlich dominierten Fachgebieten entwickelt. Bewährt haben sich Gesprächs- und Vernetzungsangebote für Studentinnen, sowie Mentoring-Programme (Peer-Mentoring oder Mentoring zwischen Mentorin/Mentor und Mentee). Diese Programme fördern zum einen die Studienmotivation der Studentinnen und ihr Verbleib im Studium. Zum anderen werden die Mentees individuell durch eine erfahrene Fachperson unterstützt und beraten, sowohl im Hinblick auf die Gestaltung ihres Studiums, als auch auf die Entwicklung ihrer beruflichen Karriere. Damit soll die vertikale Segregation abgebaut werden.
Zunehmend wird in den letzten Jahren aber auch die Untervertretung von Männern in gewissen Studienfächern problematisiert, zum Beispiel in den Gesundheitsberufen, in der Sozialen Arbeit oder im Lehrberuf. Entsprechende Unterstützungsmassnahmen wurden bisher im Bereich der Förderung geschlechtsuntypischer Studienfachwahl entwickelt (z. B. Boys Day).
Zu bedenken ist allerdings dass die Problematik von Männern in weiblich dominierten Studienfächern nicht einfach symmetrisch ist zu jener von Frauen in männlich dominierten Ausbildungsbereichen. Tatsächlich geniessen Männer in Frauenstudiengängen in der Regel mehr Aufmerksamkeit und steigen rasch in höhere Positionen auf.

Unterstützungsangebote: ausgewählte Beispiele

Mentoring Deutschschweiz:
http://www.academic-mentoring.ch
Mentoring am Departement Informatik der ETHZ:
https://csnow.inf.ethz.ch/studium1/mentoring-programm.html
Ein Kooperationsprojekt der Technischen Universität Berlin:
https://www.femtec.org/


Studieninformation und Werbung für den Studiengang / Integrierter Ansatz

Die Studieninformationen und die Werbung für den Studiengang sollten Frauen und Männer gleichermassen ansprechen. Dies bedingt zum einen, dass die Kommunikation in Text und Bild die Kriterien der Geschlechtergerechtigkeit berücksichtigt (vgl.  Kommunikation durch die Lehrperson – impliziter Ansatz). Zum anderen sollten die Studieninformationen inhaltlich darauf ausgerichtet sein, bei einem möglichst breiten Spektrum von potentiellen Studierenden Interesse am Studium zu wecken. Im Fall eines ausgeprägten Ungleichgewichts zwischen den Geschlechtern im Studienbereich drängen sich darüber hinaus spezifische Massnahmen zur Förderung der geschlechtsuntypischen Studienwahl auf.

Geschlechtergerechte Kommunikation
Die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache in der Kommunikation über einen Studiengang sollte selbstverständlich sein, sei es in den Informationsbroschüren zum Studium, auf der Webpage des Departementes oder in einer Medienmitteilung. Die Verwendung weiblicher und männlicher Formen oder geschlechtsneutraler Formulierungen erlaubt es Frauen wie Männern, sich als künftige Studierende angesprochen zu fühlen. In Informationsmaterialien werden in der Regel auch Bilder eingesetzt, die eine konkrete Vorstellung des Tätigkeitsbereiches vermitteln sollen. Auch in der visuellen Kommunikation ist es von Bedeutung, beide Geschlechter zu repräsentieren, dabei aber geschlechterstereotype Darstellungen zu vermeiden. Die schlichte Umkehrung von Rollen – einer Frau männliche Stereotype zuschreiben oder umgekehrt – genügt allerdings nicht, um das Stereotyp zu überwinden. Ziel sollte es sein, Männer und Frauen in vielfältigen Rollen zu zeigen.

Bezug zu vielfältigen Berufsfeldern
Die Motivationen und Orientierungen, die Studierende mit ihrer künftigen Berufstätigkeit verbinden, sind sehr vielfältig. Ihre konkreten Vorstellungen der mit einem Studiengang verbundenen möglichen Berufsperspektiven sind aber oft beschränkt oder einseitig. Es ist daher wichtig, ein möglichst breites Spektrum von Berufsfeldern aufzuzeigen, die sich im Anschluss an ein Studium eröffnen. Gleichzeitig sollte die Vielfalt der dafür erforderlichen Kompetenzen verdeutlicht werden. Indem Sie die Vielfalt der Berufsfelder und der erwarteten Kompetenzen hervorheben, tragen Sie dazu bei, die geschlechterstereotype Codierung gewisser Studiengänge zu reduzieren. Es ist sehr zu empfehlen, die Ergebnisse der zu Beginn der Studiengangentwicklung durchgeführten Berufsfeldanalyse für die Studieninformation aufzugreifen (vgl. Profil des Studienganges).

Förderung der geschlechtsuntypischen Studienwahl
Wenn das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern in einem Studienbereich ausgeprägt ist (unter 30% der einen Gruppe), drängen sich darüber hinaus spezielle Massnahmen auf. Möglich sind Informationsveranstaltungen, die sich spezifisch an die unterrepräsentierte Gruppe richten und die Möglichkeit bieten, sich mit dem Studiengang und dessen Bedingungen vertraut zu machen. Insbesondere im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich haben sich Angebote bewährt, die sich speziell an Frauen richten, z. B. Schnupperstudien oder Schnuppertage für Gymnasiastinnen. Diese zeichnen sich durch ihren Workshop-Charakter aus, der es den Teilnehmerinnen ermöglicht, sich die technische oder naturwissenschaftliche Materie über konkrete Experimente anzueignen (vgl. dazu das Thema  Koedukation versus Monoedukation). Die Bemühungen, mehr männliche Studierende für stark feminisierte Studiengänge zu gewinnen, stecken dagegen erst in den Anfängen und die entsprechende Praxis ist noch wenig etabliert.

Förderung der geschlechtsuntypischen Studienwahl: ausgewählte Beispiele

Die WINS-Schnuppertage der Universität Freiburg (Women in science and technology):
http://www.unifr.ch/wins/de
Das Schnupperstudium Informatik an der ETH Zürich:
https://csnow.inf.ethz.ch/fuer-schuelerinnen.html 
Die Aktivitäten zur Förderung der Gleichstellung an der Hochschule für Technik FHNW:
https://www.fhnw.ch/de/die-fhnw/hochschulen/ht/nachwuchsfoerderung
Das Vorbereitungsjahr auf technische Fachhochschul-Studiengänge für Frauen, angeboten von der Haute École d’Ingénierie et de Gestion du Canton de Vaud:
https://heig-vd.ch/a-propos/politique/egalite-diversite/programmes-egalite/apfi
Die deutsche Initiative «Nationaler Pakt für Frauen in MINT-Berufen» (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik):
http://www.komm-mach-mint.de/
Die Aktivitäten der französischen Vereinigung «Femmes et Sciences»:
http://www.femmesetsciences.fr/


Studienziele (learning outcomes) / Integrierter Ansatz

Welche Bedeutung kommt der Gender-Dimension zu?
Bei der Entwicklung eines (neuen) Studienganges ist es wichtig, die Gender-Dimension auf der Ebene der Studienziele zu verankern, damit sie bestmöglich in den Studienplan integriert werden kann. Zunächst wird es darum gehen, die zentralen Kompetenzen in Bezug auf Geschlecht im betreffenden Studiengebiet zu eruieren: Wie kommt die Gender-Dimension in den Fragestellungen der Disziplin zum Tragen? Was bedeutet die Berücksichtigung von Gender für die ärztliche Tätigkeit, für Lehrpersonen oder für Ingenieurinnen und Ingenieure? Einige Beispiele:
  • In der Soziologie stellen die Verhältnisse zwischen den Geschlechtern eine zentrale Dimension der Analyse sozialer Ungleichheiten dar. Wie wird diese Dimension in soziologischen Theorien integriert?
  • In der Medizin müssen epidemiologische Studien Unterschiede zwischen Männern und Frauen berücksichtigen. Welche genderbezogenen Faktoren beeinflussen die Gesundheit?
  • Im Ingenieurwesen kommen bei der Entwicklung neuer Technologien die spezifischen Bedürfnisse verschiedener sozialen Gruppen zum Tragen, auch jene von Frauen und Männern. Wie können diese Bedürfnisse berücksichtigt werden? Welche impliziten Bilder haben Ingenieurinnen oder Ingenieure von den Personen, die ihre Technologie nutzen werden?
Für die Klärung dieser Frage in Bezug auf die eigene Disziplin ist es sinnvoll, auf eine genderbezogene Situationsanalyse zurückzugreifen (vgl. Profil des Studienganges) oder eine Gender-Expertin hinzuzuziehen.

Der Erwerb von Gender-Kompetenzen durch die Studierenden
Auf dieser Grundlage können die Gender-Kompetenzen definiert werden, die Studierende im Lauf ihres Studiums erwerben sollen. Diesbezüglich lassen sich vier Aspekte unterscheiden (vgl. Rosenkranz-Fallegger 2009), die jeweils fachspezifisch präzisiert und ausgeführt werden müssen :
  1. Fachkompetenz in Bezug auf Gender: Studierende sind mit den grundlegenden Konzepten und Fragestellungen der Gender-Studies vertraut und sind in der Lage, deren Relevanz für die Fragestellungen, Theorien und Inhalte ihres Studienfaches aufzuzeigen.
  2. Methodenkompetenz in Bezug auf Gender: Studierende sind in der Lage, ihr genderbezogenes Wissen und Können auf unterschiedliche wissenschaftliche und berufliche Kontexte anzuwenden. Sie sind imstande, die Gender-Perspektive auf die konkreten Situationen ihrer beruflichen Praxis zu beziehen.
  3. Sozialkompetenz in Bezug auf Gender: Studierende sind fähig, Genderaspekte in ihren beruflichen Beziehungen zu erkennen und diese geschlechtergerecht zu gestalten, sowohl gegenüber Kolleginnen und Kollegen als auch gegenüber Kundinnen oder Patienten.
  4. Selbstkompetenz in Bezug auf Gender: Studierende haben die Fähigkeit entwickelt, eigene Handlungsmuster gegenüber Frauen und Männer zu reflektieren und Geschlechterstereotype zu hinterfragen, die ihrer persönlichen Haltung zugrunde liegen können.

Ansätze zur Integration von Gender in einen Studiengang

Für die Integration von Gender-Aspekten in einen Studiengang bieten sich verschiedene Möglichkeiten an. Welcher Ansatz gewählt wird, hängt selbstverständlich vom jeweiligen Fach ab, aber auch von den institutionellen Möglichkeiten und den zur Verfügung stehenden Ressourcen (vgl. Institutioneller Rahmen). Becker & Kortendiek (2008:80ff) unterscheiden vier Ansätze:
  • Fachübergreifende Gender-Module: eine Einführung in die Themen und Fragestellungen der Gender Studies wird als interdisziplinär angelegtes Modul für verschiedene Studienfächer angeboten (oft als Wahl- oder Wahlpflichtmodule).
  • Fachspezifische Gender-Module: Es werden einzelne Module angeboten, in denen die Gender-Dimension in Bezug auf Fragestellungen, Theorien oder ausgewählte Inhalte des Faches behandelt wird.
  • Gender als Querschnittsthema: Die Gender-Dimension ist als transversales Thema in den Studiengang integriert und wird in allen Modulen systematisch aufgegriffen.
  • Gender-Studiengänge: Eigene Studiengänge stellen das Gender-Thema explizit ins Zentrum, z. B. das Bachelor- oder Masterstudium in Genderstudies an der Universität Basel oder der Master Minor Gender Studies im Rahmen eines Masters in Sozial-, Geistes- oder Kulturwissenschaften an der Universität Bern.

Hier finden Sie weiterführende Ressourcen zur Integration von Gender in die Curricula.

Ü

Überprüfung der Leistungen von Studierenden / Expliziter Ansatz

Wenn Sie einen expliziten Ansatz verfolgen, können Sie die Leistungen der Studierenden auch im Hinblick auf die in Ihren Lehrveranstaltungen erworbenen Gender-Kompetenzen überprüfen. Das bedingt, dass Sie den Erwerb von Gender-Kompetenzen explizit als Lernziel deklarieren und die jeweiligen Aspekte benennen, die in den einzelnen Lehrveranstaltungen behandelt werden sollen. Die Studierenden müssen wissen, welche Aspekte bei der Überprüfung ihrer Leistung eine Rolle spielen und welche Kriterien Sie anwenden werden.

Die Überprüfung der Leistungen von Studierenden kann sich auf die verschiedenen Aspekte beziehen, die im expliziten Ansatz angesprochen werden. Welche Aspekte Sie überprüfen, hängt nicht zuletzt von Ihrer Lehrveranstaltung und Ihrem Fachbereich ab. In jedem Fall geht es darum, bei Ihren Studierenden die Entwicklung entsprechender Dimensionen von Gender-Kompetenz zu fördern. Folgende Aspekte können in (fast) jedem Fach zum Thema gemacht und die entsprechenden Kompetenzen überprüft werden:

  • Wenn bei der Überprüfung der Leistungen Ihrer Studierenden die Verwendung geschlechtergerechter Sprache ein Kriterium darstellt, fördern Sie deren genderbezogene Sozial- und Kommunikationskompetenz.
  • Wenn Sie bei der Leistungsüberprüfung auf die Geschlechtergerechtigkeit in bildlichen Darstellungen Wert legen, fördern Sie die Kompetenz Ihrer Studierenden zur Reflexion von (oft impliziten) Geschlechterrollen.
  • Wenn die Berücksichtigung der Genderdimension in den fachlichen Inhalten evaluiert wird, fördern Sie bei Ihren Studierenden die Entwicklung von Fach- und Methodenkompetenz in Bezug auf Gender.
  • Wenn Sie die Fähigkeit zur Reflexion der Geschlechterverhältnisse in ihrem Fach überprüfen, fördern Sie die Sozial- und Selbstkompetenz Ihrer Studierenden in Bezug auf Gender.
  • Wenn Sie die Fähigkeit zur geschlechtergerechten Gestaltung von Arbeitsbeziehungen in Gruppen berücksichtigen, fördern Sie bei Ihren Studierenden die Entwicklung von genderbezogenen Sozialkompetenzen.


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