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E

Evaluation der eigenen Lehre / Expliziter Ansatz

Ein Blick von aussen
Die soziale Praxis – und damit auch die Lehrpraxis – ist in Bezug auf Geschlecht meistens von unbewussten Vorstellungen und Kommunikationsroutinen bestimmt. Deshalb ist ein Blick von aussen besonders nützlich, um sich dessen bewusst zu werden. Wenn Sie bei der Evaluation Ihrer eigenen Lehre einen expliziten Ansatz verfolgen, haben Sie zwei Möglichkeiten, um einen Blick von aussen auf Ihre Lehre werfen zu lassen:
1. Die kollegiale Evaluation bietet die Möglichkeit, eine Lehrveranstaltung von einem Kollegen oder einer Kollegin beobachten zu lassen, und dabei im voraus die Aspekte festzulegen, zu denen Sie eine Rückmeldung wünschen. Die verschiedenen Dimensionen, die in diesem Online-Tool behandelt werden, können Gegenstand einer Beobachtung sein (Kommunikation, Inhalte, Methoden, Interaktionen, etc.). Die Fragenkataloge, die wir Ihnen zur Selbstevaluation vorschlagen, können ebenso gut für die kollegiale Evaluation eingesetzt werden. Die kollegiale Evaluation kann übrigens auch gegenseitig erfolgen.
2. Praxisgemeinschaften werden in der Regel von den Hochschuldidaktischen Zentren angeboten und werden professionell angeleitet. Sie fokussieren eine bestimmte Thematik und erlauben den Teilnehmenden abwechselnd einen Aspekt der eigenen Lehrpraxis zur Diskussion zu stellen, den sie entwickeln möchten. Wenn an Ihrer Institution noch kein Angebot zu Gender in der Lehre existiert, lassen Sie die Verantwortlichen wissen, dass Sie Interesse daran hätten.

Die Evaluationskriterien der Studierenden
Schliesslich bezieht sich der explizite Ansatz in der Evaluation der eigenen Lehre auch auf die Evaluation der Lehre durch die Studierenden. Sie kommunizieren Ihren Studierenden nicht nur die Ergebnisse der Evaluation der Lehre (vgl. Evaluation der eigenen Lehre – impliziter Ansatz); wenn Sie Unterschiede in der Evaluation der Studentinnen und Studenten feststellen, sprechen Sie dies in Ihrer Lehrveranstaltung auch an. Sie können Ihre Studierenden insbesondere dazu einladen, ihre Kriterien für die Evaluation der Lehre explizit zu machen, und eine Diskussion darüber anregen, was in ihren Augen gute Lehre ausmacht.


Evaluation der eigenen Lehre / Impliziter Ansatz

Die Evaluation durch die Studierenden stellt ein Instrument dar, um die Qualität der eigenen Lehre zu erhöhen. In der Regel wird die offizielle Evaluation der Lehrveranstaltungen einer Fakultät durch die Abteilung für Evaluation einer Hochschule nicht jedes Jahr durchgeführt. Meistens besteht aber die Möglichkeit, eine separate Evaluation Ihrer Vorlesungen oder Seminare zu verlangen, wenn Sie dies wünschen. Unabhängig von der offiziellen Evaluation ist es nützlich und empfehlenswert, von den Personen, die an Ihren Kursen teilnehmen, Rückmeldungen einzuholen und mit ihnen eine Diskussion darüber zu führen.

Die Rückmeldungen von Studentinnen und Studenten
Aus der Perspektive geschlechtergerechter Lehre ist es besonders interessant, die Rückmeldungen von Studenten und Studentinnen separat zu betrachten, sei dies nun im Kontext der offiziellen Evaluation oder des Feedbacks, das Sie bei den Studierenden in Ihren Veranstaltungen einholen. Diese Rückmeldungen können Ihnen Hinweise darauf geben, ob Ihre Lehre Studentinnen und Studenten gleichermassen anspricht und ob es Unterschiede gibt im Hinblick auf Interesse, Motivation oder Einstellungen zu den Lehrinhalten oder Lehrmethoden. In einem nächsten Schritt könnten Sie diese Fragen mit Ihren Studierenden explizit angehen (vgl. Evaluation der eigenen Lehre – expliziter Ansatz).

Die Einschätzung der Lehrveranstaltungen von Dozentinnen und Dozenten
Die Geschlechterperspektive auf die Evaluation der Hochschullehre beinhaltet noch einen weiteren Aspekt, der die Lehrperson direkt betrifft. Die Fähigkeit der Studierenden, die Lehre zu beurteilen, wird von einigen in Frage gestellt. Auch wenn die Instrumente zur Evaluation der Lehre in der Regel als valide betrachtet werden können, kann es Einflüsse geben, die deren Ergebnisse verzerren. Die Forschung zur Evaluation der Hochschullehre zeigt, dass ein Geschlechterbias ins Spiel kommen kann. Es kann sein, dass die Lehrveranstaltungen von Frauen signifikant schlechter beurteilt werden als jene ihrer männlichen Kollegen, auch wenn der Status der Lehrpersonen kontrolliert wird. Dies macht deutlich, dass bei der Evaluation der Lehre durch die Studierenden ebenfalls Geschlechterstereotype wirksam sein können. Die Ergebnisse der Forschung sind diesbezüglich allerdings nicht einheitlich.


F

Fachinhalte / Expliziter Ansatz

Die Integration der Geschlechterdimension in die fachlichen Inhalte erfordert de facto einen expliziten Zugang. Wenn Sie in Ihrer Lehre relevante Geschlechteraspekte behandeln, werden Ihre Studierenden im Hinblick auf genderspezifische Fragestellungen geschult und erwerben dabei ihrerseits entsprechende Kompetenzen.
Die Genderdimension kann auf der Ebene einzelner Lehrveranstaltungen integriert werden; für eine nachhaltige Verankerung ist die Integration von Genderaspekten auf der Ebene des Curriculums aber unerlässlich. Wenn Sie die Genderdimension in Ihrer Lehre explizit angehen wollen, benötigen Sie als Lehrperson entsprechende Kenntnisse und Kompetenzen (vgl. Selbstverständnis als Lehrperson – expliziter Ansatz).

Die Anknüpfungspunkte für die Geschlechterdimension variieren selbstverständlich nach Fachbereich. Genderfragen scheinen auf den ersten Blick nur das Feld der Sozial- und Geisteswissenschaften zu betreffen; doch eine vertiefte Reflexion zeigt, dass im Grunde alle Disziplinen davon betroffen sind. Folgende drei Aspekte können Sie in jedem Fall angehen:

1. Die Geschlechterdimension in den Inhalten der Disziplin 
Die Geschlechterforschung hat gezeigt, dass wissenschaftliche Fragestellungen und Ergebnisse nicht geschlechtsneutral sind. So können Entscheidungen, die im Prozess der Wissensproduktion gefällt werden (Wahl der Fragestellung, theoretischer Rahmen, Methodenwahl, Interpretation der Resultate), durchaus geschlechtsbezogene Implikationen haben, und dies in allen Disziplinen. Hier finden Sie Beispiele für Fragen, die Ihnen erlauben, die Geschlechterdimension in verschiedenen Disziplinen zum Thema zu machen: Fachinhalte – Integration der Genderdimension Die Geschlechterdimension in die Fachinhalte einer Disziplin zu integrieren ist ein innovatives Projekt, das neue Fragestellungen und neue Ergebnisse hervorbringt und auf der theoretischen Ebene Konsequenzen nach sich ziehen kann. Dazu finden Sie hier  weiterführende Ressourcen. 

2. Die Geschlechterdimension in der sozialen Praxis der Disziplin 
Sie können Ihre Studierenden zudem für die Bedeutung von Geschlecht in der Praxis der Disziplin selber sensibilisieren. Einige Fächer und deren Berufsfelder sind eindeutig vergeschlechtlicht (vgl. horizontale Segregation). Sie können Bilder und Stereotypen von Geschlecht thematisieren, die in Ihrem Fach wirksam sind, sowie deren Rolle in der beruflichen Praxis. Darüber hinaus sind wissenschaftliche Praxis und Expertise selber von der männlichen Figur des Forschers geprägt. Die Vertretung von Frauen auf den verschiedenen Hierarchiestufen im wissenschaftlichen oder beruflichen Feld (vgl. vertikale Segregation) kann Anlass sein, über implizite Normen und Mechanismen der Anerkennung nachzudenken, die für Karrieren im Feld bestimmend sind.

3. Die Geschlechterdimension in der Geschichte der Disziplin 
Schliesslich können Sie Ihre Studierenden mit der Geschlechterdimension in der Geschichte der Disziplin oder des Berufes vertraut machen, zum Beispiel indem Sie folgende Fragen behandeln:

  • Welche Rolle haben Frauen in der Geschichte der Disziplin oder des Berufes gespielt?
  • Welche Mechanismen verhinderten oder verhindern nach wie vor die Gleichstellung der Geschlechter im disziplinären oder beruflichen Feld?
  • Wie hat sich das «Geschlecht» der Disziplin historisch verändert?
  • Ist das Fach in anderen Ländern auf dieselbe Weise geschlechtlich codiert?


Fachinhalte / Impliziter Ansatz

Lehrveranstaltungen zielen darauf ab, dass Studierende die Theorien, Fragestellungen und Inhalte ihres Faches erarbeiten. Die pädagogisch-psychologische Forschung zeigt, dass Interesse und Motivation für den Lernerfolg ausschlaggebend sind. Aus der Geschlechterperspektive ist es daher wichtig, dass sich Studentinnen und Studenten von den Inhalten Ihrer Lehre gleichermassen angesprochen fühlen.

An die Erfahrung der Studierenden anknüpfen
Um an das Alltagswissen der Studierenden anzuknüpfen, werden fachliche Inhalte oft durch Beispiele illustriert oder durch den Bezug auf spezifische Kontexte veranschaulicht. Die Kontexte und Praxisbeispiele können bezüglich der Dimension Geschlecht jedoch einseitig konnotiert sein.
Ein Beispiel: Wenn Sie mechanische Problemstellungen immer wieder anhand eines Motorrades erläutern, beziehen Sie sich auf einen männlich kodierten Bereich. Die implizite Verknüpfung von Maschinenbau und Leidenschaft für das Motorrad wird verstärkt und erschwert es Personen, die diese Vorliebe nicht teilen, sich mit den Inhalten des Faches zu identifizieren.
Dabei geht es aber nicht darum, Beispiele auszuwählen, die sich auf typisch « weibliche » Kontexte beziehen; auch das würde zur Reproduktion von Stereotypen beitragen. Um die Falle der Stereotypisierung zu umschiffen, sollten Sie also Ihre fachlichen Inhalte mit möglichst vielfältigen und variierenden Beispielen illustrieren und dabei immer wieder auf unterschiedliche Kontexte Bezug nehmen. Auf diese Weise knüpfen Sie an die Vielfalt der Erfahrungen, Motivationen und Interessen Ihrer Studierenden an. Das erlaubt den Einzelnen, individuelles Vorwissen zu aktivieren und das neue Wissen mit bestehenden kognitiven Strukturen zu verknüpfen.

Die Sichtbarkeit von Frauen als Expertinnen
Ein weiterer Aspekt der Geschlechterdimension zeigt sich in Bezug auf den in Ihrem Fach anerkannten Kanon von wissenschaftlichen Werken. Wahrscheinlich spiegelt sich darin die Ungleichheit der Geschlechter in Bezug auf Einfluss und Ansehen in der Disziplin. Der Kanon vieler Fächer ist männlich dominiert, oftmals aber nicht (nur), weil es keine wissenschaftlichen Beiträge von Frauen gibt. Es ist erwiesen, dass Arbeiten von Frauen weniger zur Kenntnis genommen und zitiert werden als jene ihrer männlichen Kollegen (vgl. European Commission 2004).
Mit der Auswahl Ihrer Kursliteratur vermitteln Sie, welche Themen, Persönlichkeiten und Beiträge Sie in Ihrem Fach als relevant erachten. Beziehen Sie, wenn immer möglich auch Publikationen und Fachbeiträge von Autorinnen ein. Auf diese Weise werden Frauen als Expertinnen und Wissenschaftlerinnen sichtbar und als Vorbilder für Studentinnen und deren akademische Karriere wirksam.

Literatur
European Commission (2004): Gender and Excellence in the Making. Brussels, Directorate-General for Research.


I

Institutioneller Rahmen / Integrierter Ansatz

Die geschlechtergerechte Entwicklung der Studiengänge und insbesondere die Integration der Gender-Dimension in die Studienpläne hängen nicht zuletzt von angemessenen institutionellen Rahmenbedingungen ab. Die drei folgenden Aspekte erscheinen besonders relevant und zeugen vom diesbezüglichen Willen der Institution.

Die Qualitätssicherung der Lehre
Die Qualität der Lehre wird heute in der Hochschullandschaft als Exzellenzmerkmal hervorgehoben. Die Geschlechtergerechtigkeit muss dabei als Kriterium einer qualitativ hochstehenden Lehre definiert und die Gender-Dimension entsprechend in den Verfahren der Qualitätssicherung integriert werden. Es ist unabdingbar, sich dafür auf nach Geschlecht differenzierte Statistiken auf allen Stufen abstützen zu können.

Die Weiterbildung der Dozierenden
Im Kontext geschlechtergerechter Studiengänge sind die Dozierenden aufgefordert, ihre eigene Sensibilität für Geschlechter-Aspekte in der Hochschullehre und insbesondere in Bezug auf ihren Fachbereich zu entwickeln. Zum einen sollten hochschuldidaktische Weiterbildungsmodule die Gender-Aspekte einbeziehen und die diesbezügliche Reflexion der Dozierenden fördern. Im Hinblick auf die Integration der Gender-Dimension in die Studiengänge sollte die Institution den Lehrpersonen zum anderen Möglichkeiten anbieten, Gender-Kompetenzen in Bezug auf ihren eigenen Fachbereich zu entwickeln. Solche Kompetenzen sind insbesondere im Hinblick auf die Integration von Gender als Querschnittsthema in die Studiengänge unerlässlich.

Zugang zu Kompetenzen in Gender Studies
Die Hochschulen sind aufgefordert, den Zugang zu einem interdisziplinären und interuniversitären Netzwerk in Gender Studies zu sichern und zu finanzieren sowie dessen Entwicklung zu unterstützen. Die Formen der Institutionalisierung der Geschlechterforschung unterscheiden sich von einer Hochschule zur anderen. Einige Universitäten haben ein Zentrum in Gender Studies, das mit einem oder mehreren Lehrstühlen ausgestattet ist. Andere haben Einheiten eingerichtet, deren Auftrag es ist, die Lehrangebote in Gender Studies in ihrer Institution zu koordinieren oder interfakultäre Kooperationsnetzwerke zu initiieren. In wieder anderen Fällen haben Lehrstühle im Bereich der Sozial- oder Kulturwissenschaften Programme in einem Spezialgebiet der Gender Studies entwickelt. In der Schweiz hat sich das Prinzip der Vernetzung dieser verschiedenen Angebote in Gender Studies bewährt.
Es obliegt jeder einzelnen Hochschule, eine Strategie der Integration der Gender-Dimension in die Studiengänge zu entwickeln und die notwendigen Mittel bereitzustellen, um die Fakultäten in diesem Prozess zu unterstützen.

Kompetenz-Zentren in Gender Studies in der Schweiz:
Universität Basel : http://www.genderstudies.unibas.ch
Universität Bern : http://www.izfg.unibe.ch
Universität Freiburg : http://www.unifr.ch/gender/de
Université de Genève : http://www.unige.ch/etudes-genre
IHEID Genève – Gender Centre : https://graduateinstitute.ch/gender
Université de Lausanne : https://www.unil.ch/ceg/home.html
Université de Neuchâtel : http://www2.unine.ch/maps-chaire/page-30314.html
Universität St. Gallen : http://www.genderportal.unisg.ch
Universität Zürich : http://www.genderstudies.uzh.ch

Das Netzwerk Gender Studies Schweiz:
https://www.gendercampus.ch/de/hochschulen/institutionen/liste-der-institutionen/netzwerk-gender-studies-schweiz/


Interaktionen in der Lehre / Expliziter Ansatz

Wenn Sie den expliziten Ansatz verfolgen, sorgen Sie nicht nur dafür, dass sich alle in gleichem Masse an Ihrem Unterricht beteiligen (vgl. Interaktionen in der Lehre – impliziter Ansatz); vielmehr thematisieren Sie mit Ihren Studierenden allfällige Ungleichgewichte, die Sie in den Interaktionen in Ihren Lehrveranstaltungen beobachten. Ebenso zögern Sie nicht, bei Bedarf diskriminierendes Verhalten anzusprechen. Diese Fragen können sich in Plenumsdiskussionen oder in Gruppenarbeiten stellen. Es ist wichtig, dass Sie als Lehrperson eingreifen, wenn sich einzelne Studierende abwertend über eine soziale Gruppe äussern, insbesondere wenn es sich um sexistische, homophobe oder rassistische Äusserungen handelt. Indem Sie Ihren Studierenden signalisieren, dass in Ihren Lehrveranstaltungen ein gewisser normativer Rahmen eingehalten wird, achten Sie auf eine Lernumgebung, die für jede und jeden förderlich ist.

Diskussionen
Im Gedankenaustausch und in Diskussionen können sich gewisse Ungleichgewichte in Bezug auf die Beteiligung von Studentinnen und Studenten oder in Bezug auf die Gesprächsdynamik zeigen. Dies kann die Häufigkeit und Länge von Wortmeldungen betreffen oder das Zuhören und die Wertschätzung der Beiträge anderer. Hier finden Sie eine Liste von Fragen, die Ihnen helfen können, Ungleichgewichte in Diskussionen aufzudecken.
Eine gute Möglichkeit, Ihre Studierenden zu einer Auseinandersetzung mit ihrem Diskussionsverhalten anzuregen, ist folgende: Sie geben Ihnen den Auftrag, einen Verhaltenskodex für Diskussionen zu erarbeiten. Das kann im Plenum oder aber in Arbeitsgruppen erfolgen. Wenn Sie mit Ihren Studierenden einen Kodex erarbeitet haben, können Sie sich bei Bedarf auch darauf beziehen.

Arbeit in Gruppen
In Arbeitsgruppen ist es häufig, dass Geschlechterstereotype die Arbeits- und Rollenteilung in der Gruppe beeinflussen. Wenn das in Ihren Lehrveranstaltungen der Fall ist, können Sie dieses Thema explizit aufgreifen, indem Sie die Gruppenkomposition nach Geschlecht entsprechend Ihren Lehrzielen variieren: So können Sie die Bildung von homogenen Gruppen von Frauen und Männer oder von gemischten Gruppen veranlassen (vgl. Gruppenlernen – Interventionsmöglichkeiten – expliziter Ansatz).
Diese Intervention schliesst an die immer noch kontroverse Debatte um Koedukation versus Monoedukation an. Gezielt eingesetzt, erlaubt Ihnen diese Massnahme, eine Thematik von verschiedenen Gruppen behandeln zu lassen und die Studierenden gleichzeitig über Gruppendynamik und ihre Lernerfahrungen in unterschiedlichen Arbeitskontexten reflektieren zu lassen. Diese Erfahrungen können anschliessend im Plenum dargelegt und diskutiert werden. Darüber hinaus eignet sich diese Intervention auch zur Erarbeitung und Gegenüberstellung unterschiedlicher Perspektiven auf einen Gegenstand insbesondere wenn dabei Genderaspekte im Spiel sind.
In jedem Fall ist es wichtig, den Sinn Ihres Vorgehens zu erläutern, um Missverständnisse zu vermeiden, und anschliessend die gemachten Erfahrungen mit den Studierenden angemessen zu reflektieren.


Interaktionen in der Lehre / Impliziter Ansatz

Lernprozesse spielen sich in sozialen Beziehungen ab, sowohl zwischen Dozierenden und Studierenden als auch unter Studierenden.
Die Forschung zu den Interaktionen im schulischen Kontext zeigt, dass Lehrpersonen regelmässig mehr Interaktionen mit Jungen als mit Mädchen haben und dass Jungen mehr Anerkennung, Ermutigung und Kritik erhalten als Mädchen. Solche Interaktionen tragen zur Verstärkung von Geschlechterstereotypen im Schulzimmer bei und sie sind häufiger in Lernsettings, die auf die Lehrperson zentriert sind. Diese Forschungsergebnisse zeigen, wie wichtig die Reflexion der impliziten Aspekte von Interaktionen zwischen Lehrperson und Studierenden ist.

Die Beteiligung der Studierenden fördern
Lernen ist dann erfolgreich, wenn Studierende die Möglichkeit zur aktiven Mitarbeit und Auseinandersetzung haben. Sie sollten als Lehrperson also dafür sorgen, dass sich alle Studierenden aktiv an Ihrem Unterricht beteiligen. Wahrscheinlich kennen Sie die Situation, dass sich nur Wenige und immer die Gleichen aktiv beteiligen. Möglicherweise haben Sie festgestellt, dass dies oft männliche Studierende sind. Das muss aber nicht so sein! Mit einfachen Mitteln können Sie die Beteiligung aller Studierenden fördern und bewusst steuern.

Die Arbeit in Gruppen
Auch kollaborative Lernaktivitäten und Gruppenarbeiten aktivieren die Studierenden und fördern den Lernprozess. Mit kollaborativen Lernformen wird zudem die Entwicklung von sozialen Kompetenzen gefördert, ein wichtiges Element im Hinblick auf Teamarbeit im späteren Beruf und ein Ziel der Bologna-Reform. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass sich in Interaktionen unter Studierenden schnell geschlechterstereotype Muster der Rollenzuweisung etablieren können. Dies verhindert die Entwicklung eines breiten Spektrums von Kompetenzen sowohl durch weibliche als auch durch männliche Studierende. Hier finden Sie Vorschläge, wie Sie dagegen steuern können. Weitere Ausführung: Gruppenlernen – impliziter Ansatz


K

Kommunikation durch die Lehrperson / Expliziter Ansatz

Wenn Sie in der Lehre geschlechtergerechte Sprache verwenden, kommunizieren Sie als Lehrperson geschlechtergerecht (vgl. Kommunikation durch die Lehrperson – impliziter Ansatz). Mit dem expliziten Ansatz gehen Sie einen Schritt weiter, denn Sie zielen darauf ab, Ihre Studierenden zu geschlechtergerechter Kommunikation anzuleiten.

Die Sprache

Sie erklären Ihren Studierenden also, dass Sprache nicht nur die gesellschaftliche Realität zwischen den Geschlechtern spiegelt, sondern diese auch konstruiert. Sodann weisen Sie darauf hin, dass in Ihren Veranstaltungen die Verwendung von geschlechtergerechter Sprache erwünscht ist. Entsprechend machen Sie Ihre Studierenden mit den wichtigsten Regeln vertraut und verweisen auf einschlägige Ressourcen. Damit fördern Sie die Entwicklung von Genderkompetenz bei Ihren Studierenden. Schliesslich können Sie auch in schriftlichen Arbeiten und in Prüfungen die Verwendung geschlechtergerechter Sprache fordern und entsprechend in die Bewertung studentischer Leistungen einbeziehen. Wenn Sie unsicher sind, wie Sie Ihre Studierenden für die Wirkung von Sprache sensibilisieren können, hier ein Vorschlag zum Einstieg.

Die Bilder

Auch die visuelle Kommunikation in Ihrem Fachbereich kann zum Thema einer Lerneinheit gemacht werden. Die Studierenden sollen dabei lernen, die Bildsprache des Faches im Hinblick auf Geschlechterverhältnisse und Geschlechterstereotype zu analysieren. Dazu können Sie den Studierenden den Arbeitsauftrag geben, ausgewähltes Bildmaterial zu analysieren. Das Ziel einer solchen Übung ist es, einseitige, reduzierende oder gar diskriminierende Darstellungen bewusst zu machen und zu lernen, Männer wie Frauen in vielfältigen und flexiblen Rollen oder Tätigkeiten darzustellen. Hier finden Sie eine Anleitung zur Analyse der Bildsprache von ausgewählten Materialien.

Für Vielfalt sensibilisieren

Anleitung zu geschlechtergerechter Kommunikation besteht schliesslich auch darin, ihre Studierenden für die soziale und kulturelle Diversität in der Gesellschaft zu sensibilisieren. Sie regen sie dazu an, ihre impliziten Referenzen bezüglich sozialer Herkunft, kultureller Zugehörigkeit und Geschlechtsidentität zu reflektieren. Diese Aspekte sind nicht unabhängig voneinander: aus einer Akademikerfamilie oder einer Arbeiterfamilie zu stammen bringt auch verschiedene Geschlechtsidentitäten mit sich, sowohl für Männer wie für Frauen. Wenn Sie die Studierenden für die Vielfalt ihrer sozialen Hintergründe sensibilisieren, tragen Sie dazu bei, die Vorstellung der Homogenität der Gruppe der Frauen oder der Männer aufzulösen und damit auch Geschlechterstereotype abzubauen.


Kommunikation durch die Lehrperson / Impliziter Ansatz

Wie Sie als Lehrperson kommunizieren, hat eine starke Wirkung auf Ihre Studierenden. Um motiviert und erfolgreich lernen zu können, müssen sich Studierende in ihren jeweiligen Lebenszusammenhängen angesprochen fühlen. Es ist daher von grosser Bedeutung, eine Sprache zu verwenden, die weibliche und männliche Studierende gleichermassen anspricht.

Die Sprache
Die Sprache, die Sie benutzen, ist nicht nur Abbild der Realität, sie trägt auch dazu bei, die Realität zu prägen. Wenn Sie in einem männlich konnotierten Fachbereich lehren und das generische Maskulinum benutzen, ist es für weibliche Studierende schwierig, sich mit diesem Bereich zu identifizieren und sich zugehörig zu fühlen. Entsprechend werden sich männliche Studierende in einem weiblich konnotierten Fachbereich fremd fühlen, wenn sie sprachlich ausgeschlossen werden. In den Bereichen, wo Frauen oder Männer eine Minderheit bilden, ist es besonders wichtig, dass Lehrpersonen mit ihrer Sprache nicht nur die statistische Realität des Feldes spiegeln, sondern auch zur Veränderung anregen.
Für weitere Ausführungen: geschlechtergerechte Sprache

Die Bilder
Auch Bilder sind in der Kommunikation sehr wirksam, ihre Wirkung ist meist implizit. Wenn beispielsweise im Umgang mit Maschinen oder technischen Systemen nur Männer gezeigt werden, so suggeriert und verstärkt dies die Vorstellung, das Entwickeln, Produzieren und Warten von Maschinen sei eine männlich konnotierte Tätigkeit. Für weibliche Studierende ist es entsprechend schwierig, sich damit zu identifizieren und im Umgang mit Maschinen Kompetenz und Expertise zu entwickeln. Dies gilt natürlich auch umgekehrt für weiblich konnotierte Tätigkeiten, wie das Betreuen von Kleinkindern. Wenn in den entsprechenden Illustrationen nur Frauen dargestellt sind, wird es männlichen Studierenden schwer fallen, die Betreuung von Kindern als für sie angemessene Tätigkeit wahrzunehmen. Die Annahme, Frauen seien für die Betreuung von Kindern zuständig und Männer seien im Umgang mit Maschinen kompetent, sind weit verbreitete stereotype Zuschreibungen.
Für weitere Ausführungen: Geschlechterstereotype

Vielfalt sichtbar machen
Wenn Sie als Lehrperson geschlechtergerecht kommunizieren wollen, ist es also wichtig, Frauen und Männer in vielfältigen und flexiblen Rollen und Tätigkeiten zu zeigen. Das gilt sowohl für die Bilder, Photos und Illustrationen, die Sie beiziehen. Es gilt aber auch für die Beispiele, die Sie zur Illustration heranziehen, wenn Sie in Ihrer Vorlesung einen Sachverhalt veranschaulichen oder für die Übungen eine Aufgabe konzipieren. Auf diese Weise werden Sie der Vielfalt der heutigen Lebensverhältnisse gerecht und ermöglichen es sowohl den Studentinnen als auch den Studenten, sich für die vermittelten Inhalte zu interessieren und damit zu identifizieren.
Für weitere Ausführungen: Diversität


L

Lehr-/Lernmethoden / Expliziter Ansatz

Sie verfolgen einen expliziten Ansatz, wenn Sie die Studierenden zur Auseinandersetzung mit ihren Lernorientierungen anregen. Dies fördert bei den Studierenden eine Tiefenorientierung in Bezug auf das Lernen.

Die Reflexion über Lernorientierungen anregen
In Ihren Lehrveranstaltungen kommunizieren Sie Ihren Studierenden, warum Sie bestimmte Lernformen einsetzen, z. B. eine Gruppenarbeit. Sie legen also Wert auf eine gewisse Transparenz in Bezug auf Ihre didaktischen Entscheidungen als Lehrperson. Gleichzeitig werden Ihre Studierenden aufgefordert, sich ihrer eigenen Lernorientierungen und ihrer bevorzugten Aktivitäten im Lernprozess bewusst zu werden. Damit unterstützen Sie die individuelle Gestaltung der Lernprozesse durch die Studierenden.

Die Reflexion über Motivationen anregen
Zudem werden Ihre Studierenden auf die Bedeutung ihrer Motivation und Interessen im Lernprozess aufmerksam gemacht. Wenn sie die Gelegenheit haben, sich zu ihrer persönlichen Motivation und ihren Interessen für die Fachinhalte zu äussern, werden sich Ihre Studentinnen und Studenten der Vielfalt ihrer Motivationen bewusst werden. Es ist wahrscheinlich, dass im Lauf dieses Austausches die unterschiedlichen Voraussetzungen sichtbar werden, die Studierende aufgrund von Geschlecht oder ihrer sozialen und kulturellen Herkunft mitbringen. Es ist von Interesse, die Studierenden auf diese Unterschiede aufmerksam zu machen, deren Diversität zu unterstreichen und deren Ursachen zu diskutieren. Es ist aber ebenso wichtig, dabei die Reproduktion von Geschlechterstereotypen zu vermeiden: Sie können im Gegenteil zeigen, dass die Gruppen der Frauen oder der Männer unter sich nicht homogen sind und dass Geschlecht durch andere soziale Dimensionen geprägt wird. Diese Auseinandersetzung fördert bei Ihren Studierenden die Selbstreflexion, die Ausdrucksfähigkeit und die Fähigkeit, ihren Lernprozess selbständig zu gestalten; es bereitet sie auch darauf vor, mit der Diversität in der Arbeitswelt besser umgehen zu können.


Lehr-/Lernmethoden / Impliziter Ansatz

In den Überlegungen zu Lehr-/Lernmethoden spielt die Unterscheidung zwischen lehrendenzentrierter und lernendenzentrierter Lehre eine wichtige Rolle. Die lehrendenzentrierte Lehre ist in erster Linie auf die Vermittlung von Information durch die Lehrperson ausgerichtet und betrachtet die Studierenden als passive Empfänger. Dagegen hat die lernendenzentrierte Lehre die Studierenden und ihren Lernprozess im Blick. Die Aufgabe der Lehrperson ist es, diesen Lernprozess zu unterstützen und die Aktivität der Studierenden anzuregen. Eine auf die Studentinnen und Studenten zentrierte Lehrpraxis erscheint besonders wichtig im Hinblick auf die geschlechtergerechte Gestaltung von Hochschullehre.

Lernorientierungen
In der Lehr-/Lernforschung werden verschiedene Lernorientierungen oder Lernstile unterschieden. Als relativ gesichert gilt die Unterscheidung zwischen Tiefenorientierung, Oberflächenorientierung und strategischer Orientierung. Im ersten Fall sind die Studierenden am Verständnis der Lerninhalte interessiert; im zweiten Fall wird die Reproduktion der Inhalte anvisiert, die Verarbeitung bleibt aber oberflächlich; im dritten Fall sind die Lernenden durch die Aussicht auf Erfolg motiviert. Als relevant erweisen sich dabei die Lernkontexte. So zeigt sich, dass studentische Lernorientierungen stark nach Fach variieren; sie hängen nicht zuletzt von den Lehrmethoden ab und werden durch die Art der Leistungsbewertung beeinflusst.

Lernorientierungen und Geschlecht
Die Forschung zur Frage, ob es zwischen Geschlecht und Lernorientierungen einen Zusammenhang gibt, kommt zu sehr heterogenen Ergebnissen und lässt keinen eindeutigen Schluss zu. Allerdings zeigen Severiens & Ten Dam (1997), dass Studierende mit androgynem Profil – die unabhängig von ihrer Geschlechtszugehörigkeit sowohl auf der Weiblichkeits- als auch auf der Männlichkeitsdimension hohe Werte angeben – eine Tiefenstrategie des Lernens verfolgen und in ihren Leistungen am besten abschneiden. Mehr zu Lernorientierungen und Geschlecht.

Lernorientierungen und Lehrstrategien
Aus der Perspektive geschlechtergerechter Lehre wären also zum einen Lehr-/Lernmethoden zu bevorzugen, die eine Tiefenorientierung unterstützen. Dies sind nicht zuletzt Lernsettings, die den Lernenden Spielraum zur Gestaltung ihres Lernprozesses geben und deren aktive Teilnahme fördern. Zum anderen gilt es, vielfältige und variierende Lernsettings zu schaffen, um unterschiedliche Lernpräferenzen von Studierenden zu berücksichtigen. Das setzt bei der Lehrperson eine Reflexion des eigenen Lehrstils wie auch der studentischen Lernorientierungen und -präferenzen voraus. So werden Sie mit der Zeit das praktizierte Spektrum von Lernaktivitäten in Ihren Lehrveranstaltungen erweitern. Mehr zu Lernorientierungen und Lehrstrategien.

Literatur
Severiens, Sabine & Geert Ten Dam (1997): Gender and Gender Identity Differences in Learning Styles. Educational Psychology, 17(1/2), 79-93.


Lehr-/Lernmethoden / Integrierter Ansatz

Die Frage der Lehr-/Lernmethoden aus einer Gender-Perspektive anzugehen verpflichtet nicht für eine spezifische Methode (vgl. Lernorientierungen). Doch eine Lehre, welche die Lernenden und ihre Lernprozesse ins Zentrum stellt, bietet die beste Voraussetzung, um auf die Bedürfnisse der Studierenden in ihrer Diversität einzugehen. Der Einsatz vielfältiger, partizipativer und reflexiver Lehr-/Lernmethoden erweist sich der Gleichstellung von Frauen und Männern besonders förderlich.
Auf der Ebene des Studienplanes erscheinen folgende zwei Aspekte relevant, um die Berücksichtigung der Gender-Dimension zu garantieren:

Das Angebot von praxisbezogenen Aktivitäten auf allen Stufen
Von Beginn an und durch das gesamte Studium sollten die Lehr-/Lernmethoden den Erwerb von Kompetenzen durch praxisbezogene Aktivitäten fördern, d. h. durch Angebote, die es erlauben, Wissen zu kontextualisieren, in die Praxis umzusetzen und zu vertiefen. Fallstudien, problem- oder projektbasiertes Lernen und Praktika sind hierfür besonders geeignete Lernformen. Einerseits begünstigt dieser Kontextbezug das Thematisieren von Gender-Aspekten im Lernprozess. Anderseits können Studierende mit diesen Aktivitäten anwendungsbezogene Kompetenzen entwickeln und den Prozess der Anwendung ihres Wissens reflektieren. Zudem sind solche Lernformen auch geeignet, um in der Arbeit im Team Sozial- und Selbstkompetenzen zu entwickeln. Schliesslich wird mit diesen Angeboten die Motivation der Studierenden angeregt und entwickelt, wobei auf vielfältige, auch geschlechtsspezifische, Motivationen und Orientierungen Bezug genommen werden kann. Um Frauen ebenso wie Männer anzusprechen, sollten Fälle aus unterschiedlichen Kontexten angeboten werden (vgl. Fachinhalte – impliziter Ansatz).

Die Förderung der Reflexion von Lernprozessen
Gender-Kompetenzen zu entwickeln setzt voraus, die Studierenden zur Reflexion anzuleiten, sei es in Bezug auf ihre eigenen Lernprozesse, auf den spezifischen Kontext ihres eigenen Faches oder auf die sozialen Aspekte von Teamarbeit (vgl. Gruppenlernen). Diese Reflexionsfähigkeit sollte in allen Modulen des Studienganges entwickelt und gefördert werden. Nichtsdestotrotz scheint es sinnvoll, auf jeder Studienstufe spezifische Zeiträume einzuplanen, die der Reflexion von Lernprozessen und dem Austausch darüber gewidmet ist. Denkbar sind zum einen Module, die einer bestimmten Thematik gewidmet sind und die Gender-Perspektive miteinbeziehen (z. B. die Evaluation der Lehre, die Planung und Strukturierung des eigenen Studiums, die Gestaltung professioneller Beziehungen), zum anderen Aktivitäten wie das Lernjournal oder das Portfolio, die auch eine genderbezogene Reflexion beinhalten sollten.


P

Profil des Studienganges - Integrierter Ansatz

Hochschulen müssen sich heute mit ihrem Ausbildungsangebot gegenüber dem Arbeitsmarkt profilieren und von anderen Anbietern abheben. Die Berücksichtigung der Gender-Dimension in einem Studiengang kommt also bereits bei der Profildefinition zum Tragen. Einerseits wird damit sichergestellt, dass Frauen und Männer mit dem (neuen) Studiengang gleichermassen angesprochen werden. Anderseits werden so die Erkenntnisse der Gender Studies zu diesem Fachgebiet explizit in das Curriculum des Studienganges integriert.

Positionierung des Studienganges
Im Zuge der Bologna-Reform wird empfohlen, im Vorfeld der Entwicklung eines (neuen) Studienganges eine Berufsfeldanalyse durchzuführen. Dabei werden die Bedürfnisse von Unternehmen und Organisationen des betreffenden Berufsfeldes erhoben, um die von Absolventen und Absolventinnen erwarteten Kompetenzen und deren Einsatzfelder zu eruieren. Zu empfehlen ist darüber hinaus eine Folge-Evaluation bei den Absolventinnen und Absolventen des bisherigen Studienganges zu ihren Berufserfahrungen und ihrer rückblickenden Einschätzung der im Studium erworbenen Kompetenzen.
Auf dieser Grundlage lassen sich die berufsfeldbezogenen Kompetenzen ermitteln, die im Studium erworben werden sollen. Um Frauen und Männer gleichermassen anzusprechen, werden bei der Positionierung des (neuen) Studienganges gezielt vielfältige Aspekte des zukünftigen Berufsfeldes berücksichtigt. Die Vielfalt der beruflichen Perspektiven, welche der Studiengang bietet, kann später hervorgehoben werden, um Studierende zu gewinnen. (vgl. Studieninformation und Werbung für den Studiengang).

Genderbezogene Situationsanalyse
Die Integration der Gender-Dimension im Profil eines Studienganges erfordert im Vorfeld eine genderbezogene Situationsanalyse. Zum einen gilt es, sich einen Überblick über die Arbeiten der Geschlechterforschung im betreffenden Fachgebiet zu verschaffen. Auf dieser Grundlage kann bestimmt werden, welche fachlichen, methodischen und sozialen Gender-Aspekte von Bedeutung sind und in das Curriculum integriert werden sollen. Zum andern geht es darum, die verschiedenen Ansätze zur Integration der Genderdimension im betreffenden Fachgebiet zu ermitteln sowie die diesbezüglichen Erfahrungen abzuwägen. Auf dieser Basis kann die Wahl des für den Studiengang geeigneten Ansatzes erfolgen. Schliesslich sind auch die institutionellen Voraussetzungen für die Integration der Genderdimension in den Studiengang zu berücksichtigen, insbesondere die Möglichkeiten, bei der Studiengangentwicklung auf interne oder externe Gender-Expertise zurückzugreifen.


S

Selbstverständnis als Lehrperson / Expliziter Ansatz

Mit dem expliziten Ansatz verfolgen Sie das Ziel, die Gender-Kompetenz Ihrer Studierenden zu entwickeln. Dies stellt entsprechend höhere Anforderungen an Sie als Lehrperson als der implizite Ansatz (vgl. Selbstverständnis als Lehrperson – impliziter Ansatz).

Anforderungen an die Lehrperson
Zum einen müssen Sie sich als Lehrperson Wissen zu Geschlechterfragen in ihrem Fach aneignen, um diesen Aspekt in ihre eigene Lehre integrieren zu können (vgl. Fachinhalte – expliziter Ansatz). Zum anderen müssen Sie bereit sein, mit Ihren Studierenden eine Auseinandersetzung um Geschlechterfragen zu führen. Diese Auseinandersetzung betrifft nicht nur die Fachinhalte, sondern auch die sozialen Dynamiken, die den Lernprozess begleiten (vgl. Interaktionen in der Lehre – expliziter Ansatz). 
Die Studierenden sollen also fachbezogene Kompetenzen zu Genderfragen erwerben; sie sollen aber auch für ihr eigenes geschlechtsspezifisches Verhalten in Lernsituationen sensibilisiert werden und für die Ungleichheiten, die sich dabei reproduzieren können. Dies kann Widerstände und Konflikte auslösen. Um als Lehrperson in der Lage zu sein, heikle Lehr-/Lernsituationen angemessen anzugehen, sind entsprechende soziale Kompetenzen unerlässlich, insbesondere in Bezug auf das Ansprechen von Rollen in Gruppen und den Umgang mit Konflikten. 

Die eigenen Gender-Kompetenzen entwickeln
Die geschlechtergerechte Gestaltung der Lehre verlangt also von Lehrpersonen, die eigenen Gender-Kompetenzen zu entwickeln, insbesondere wenn der explizite Ansatz gewählt wird. Dabei handelt es sich um einen längerfristigen Prozess, der sich nur im Wechselspiel von Lehrpraxis und Reflexion entfalten kann. Dieses Selbstevaluations-Tool kann Sie für gewisse Aspekte Ihrer Praxis sensibilisieren, aber seine Möglichkeiten sind begrenzt, wenn es um den Erwerb von sozialen Kompetenzen in diesem Bereich geht. Diese können am besten dadurch entwickelt werden, dass Sie an Weiterbildungstrainings, z. B. zu Konfliktmanagement, teilnehmen oder dass Sie Ihre Praxis begleiten lassen, z. B. über die Teilnahme an einer hochschuldidaktischen Praxisgruppe (vgl. dazu Evaluation der eigenen Lehre – expliziter Ansatz). Noch gibt es nicht in allen Institutionen entsprechende Weiterbildungsangebote. In diesem Falle, sollten Sie sich an die Abteilung für Gleichstellung oder an das Zentrum für Hochschuldidaktik Ihrer Institution wenden und die Entwicklung eines solchen Angebotes anregen.


Selbstverständnis als Lehrperson / Impliziter Ansatz

Die Beschäftigung mit geschlechtergerechter Lehre erfordert von den Lehrpersonen auch eine gewisse Bereitschaft, ihr eigenes Selbstverständnis als Frau oder Mann zu reflektieren. Dazu gehören insbesondere der Auftritt als Lehrperson und die persönlichen Vorstellungen über Rollen und Eigenschaften von Männern und Frauen.

Auftreten
Lehrende markieren ihre Professionalität und Expertise auch mit dem eigenen Auftritt (Wahl der Kleidung, Körpersprache, usw.). Allerdings sind die Anforderungen dieser Situation für weibliche und männliche Lehrpersonen nicht unbedingt dieselben. Da wissenschaftliche Expertise eng mit Männlichkeit verknüpft wird, sind Frauen als Lehrpersonen verstärkt mit Fragen rund um den eigenen Auftritt konfrontiert. Ein Beispiel: Wenn ein Dozent vor vollem Hörsaal in Jeans auftritt, wird seine Expertise dadurch nicht in Frage gestellt, seine Haltung wird sogar als locker eingestuft. Wenn dagegen eine Dozentin dasselbe tut, läuft sie Gefahr, dass ihre Professionalität in Frage gestellt wird. Für weibliche Lehrpersonen sind die Anforderungen zwischen der Demonstration ihrer Expertise und der Darstellung ihrer Weiblichkeit nach wie vor widersprüchlich (vgl. « Doing gender »).

Kommunizieren
Zur Reflexion der eigenen Haltung als Lehrperson gehören auch Aspekte der nonverbalen Kommunikation mit Ihren Studierenden. Wem drücken Sie Ihre Anerkennung aus und wem erteilen Sie in Ihren Lehrveranstaltungen das Wort? Hier finden Sie Fragen, die Ihn helfen können, ihre Haltung in den Interaktionen mit Ihren Studierenden zu reflektieren: Interaktionen zwischen Lehrperson und Studierenden – Beobachtung

Der Umkehrtest
Die eigenen Vorstellungen über die Geschlechter sind uns so selbstverständlich, dass sie uns oft nicht bewusst sind. Sie sind aber im Umgang mit den Studierenden durchaus wirksam. Eine Möglichkeit, sich darüber klar zu werden, ist die Umkehrprobe: Wenn Sie eine bestimmte Situation reflektieren möchten, tauschen Sie probehalber das Geschlecht der Beteiligten. Ein Beispiel: Wie hätten Sie sich auf den Kurs vorbereitet, wenn die Teilnehmenden ausschliesslich Männer und nicht ausschliesslich Frauen gewesen wären?
Die Selbstreflexion kann Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie Frauen und Männern möglicherweise unterschiedliche Kompetenzen, Potenziale oder Defizite zuschreiben. Stereotype Zuschreibungen können insbesondere bei der Bewertung von Leistungen und bei der Rückmeldung an Studierende wirksam sein.


Studienbedingungen (Zulassung, Work load, Mobilität) / Integrierter Ansatz

Die geschlechtergerechte Gestaltung der Studienbedingungen zielt darauf ab, den Zugang zu einem Studiengang für alle gleichermassen zu gewährleisten, unabhängig von Geschlecht, sozialem Hintergrund oder Lebensform.

Aufnahmebedingungen
Aus der Geschlechterperspektive gilt es zu überprüfen, ob Frauen und Männer die gleichen Chancen haben, die Aufnahmekriterien zu einem Studiengang zu erfüllen. Anders formuliert: Könnten bestimmte Voraussetzungen für das eine oder das andere Geschlecht einen ausschliessenden Charakter haben? Dies kann dann der Fall sein, wenn der Einstieg und das Verbleiben in einem Studiengang Kenntnisse und Erfahrungen implizit voraussetzen, die mit einer geschlechtsspezifischen Sozialisation verknüpft sind (z. B. praktische Erfahrung mit technischen Geräten).

Work load
Ebenso stellt sich die Frage der Vereinbarkeit eines Studiums mit anderen sozialen Verpflichtungen, sei es dass Studierende ihr Studium mit eigener Erwerbsarbeit finanzieren, sei es dass sie neben dem Studium familialen Pflichten nachkommen müssen. Weder der soziale Hintergrund noch die Lebensform einer Person sollten in Bezug auf die Aufnahme und den erfolgreichen Abschluss eines Studienganges ein Hindernis sein.
Es kommen hier grundsätzlich zwei Lösungsansätze in Frage, die parallel zu verfolgen sind, um eine grösstmögliche Diversität von Lebensentwürfen unter Studierenden zu ermöglichen. Zum einen bietet der Studienplan explizit die Möglichkeit eines Teilzeitstudiums an und diese Option wird auch entsprechend kommuniziert. Zum anderen werden auf der institutionellen Ebene Strukturen angeboten, die ein Vollzeitstudium unabhängig vom sozialen Hintergrund oder von familialen Pflichten ermöglichen. Dies ist mit einem ausreichenden Angebot an Krippenplätze an den Hochschulen und mit Stipendien möglich.

Mobilität
Schliesslich ist darauf zu achten, dass gewisse Anforderungen eines Studienganges, wie ein Praktikum oder ein internationaler Austausch, keinen potentiell ausschliessenden Charakter entfalten, sei es aufgrund des geschlechtsspezifischen Erfahrungshintergrundes oder aufgrund der Lebensform. Falls im Studienplan solche Anforderungen vorgesehen sind, ist es wichtig, entsprechende Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten anzubieten, um zur Lösung allfälliger Probleme beizutragen und die Mobilität zu fördern.


Studienberatung und Unterstützungsangebote / Integrierter Ansatz

Die Gender-Dimension sollte auch in jenen Strukturen Eingang finden, die den Studierenden bei der Planung ihres Studiums und Bewältigung von Studienproblemen zur Verfügung stehen. Mittelfristig können diese Angebote zu einer ausgewogeneren Zusammensetzung der Studierenden eines Fachbereichs beitragen (vgl. Horizontale Segregation).

Studienberatung
Studienberater und –beraterinnen sind in direktem Kontakt mit den Studierenden und ihren Studienproblemen. Sie sollten deshalb in der Lage sein, in den von Studierenden im Beratungsgespräch dargelegten Fragen Genderaspekte zu erkennen und diese gegebenenfalls anzusprechen und zu bearbeiten. Darüber hinaus sollten Beratungspersonen auch für Gender-Aspekte in ihren Interaktionen mit Studierenden sensibilisiert sein. Dies setzt eine persönliche Auseinandersetzung mit eigenen Geschlechterbildern und mit der Rolle von Stereotypen in Beratungssituationen voraus. Um eine professionelle Reflexion dieser Fragen zu gewährleisten, sollten die Verantwortlichen eines Studienganges sicherstellen, dass Studienberaterinnen und –berater eine entsprechende Weiterbildung besuchen können.

Unterstützungsangebote
Angebote zur Unterstützung der unterrepräsentierten Gruppe in Fachbereichen mit einem starken Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern wurden bisher vor allem für Frauen in männlich dominierten Fachgebieten entwickelt. Bewährt haben sich Gesprächs- und Vernetzungsangebote für Studentinnen, sowie Mentoring-Programme (Peer-Mentoring oder Mentoring zwischen Mentorin/Mentor und Mentee). Diese Programme fördern zum einen die Studienmotivation der Studentinnen und ihr Verbleib im Studium. Zum anderen werden die Mentees individuell durch eine erfahrene Fachperson unterstützt und beraten, sowohl im Hinblick auf die Gestaltung ihres Studiums, als auch auf die Entwicklung ihrer beruflichen Karriere. Damit soll die vertikale Segregation abgebaut werden.
Zunehmend wird in den letzten Jahren aber auch die Untervertretung von Männern in gewissen Studienfächern problematisiert, zum Beispiel in den Gesundheitsberufen, in der Sozialen Arbeit oder im Lehrberuf. Entsprechende Unterstützungsmassnahmen wurden bisher im Bereich der Förderung geschlechtsuntypischer Studienfachwahl entwickelt (z. B. Boys Day).
Zu bedenken ist allerdings dass die Problematik von Männern in weiblich dominierten Studienfächern nicht einfach symmetrisch ist zu jener von Frauen in männlich dominierten Ausbildungsbereichen. Tatsächlich geniessen Männer in Frauenstudiengängen in der Regel mehr Aufmerksamkeit und steigen rasch in höhere Positionen auf.

Unterstützungsangebote: ausgewählte Beispiele

Mentoring Deutschschweiz:
http://www.academic-mentoring.ch
Mentoring am Departement Informatik der ETHZ:
https://csnow.inf.ethz.ch/studium1/mentoring-programm.html
Ein Kooperationsprojekt der Technischen Universität Berlin:
https://www.femtec.org/


Studieninformation und Werbung für den Studiengang / Integrierter Ansatz

Die Studieninformationen und die Werbung für den Studiengang sollten Frauen und Männer gleichermassen ansprechen. Dies bedingt zum einen, dass die Kommunikation in Text und Bild die Kriterien der Geschlechtergerechtigkeit berücksichtigt (vgl.  Kommunikation durch die Lehrperson – impliziter Ansatz). Zum anderen sollten die Studieninformationen inhaltlich darauf ausgerichtet sein, bei einem möglichst breiten Spektrum von potentiellen Studierenden Interesse am Studium zu wecken. Im Fall eines ausgeprägten Ungleichgewichts zwischen den Geschlechtern im Studienbereich drängen sich darüber hinaus spezifische Massnahmen zur Förderung der geschlechtsuntypischen Studienwahl auf.

Geschlechtergerechte Kommunikation
Die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache in der Kommunikation über einen Studiengang sollte selbstverständlich sein, sei es in den Informationsbroschüren zum Studium, auf der Webpage des Departementes oder in einer Medienmitteilung. Die Verwendung weiblicher und männlicher Formen oder geschlechtsneutraler Formulierungen erlaubt es Frauen wie Männern, sich als künftige Studierende angesprochen zu fühlen. In Informationsmaterialien werden in der Regel auch Bilder eingesetzt, die eine konkrete Vorstellung des Tätigkeitsbereiches vermitteln sollen. Auch in der visuellen Kommunikation ist es von Bedeutung, beide Geschlechter zu repräsentieren, dabei aber geschlechterstereotype Darstellungen zu vermeiden. Die schlichte Umkehrung von Rollen – einer Frau männliche Stereotype zuschreiben oder umgekehrt – genügt allerdings nicht, um das Stereotyp zu überwinden. Ziel sollte es sein, Männer und Frauen in vielfältigen Rollen zu zeigen.

Bezug zu vielfältigen Berufsfeldern
Die Motivationen und Orientierungen, die Studierende mit ihrer künftigen Berufstätigkeit verbinden, sind sehr vielfältig. Ihre konkreten Vorstellungen der mit einem Studiengang verbundenen möglichen Berufsperspektiven sind aber oft beschränkt oder einseitig. Es ist daher wichtig, ein möglichst breites Spektrum von Berufsfeldern aufzuzeigen, die sich im Anschluss an ein Studium eröffnen. Gleichzeitig sollte die Vielfalt der dafür erforderlichen Kompetenzen verdeutlicht werden. Indem Sie die Vielfalt der Berufsfelder und der erwarteten Kompetenzen hervorheben, tragen Sie dazu bei, die geschlechterstereotype Codierung gewisser Studiengänge zu reduzieren. Es ist sehr zu empfehlen, die Ergebnisse der zu Beginn der Studiengangentwicklung durchgeführten Berufsfeldanalyse für die Studieninformation aufzugreifen (vgl. Profil des Studienganges).

Förderung der geschlechtsuntypischen Studienwahl
Wenn das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern in einem Studienbereich ausgeprägt ist (unter 30% der einen Gruppe), drängen sich darüber hinaus spezielle Massnahmen auf. Möglich sind Informationsveranstaltungen, die sich spezifisch an die unterrepräsentierte Gruppe richten und die Möglichkeit bieten, sich mit dem Studiengang und dessen Bedingungen vertraut zu machen. Insbesondere im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich haben sich Angebote bewährt, die sich speziell an Frauen richten, z. B. Schnupperstudien oder Schnuppertage für Gymnasiastinnen. Diese zeichnen sich durch ihren Workshop-Charakter aus, der es den Teilnehmerinnen ermöglicht, sich die technische oder naturwissenschaftliche Materie über konkrete Experimente anzueignen (vgl. dazu das Thema  Koedukation versus Monoedukation). Die Bemühungen, mehr männliche Studierende für stark feminisierte Studiengänge zu gewinnen, stecken dagegen erst in den Anfängen und die entsprechende Praxis ist noch wenig etabliert.

Förderung der geschlechtsuntypischen Studienwahl: ausgewählte Beispiele

Die WINS-Schnuppertage der Universität Freiburg (Women in science and technology):
http://www.unifr.ch/wins/de
Das Schnupperstudium Informatik an der ETH Zürich:
https://csnow.inf.ethz.ch/fuer-schuelerinnen.html 
Die Aktivitäten zur Förderung der Gleichstellung an der Hochschule für Technik FHNW:
https://www.fhnw.ch/de/die-fhnw/hochschulen/ht/nachwuchsfoerderung
Das Vorbereitungsjahr auf technische Fachhochschul-Studiengänge für Frauen, angeboten von der Haute École d’Ingénierie et de Gestion du Canton de Vaud:
https://heig-vd.ch/a-propos/politique/egalite-diversite/programmes-egalite/apfi
Die deutsche Initiative «Nationaler Pakt für Frauen in MINT-Berufen» (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik):
http://www.komm-mach-mint.de/
Die Aktivitäten der französischen Vereinigung «Femmes et Sciences»:
http://www.femmesetsciences.fr/


Studienziele (learning outcomes) / Integrierter Ansatz

Welche Bedeutung kommt der Gender-Dimension zu?
Bei der Entwicklung eines (neuen) Studienganges ist es wichtig, die Gender-Dimension auf der Ebene der Studienziele zu verankern, damit sie bestmöglich in den Studienplan integriert werden kann. Zunächst wird es darum gehen, die zentralen Kompetenzen in Bezug auf Geschlecht im betreffenden Studiengebiet zu eruieren: Wie kommt die Gender-Dimension in den Fragestellungen der Disziplin zum Tragen? Was bedeutet die Berücksichtigung von Gender für die ärztliche Tätigkeit, für Lehrpersonen oder für Ingenieurinnen und Ingenieure? Einige Beispiele:
  • In der Soziologie stellen die Verhältnisse zwischen den Geschlechtern eine zentrale Dimension der Analyse sozialer Ungleichheiten dar. Wie wird diese Dimension in soziologischen Theorien integriert?
  • In der Medizin müssen epidemiologische Studien Unterschiede zwischen Männern und Frauen berücksichtigen. Welche genderbezogenen Faktoren beeinflussen die Gesundheit?
  • Im Ingenieurwesen kommen bei der Entwicklung neuer Technologien die spezifischen Bedürfnisse verschiedener sozialen Gruppen zum Tragen, auch jene von Frauen und Männern. Wie können diese Bedürfnisse berücksichtigt werden? Welche impliziten Bilder haben Ingenieurinnen oder Ingenieure von den Personen, die ihre Technologie nutzen werden?
Für die Klärung dieser Frage in Bezug auf die eigene Disziplin ist es sinnvoll, auf eine genderbezogene Situationsanalyse zurückzugreifen (vgl. Profil des Studienganges) oder eine Gender-Expertin hinzuzuziehen.

Der Erwerb von Gender-Kompetenzen durch die Studierenden
Auf dieser Grundlage können die Gender-Kompetenzen definiert werden, die Studierende im Lauf ihres Studiums erwerben sollen. Diesbezüglich lassen sich vier Aspekte unterscheiden (vgl. Rosenkranz-Fallegger 2009), die jeweils fachspezifisch präzisiert und ausgeführt werden müssen :
  1. Fachkompetenz in Bezug auf Gender: Studierende sind mit den grundlegenden Konzepten und Fragestellungen der Gender-Studies vertraut und sind in der Lage, deren Relevanz für die Fragestellungen, Theorien und Inhalte ihres Studienfaches aufzuzeigen.
  2. Methodenkompetenz in Bezug auf Gender: Studierende sind in der Lage, ihr genderbezogenes Wissen und Können auf unterschiedliche wissenschaftliche und berufliche Kontexte anzuwenden. Sie sind imstande, die Gender-Perspektive auf die konkreten Situationen ihrer beruflichen Praxis zu beziehen.
  3. Sozialkompetenz in Bezug auf Gender: Studierende sind fähig, Genderaspekte in ihren beruflichen Beziehungen zu erkennen und diese geschlechtergerecht zu gestalten, sowohl gegenüber Kolleginnen und Kollegen als auch gegenüber Kundinnen oder Patienten.
  4. Selbstkompetenz in Bezug auf Gender: Studierende haben die Fähigkeit entwickelt, eigene Handlungsmuster gegenüber Frauen und Männer zu reflektieren und Geschlechterstereotype zu hinterfragen, die ihrer persönlichen Haltung zugrunde liegen können.

Ansätze zur Integration von Gender in einen Studiengang

Für die Integration von Gender-Aspekten in einen Studiengang bieten sich verschiedene Möglichkeiten an. Welcher Ansatz gewählt wird, hängt selbstverständlich vom jeweiligen Fach ab, aber auch von den institutionellen Möglichkeiten und den zur Verfügung stehenden Ressourcen (vgl. Institutioneller Rahmen). Becker & Kortendiek (2008:80ff) unterscheiden vier Ansätze:
  • Fachübergreifende Gender-Module: eine Einführung in die Themen und Fragestellungen der Gender Studies wird als interdisziplinär angelegtes Modul für verschiedene Studienfächer angeboten (oft als Wahl- oder Wahlpflichtmodule).
  • Fachspezifische Gender-Module: Es werden einzelne Module angeboten, in denen die Gender-Dimension in Bezug auf Fragestellungen, Theorien oder ausgewählte Inhalte des Faches behandelt wird.
  • Gender als Querschnittsthema: Die Gender-Dimension ist als transversales Thema in den Studiengang integriert und wird in allen Modulen systematisch aufgegriffen.
  • Gender-Studiengänge: Eigene Studiengänge stellen das Gender-Thema explizit ins Zentrum, z. B. das Bachelor- oder Masterstudium in Genderstudies an der Universität Basel oder der Master Minor Gender Studies im Rahmen eines Masters in Sozial-, Geistes- oder Kulturwissenschaften an der Universität Bern.

Hier finden Sie weiterführende Ressourcen zur Integration von Gender in die Curricula.

Ü

Überprüfung der Leistungen von Studierenden / Expliziter Ansatz

Wenn Sie einen expliziten Ansatz verfolgen, können Sie die Leistungen der Studierenden auch im Hinblick auf die in Ihren Lehrveranstaltungen erworbenen Gender-Kompetenzen überprüfen. Das bedingt, dass Sie den Erwerb von Gender-Kompetenzen explizit als Lernziel deklarieren und die jeweiligen Aspekte benennen, die in den einzelnen Lehrveranstaltungen behandelt werden sollen. Die Studierenden müssen wissen, welche Aspekte bei der Überprüfung ihrer Leistung eine Rolle spielen und welche Kriterien Sie anwenden werden.

Die Überprüfung der Leistungen von Studierenden kann sich auf die verschiedenen Aspekte beziehen, die im expliziten Ansatz angesprochen werden. Welche Aspekte Sie überprüfen, hängt nicht zuletzt von Ihrer Lehrveranstaltung und Ihrem Fachbereich ab. In jedem Fall geht es darum, bei Ihren Studierenden die Entwicklung entsprechender Dimensionen von Gender-Kompetenz zu fördern. Folgende Aspekte können in (fast) jedem Fach zum Thema gemacht und die entsprechenden Kompetenzen überprüft werden:

  • Wenn bei der Überprüfung der Leistungen Ihrer Studierenden die Verwendung geschlechtergerechter Sprache ein Kriterium darstellt, fördern Sie deren genderbezogene Sozial- und Kommunikationskompetenz.
  • Wenn Sie bei der Leistungsüberprüfung auf die Geschlechtergerechtigkeit in bildlichen Darstellungen Wert legen, fördern Sie die Kompetenz Ihrer Studierenden zur Reflexion von (oft impliziten) Geschlechterrollen.
  • Wenn die Berücksichtigung der Genderdimension in den fachlichen Inhalten evaluiert wird, fördern Sie bei Ihren Studierenden die Entwicklung von Fach- und Methodenkompetenz in Bezug auf Gender.
  • Wenn Sie die Fähigkeit zur Reflexion der Geschlechterverhältnisse in ihrem Fach überprüfen, fördern Sie die Sozial- und Selbstkompetenz Ihrer Studierenden in Bezug auf Gender.
  • Wenn Sie die Fähigkeit zur geschlechtergerechten Gestaltung von Arbeitsbeziehungen in Gruppen berücksichtigen, fördern Sie bei Ihren Studierenden die Entwicklung von genderbezogenen Sozialkompetenzen.

Überprüfung der Leistungen von Studierenden / Impliziter Ansatz

Die Bewertung von studentischen Leistungen erfordert eine besondere Aufmerksamkeit für die Machtaspekte der Situation. Für die Studierenden steht viel auf dem Spiel und Gender-Aspekte beeinflussen fast zwangsläufig die Interaktionen mit Ihren Studierenden. Für eine geschlechtergerechte Bewertung von Leistungen müssen zwei Aspekte berücksichtigt werden.

Die Haltung der Lehrperson
Einerseits ist es wichtig einen allfälligen Bias aufgrund von geschlechterstereotypen Erwartungen der Lehrperson zu vermeiden. Ein Beispiel: Einen Studenten, der sich wenig äussert, betrachten Sie als kompetent trotz seiner Zurückhaltung, während Sie an der Kompetenz einer Studentin zweifeln, die sich wenig äussert. Der Umkehrtest ist ein nützliches Instrument, um sich seiner eigenen Geschlechterstereotype bewusst zu werden: Wie hätten Sie Ihre Rückmeldung an einen Studenten, dessen Seminararbeit Sie bewerten, formuliert, wenn es sich um eine Studentin gehandelt hätte? Oder umgekehrt? (siehe dazu auch Selbstverständnis als Lehrperson – impliziter Ansatz)

Das Verhalten der Studierenden
Andererseits sollte eine gerechte Bewertung der Leistungen aller Studierenden auch Unterschiede in der Selbstdarstellung und in der Kommunikation in Betracht ziehen. Diese sind ein Effekt der Geschlechterverhältnisse (vgl. « Doing gender »), aber auch der sozialen und kulturellen Herkunft der Einzelnen. Studierende können sich insbesondere in Bezug auf ihre Selbstsicherheit unterscheiden, oder ganz einfach in Bezug auf die Art und Weise, Ihr Selbstbewusstsein gegenüber der Lehrperson zur Schau zu tragen. Selbstsicher wirken oder leicht das Wort ergreifen ist nicht gleichbedeutend mit mehr Wissen oder besser Wissen. Die Selbstsicherheit von Studierenden hängt zudem auch von der Autorität ab, die sie der Lehrperson zuweisen, was wiederum mit deren Status und Geschlecht zusammenhängt. So kann sich eine Studentin gegenüber einem Professor weniger sicher fühlen als gegenüber einer Professorin.

Die Bedeutung des Kontextes
Allerdings sollten Verallgemeinerungen vermieden werden. Die Machtaspekte, die in einer Prüfungssituation wirksam sind, hängen stark vom spezifischen disziplinären Kontext ab. Eine Studentin, die in einem männlich dominierten Fachbereich drei männlichen Prüfern gegenübersitzt, ist stärkerem Druck ausgesetzt als ein Student in derselben Situation. Für einen Studenten in einer weiblich dominierten Disziplin ist die Situation nicht zwangsläufig symmetrisch; die spezielle Aufmerksamkeit, die er in seinem Fachbereich geniesst, kann ihm auch zum Vorteil gereichen. Aus der Perspektive geschlechtergerechter Bewertung geht es also darum, das Spezifische der jeweiligen Konstellation zu erkennen und sensibel darauf zu reagieren.


Überprüfung der Leistungen von Studierenden / Integrierter Ansatz

Aus der Perspektive der Geschlechtergerechtigkeit, beinhaltet die Überprüfung der Leistungen von Studierenden in einem Studiengang im wesentlichen zwei Aspekte: Zum einen sollen die Prüfungsbedingungen gleiche Erfolgschancen für beide Geschlechter gewährleisten. Zum anderen sollte unter den Lehrpersonen eines Studienganges die gemeinsame Reflexion der Kriterien zur Bewertung von Studienleistungen gefördert werden, um genderbezogene Verzerrungen zu vermeiden.

Prüfungsbedingungen
Bezüglich der Prüfungsbedingungen ist darauf zu achten, dass das Prüfungsumfeld frei von Geschlechterstereotypen ist, denn negative Stereotypen können die Leistung der davon betroffenen Personen nachweislich beeinträchtigen (vgl. Geschlechterstereotype – Wirkung). Prüfungsfragen und –unterlagen sollten den Grundsätzen geschlechtergerechter Gestaltung entsprechen, d. h. Texte sind in geschlechtergerechter Sprache verfasst und Bilder zeigen Frauen und Männer in nicht-stereotypen Rollen. Ebenso ist darauf zu achten, dass in den Aufgaben, Problemstellungen, Fällen oder Szenarien, die den Studierenden vorgelegt werden, jedes Geschlechterstereotyp vermieden wird.

Bewertungskriterien
Um bei der Bewertung von Studienleistungen grösstmögliche Chancengleichheit zu gewährleisten, sind die Lehrpersonen eines Studienganges für die Bedeutung der Gender-Dimension in Prüfungssituationen und für allfällige genderbezogene Verzerrungen bei der Bewertung von Leistungen zu sensibilisieren (vgl. Überprüfung der Leistungen von Studierenden – impliziter Ansatz). Dies kann beispielsweise in Form einer Weiterbildung zum Thema erfolgen. Wenn die Dozierenden zudem über Prüfungsergebnisse und studentische Leistungen im Studiengang beraten, so fördert dies die Reflexion über die eigenen Bewertungskriterien und trägt zur Transparenz der Bewertung von Studienleistungen bei.



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