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B

Beteiligung der Studierenden

Es ist in der Lehr-/Lernforschung allgemein anerkannt, dass die aktive Beteiligung der Studierenden am Lerngeschehen den Lernprozess massgeblich fördert.
Hier finden Sie einige Anregungen, wie Sie Studierende in verschiedenen Veranstaltungstypen zu aktiver Mitarbeit bewegen können. Mit folgenden didaktischen Mitteln fördern Sie die Beteiligung aller Studentinnen und Studenten in Ihren Lehrveranstaltungen, unabhängig vom Geschlecht: 
  • Anknüpfen an die Erfahrung der Studierenden
  • Aktivieren des Vorwissens der Studierenden
  • Aufgaben in Kleingruppen lösen lassen (vgl. Gruppenlernen)
  • Standortbestimmungen zum Gelernten vornehmen lassen
Wie lässt sich Beteiligung fördern?
Es gibt eine Vielfalt von aktivierenden Methoden, die Sie auch in grossen Vorlesungen anwenden können. Beispielsweise können Sie den Studierenden 3 bis 5 Minuten für eine kleine Aufgabe geben (kurze Reflexion, Frage, Vergleich, Assoziation, etc.). Sie können die Studierenden auch auffordern, eine Frage zu zweit oder zu dritt zu besprechen oder sich über ihre individuellen Erfahrungen auszutauschen.
Beispiele für aktivierende Unterrichtsmethoden:
  • Brainstorming zur Sammlung von Ideen
  • Blitzlicht zum Einholen eines Feedbacks
  • Fragen zum Stoff aufschreiben und in Gruppen diskutieren lassen
  • Argumente für oder gegen einen Sachverhalt sammeln lassen
  • Über verschiedene mögliche Antworten zu einer Frage abstimmen lassen

Hier finden Sie weitere Anregungen zu aktivierenden Methoden: https://www3.unifr.ch/didactic/de/assets/public/Ressources/ABC_All/ABC_Teilnahme_der_Studierenden.pdf

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D

Diversität

Generell wird mit dem Begriff «Diversität» auf das Moment der Vielfalt verwiesen. Der Begriff hat allerdings – je nach Disziplin und Kontext – wechselnde Bezüge.

Vielfalt innerhalb der Geschlechtergruppen: Die sozialen Gruppen der Frauen und der Männer sind keineswegs homogen, sie stehen vielmehr im Zeichen der Vielfalt. Der Versuch, bezüglich bestimmter Eigenschaften oder Verhaltensweisen empirische Unterschiede zwischen den Genusgruppen zu eruieren, ist insofern problematisch, als dass dabei zwei Geschlechterkategorien vorausgesetzt und die Effekte von geschlechtsspezifischer Sozialisation und Geschlechterstereotypen gemessen werden. Tatsächlich sind die Unterschiede innerhalb der Genusgruppen grösser als die Unterschiede zwischen den Mittelwerten der beiden Gruppen.

Vielfalt durch Verknüpfung von Geschlecht mit anderen Dimensionen: In den Gender Studies ist heute allgemein anerkannt, dass Lebenslagen und Erfahrungen von Frauen und Männern nicht nur durch die Dimension Geschlecht bestimmt werden. Unter dem Stichwort «Intersektionalität» wird die Verschränkung von Gender mit anderen Dimensionen sozialer Ungleichheit – insbesondere soziale Klasse, 'Rasse', kulturelle Herkunft oder sexuelle Orientierung – in den Blick genommen und theoretisch reflektiert. 

Vielfalt durch Entgrenzung von Geschlecht: Die Kritik an der binären Verfassung der Kategorie Geschlecht hat auch die Grenzen des Geschlechts selber (und damit jene der Genusgruppen) in Frage gestellt. Mit den Positionen der LGBTI ist die Vielfalt der Geschlechter und der sexuellen Orientierungen gesellschaftlich sichtbar geworden.

Vielfalt in der Pädagogik: Im pädagogischen Kontext wird Vielfalt oft unter dem Stichwort «Heterogenität» diskutiert. Diese wird sehr breit gefasst und umfasst das ganze Spektrum von unterschiedlichen Voraussetzungen, die Schülerinnen und Schüler, bzw. Studierende in die Lehr-/Lernsituation einbringen. Darunter fallen also auch Sprachunterschiede, Unterschiede im Vorwissen und in den Vorerfahrungen, verschiedene Lernstile oder Lerntempi, Unterschiede im Interesse und in der Motivation, etc.

In der Hochschullehre gilt es also, sich die Vielfalt der Studierenden vor Augen zu halten. Eine Studentin aus einer akademischen Herkunftsfamilie bringt andere Voraussetzungen, Motivationen und Interessen in den Lernprozess ein als eine Studentin oder ein Student aus einem bildungsfernen Milieu. Ein Student aus einem Schweizer Arbeitermilieu wiederum bringt andere Voraussetzungen, Motivationen und Interessen mit als eine Studentin mit Migrationshintergrund. Wenn Sie in der Lehre die Vielfalt der Studierenden berücksichtigen, tragen Sie auch dazu bei, Geschlechterstereotype zu hinterfragen und das Bild von Frauen und Männern als homogene Gruppen aufzulösen. Zur Verbindung von Gender- und Diversity-Aspekten in der Hochschuldidaktik gibt das schmale Bändchen von Czollek & Perko (2008) eine theoretisch angeleitete und praxisbezogene Einführung.

Auf der institutionellen Ebene verlangt die Berücksichtigung der Diversität von Studierenden und Mitarbeitenden entsprechende Strategien des Diversity Management.

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Diversity Management

Immer häufiger entwickeln Organisationen der Arbeitswelt – Bildungsinstitutionen, Unternehmen, u.a. – spezifische Diversity-Strategien im Umgang mit der Vielfalt ihrer Mitarbeitenden oder Studierenden. Diversity Management zielt zum einen auf die Anerkennung von Differenzen – der Herkunft, der Erfahrung, des Alters, etc. – unter den Mitarbeitenden oder Studierenden ab und nicht zuletzt auch auf die Nutzung dieses Potentials. Gerade in Unternehmen, aber auch in der Forschung, wird der Mehrwert hervorgehoben, der sich durch die Vielfalt von Erfahrungen und Perspektiven in einer Organisation oder in einem Team ergibt.
Zum anderen ist Diversity Management auf die Chancengleichheit von Studierenden oder Mitarbeitenden ausgerichtet und kämpft gegen jede Art von Diskriminierung in der Organisation. Neben der Dimension Geschlecht werden dabei weitere Dimensionen sozialer Ungleichheit in den Blick genommen und bearbeitet, insbesondere soziale und kulturelle Herkunft, sexuelle Orientierung, Behinderung oder Alter. Das Ziel von Diversity Management ist also, Personen vor Benachteiligung und Diskriminierung aufgrund dieser Unterscheidungsmerkmale zu schützen und Chancengleichheit, bzw. Gleichstellung zu gewährleisten.
In den letzten Jahren haben die Schweizer Hochschulen ihre Politik zur Gleichstellung der Geschlechter um Strategien des Diversity Management erweitert.

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Doing gender

Wie geht nun die Produktion von Geschlechterungleichheiten im Alltag vonstatten? Das Konzept des «Doing gender» hat sich in diesem Zusammenhang als hilfreich erwiesen. Es bezeichnet das (unbewusste) Herstellen von Geschlecht in alltäglichen Handlungen und Interaktionen. In alltäglichen Interaktionen ordnen wir Personen, mit denen wir zu tun haben, unentwegt und ohne daran zu denken jeweils einer von zwei Geschlechterkategorien zu; gleichzeitig stellen wir unsere eigene Geschlechterkategorie als Frau oder Mann dar, was im Normalfall von unserem Gegenüber auch so wahrgenommen und bestätigt wird. Wie selbstverständlich dieser Mechanismus ist, zeigt sich an der Irritation, die ausgelöst wird, wenn diese Zuordnung nicht eindeutig vorgenommen werden kann, zum Beispiel wenn die äussere Erscheinung einer Person mit ihrer Stimmlage nicht übereinstimmt.
Dieses Prinzip bipolarer Kategorisierung ist Teil des Gender-Systems und bleibt in unserer Alltagspraxis in den meisten Fällen unbewusst. Diese Kategorisierung reduziert massgeblich die Komplexität der uns umgebenden Realität. Allerdings ist die Einteilung in die Kategorie «Mann» oder «Frau» folgenschwer, denn sie ist in der Regel mit der Zuordnung von sozialem Status und von spezifischen Erwartungen im Hinblick auf die angemessenen Eigenschaften und Verhaltensweisen der Individuen verbunden. Dies verweist auf die Bedeutung von Geschlechterstereotypen.

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E

Expliziter Ansatz

Sie haben grundsätzlich zwei Handlungsoptionen, wenn Sie Ihre Lehre geschlechtergerecht gestalten wollen, den impliziten und den expliziten Ansatz (vgl. Dehler & Gilbert 2010). 
Mit dem expliziten Ansatz verfolgen Sie das Ziel, die Studierenden ausdrücklich mit den verschiedenen Facetten von Gender in ihrem Fachbereich vertraut zu machen. Der Erwerb von Genderkompetenz durch die Studierenden ist in Ihrer Veranstaltung oder im Curriculum als Lernziel deklariert. Der explizite Ansatz erfordert ein für alle gleichermassen förderliches Lernumfeld (vgl. impliziter Ansatz), er geht aber noch einen wesentlichen Schritt weiter.
Wenn Sie sich für den expliziten Ansatz entscheiden, beinhaltet dies folgende Aspekte:

  • Sie integrieren auf Gender bezogene Fragestellungen und Inhalte in Ihre Lehre und sensibilisieren damit die Studierenden für soziale Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern in Ihrem Fachbereich.
  • Wenn Sie Genderfragen mit Ihren Studierenden zum Thema machen, wirken Sie darauf hin, deren Geschlechterstereotype zu hinterfragen und der Auseinandersetzung zugänglich zu machen, um sie aufzuweichen und aufzulösen.
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F

Fachinhalte – Integration der Genderdimension

Hier finden Sie Beispiele für Fragen, mit denen Sie Ihre Studierenden für die Geschlechterdimension in verschiedenen Disziplinen sensibilisieren können:

  • An welchen Personen wird ein neues Medikament getestet? Welche Auswirkungen hat dies für Frauen, Männer, Kinder?
  • Welche Gruppen profitieren von der Entwicklung der Forschung in einem bestimmten Bereich? Wer hat Zugang zu den Behandlungen oder Ergebnissen?
  • Positionieren sich Männer und Frauen in Bezug auf die Theorie des Monetarismus, die Hegelsche Dialektik oder die Theorie des Sozialkonstruktivismus unterschiedlich?
  • Wie wirkt sich die Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern auf deren Karriereentscheidungen aus?
  • Wurde die neue technische Ausrüstung mit Nutzern und Nutzerinnen entwickelt und getestet?
  • Welche Auswirkungen hat das Arbeitszeitgesetz auf die Lebensrealität von Frauen und Männern?
Hier finden Sie weiterführende Ressourcen.

Fachinhalte – Weiterführende Ressourcen

Um sich mit den Inhalten der Geschlechterforschung vertraut zu machen:
In deutscher Sprache gibt das «Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung» einen sehr guten Überblick über theoretische Ansätze und Debatten der Geschlechterforschung wie auch über den Forschungsstand zu einzelnen thematischen Feldern (Becker & Kortendiek 2010). Das kürzlich erschienene «Handbuch Interdisziplinäre Geschlechterforschung» bietet einen umfangreichen Überblick über die Debatten und den aktuellen Stand der Geschlechterforschung und beleuchtet insbesondere auch disziplinspezifische und internationale Entwicklungen (Kortendiek et al. 2019).

In französischer Sprache bieten die von Margaret Maruani herausgegebenen Sammelbände eine Bestandesaufnahme zu Geschlechterfragen in den Sozialwissenschaften (Maruani 2005) sowie eine globale Perspektive auf das Thema Geschlecht und Arbeit (Maruani 2013). Für die Politikwissenschaften stellt das « Dictionnaire. Genre et science politique » von Achin & Bereni (2013) ein umfangreiches Nachschlagewerk dar. Die von Rennes (2016) herausgegebene « Encyclopédie critique du genre » behandelt eine Vielzahl von Themen aus dem Blickwinkel von Körper und Sexualitäten. Schliesslich geben Chabaud-Rychter & Gardey (2002) eine Einführung in das weite Feld der Forschung zu Technik und Geschlecht.

Um die Gender-Dimension in die Lehre einzelner Fächer zu integrieren:
Im Handbuch von Kergel & Heidkamp (2019) finden sich fachspezifische Beiträge zur Reflexion von Gender und Diversity in der Praxis der Hochschullehre. Im Handbuch von Kampshoff & Wiepke (2012) werden Perspektiven der Geschlechterforschung in die Fachdidaktiken einzelner Schulfächer eingebracht. Bath et al. (2017) entwickeln Vorschläge für die Integration von Gender in die Lehre der Ingenieurwissenschaften und stellen konkrete Projekte vor. 

Um die Gender-Dimension in die Studiengänge zu integrieren:
Auf der Website vom «Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW» finden Sie Vorschläge zur Integration von Genderaspekten in die Curricula von über 50 Studienfächern:
http://www.gender-curricula.com/
Im parallel dazu publizierten Handbuch, das auch online verfügbar ist, werden die Prinzipien der Integration von Gender in Bachelor und Master Studiengänge dargelegt und die konkreten Vorschläge für die einzelnen Studienfächer aufgegriffen (cf. Hilgemann, Kortendiek & Knauf 2012).

Um die Gender-Dimension in Naturwissenschaft, Technik und Medizin zu integrieren:
Im Rahmen des internationalen Projektes «Gendered innovations», einer Zusammenarbeit der Universität Stanford und der Europäischen Kommission, wurden Fallstudien entwickelt, die anhand konkreter Beispiele darlegen, wie die Genderdimension in naturwissenschaftliche, technische oder medizinische Forschung integriert werden kann:
http://genderedinnovations.stanford.edu/
Diese Fallstudien eignen sich besonders gut für die Arbeit mit Studierenden. Sie sind zudem in einer Publikation verfügbar, die heruntergeladen werden kann (vgl. European Commission 2013).
Zur Integration von Gender in die Ingenieurwissenschaften und die Informatik, sei nochmals auf das Handbuch von Bath et al. (2017) hingewiesen, sowie auf Schwarze et al. (2008) und auf den Sammelband von Chabaud-Rychter & Gardey (2002).

Insbesondere für Studiengänge der Medizin und der Pflege:
Zur Integration von Gender als Querschnittsthema im Medizinstudium, vgl. die Studie von Verdonk (2007). Für die Schweiz diskutiert die Studie von Fussinger (2011) die Integration von Gender in die medizinische Ausbildung. Zur Integration von Gender in die Studiengänge der Pflege, vgl. beispielsweise Brennan et al. (2012).
Folgende kanadische Website bietet Online-Module an:  http://genderandhealth.ca

Insbesondere für Fachhochschulstudiengänge:
An der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW wurden mehrere Projekte zur Integration von Genderaspekten in Fachhochschulstudiengänge durchgeführt, insbesondere auch in technische Studiengänge (Weiss Sampietro & Ramsauer 2008 ; Weiss Sampietro et al. 2010).

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Fachkultur

Der Begriff Fachkultur bezeichnet die in einem Fach selbstverständlich geltenden Normen, Standards und Codes, die sich im Laufe der Geschichte des Faches etabliert haben und die der Praxis der Mitglieder der Fachgemeinschaft zugrunde liegen. Die Codes der Fachkultur beziehen sich sowohl auf inhaltliche und methodische Aspekte des Faches als auch auf die kommunikativen Praktiken im Fach. Mit dem Erlernen und Inkorporieren der verschiedenen Aspekte der Fachkultur durch die Studierenden wird deren fachliche Identität aufgebaut.
Tatsächlich lernen die Studierenden während der Sozialisation in ein Studienfach nicht nur dessen Inhalte, Theorien, Methoden und Forschungsergebnisse kennen, sondern sie verinnerlichen auch die fachspezifischen Normen, Werte und Verhaltensweisen. Dies erfolgt meist nicht explizit, sondern gleichsam nebenbei im Kontakt mit Fachvertretern und Fachvertreterinnen, sowie über die fachlichen Anforderungen und informellen sozialen Erwartungen, die den Studierenden vermittelt werden.
Die historisch gewachsenen Fachkulturen sind in Bezug auf Geschlecht meist nicht neutral. Vielmehr können geschlechtsspezifische Aspekte in der Praxis und im Selbstverständnis der einzelnen Fachgemeinschaften eingelagert sein. Sie verweisen implizit auf Aspekte von Praxis und Identität, die männlich oder weiblich konnotiert sind, und könnnen daher gegenüber dem jeweils anderen Geschlecht ausschliessende Effekte entfalten.

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G

Gender

Das Konzept
«Gender» bezeichnet ein theoretisches Konzept, das die gesellschaftlichen Verhältnisse zwischen Frauen und Männern zum Gegenstand hat. Die Gender Studies haben gezeigt, dass Geschlecht als soziale und kulturelle Konstruktion begriffen werden muss. Der konstruierte Charakter von Geschlecht wird offensichtlich, wenn wir uns vergegenwärtigen, wie sehr sich die Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit sowie die sozialen Rollen, die Frauen und Männern zugewiesen werden, nach Kultur unterscheiden – es gibt auch Kulturen, die mehr als zwei Geschlechter kennen. Die historische Forschung zeigt zudem, dass sich die Vorstellungen von Geschlecht auch in der westlichen Kultur im Lauf der Zeit stark gewandelt haben und laufend Veränderungen unterworfen sind.
Es gibt also keine feste Definition des «Männlichen» oder des «Weiblichen». Über die binäre Zuordnung zu zwei sich gegenseitig ausschliessenden, komplementären biologischen Kategorien («männlich» oder «weiblich»), kommen uns die Geschlechterkategorien dennoch als quasi natürlich entgegen. Dies ist Teil der Funktionsweise von Geschlecht. Tatsächlich sind es aber gesellschaftliche Differenzierungs- und Hierarchisierungsprozesse, die den Individuen ihren sozialen Platz entlang der Geschlechterkategorien zuweisen. Diese gesellschaftlichen Prozesse zu analysieren und zu hinterfragen ist Gegenstand der Gender Studies.
Die Gender Studies nehmen aber auch Differenzierungen innerhalb der Geschlechterkategorien in den Blick, z. B. bei der Analyse verschiedener Formen von Männlichkeit. Das verweist zunächst auf die Vielfalt innerhalb der Genusgruppen. Tatsächlich bilden weder Frauen noch Männer eine homogene Gruppe. Vielmehr ist die Geschlechterdimension mit anderen Achsen der Ungleichheit verwoben, wie soziale Klasse, 'Rasse', kulturelle Herkunft, Alter oder sexuelle Orientierung. Das Konzept der Intersektionalität analysiert die Verschränkung von Gender mit anderen Dimensionen sozialer Ungleichheit.

Darüber hinaus wird das System der binären Kategorisierung selber unter die Lupe genommen. Tatsächlich ist die Zuordnung eines Menschen zu einer von zwei biologischen Geschlechterkategorien keineswegs immer eindeutig. Die entsprechenden medizinischen Praxen zeigen vielmehr, dass auch das biologische Geschlecht als Gegenstand eines sozialen Konstruktionsprozesses zu verstehen ist. Schliesslich ist die binäre Geschlechterkategorisierung eng mit der Norm der Heterosexualität verbunden. Im Anschluss an die «Gay and Lesbian Studies» wird im Rahmen der «Queer-Theory» die Vielfalt von sexuellen Orientierungen und Geschlechterpositionen thematisiert, die das binäre System von Geschlecht in Frage stellen. Das angelsächsische Kürzel LGBTI verweist auf diese vielfältigen Positionen zu Geschlecht und Sexualität, die in westlichen Gesellschaften heute zur sozialen Realität gehören. Eine ausführliche Einführung in das Gender-Konzept findet sich bei Wetterer (2010) sowie bei Hark (2010).

Drei Ansatzpunkte
Die theoretischen Ansätze im Bereich der Gender Studies sind vielfältig und können hier nicht im Einzelnen behandelt werden. Trotzdem lassen sich in Bezug auf die Analyse von Gender grob drei Ansatzpunkte unterscheiden. Der erste Ansatzpunkt bezieht sich auf die symbolische Ordnung von Gesellschaften, also auf die Bedeutung, die dem «Weiblichen» und dem «Männlichen» in den kulturellen Vorstellungen und in den Wissensbeständen einer Gesellschaft zukommt. Der zweite Ansatzpunkt greift die ökonomischen und sozialen Verhältnisse zwischen Frauen und Männern in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen auf und interessiert sich für deren Struktur. Der dritte Ansatzpunkt schliesslich richtet den Blick auf die Interaktionen zwischen Männern und Frauen im Alltag und interessiert sich für die Mechanismen der Reproduktion von Ungleichheit. Zwischen diesen drei Analyse-Ebenen bestehen selbstverständlich wechselseitige Bezüge. 
In Bezug auf die Analyse von Ungleichheit zwischen den Geschlechtern an Hochschulen sind insbesondere folgende Konzepte von Bedeutung: Das Konzept der horizontalen Segregation bezeichnet die ungleiche Verteilung von Frauen und Männern auf die unterschiedlichen Studien- und Berufsbereiche. Dagegen wird die ungleiche Verteilung von Männern und Frauen auf den verschiedenen Hierarchiestufen von Organisationen in der Arbeitswelt mit dem Begriff der vertikalen Segregation beschrieben. Mit diesen beiden Konzepten lässt sich die Struktur von Ungleichheitsverhältnissen zwischen den Geschlechtern in Ausbildung und Beruf untersuchen. In einer mikrosoziologischen Perspektive hat sich zudem das Konzept des «Doing gender» durchgesetzt. Damit lassen sich die Mechanismen der Geschlechterkonstruktion in alltäglichen Interaktionen analysieren, die zur Reproduktion der ungleichen Positionierung von Männern und Frauen in Organisationen beitragen. 

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Gender-Kompetenz

Die geschlechtergerechte Gestaltung der Hochschullehre erfordert von den Dozierenden, die eigene Gender-Kompetenz zu entwickeln. Hier eine Definition: «Gender-Kompetenz umfasst Wissen über Geschlechterverhältnisse und deren Ursachen sowie die Fähigkeit, dieses Wissen im alltäglichen Handeln anzuwenden und auf individueller Ebene zu reflektieren.» (Rosenkranz-Fallegger 2009:44)

Rosenkranz-Fallegger (2009) unterscheidet folgende vier Dimensionen von Gender-Kompetenz:
  1. Fachkompetenz
  2. Methodenkompetenz
  3. Sozialkompetenz
  4. Selbstkompetenz
1. Fachkompetenz: Sie umfasst das Wissen über historische, politische, kulturelle, ökonomische, rechtliche und soziale Aspekte der Geschlechterverhältnisse. Es beinhaltet also das theoretische und methodische Wissen, das im Rahmen der Gender Studies erarbeitet worden ist. Ihre genderbezogene Fachkompetenz als Lehrperson bezieht sich auf einige grundlegende Konzepte der Gender Studies (vgl. Gender), sowie auf jene Wissensbestände, die sich speziell auf Ihr Fachgebiet beziehen (vgl. dazu die Dimension «Fachinhalte» in der Selbstevaluation). 
2. Methodenkompetenz: Sie beinhaltet die Fähigkeit, Gender-Wissen in unterschiedliche Kontexte zu übersetzen. Für Sie als Lehrperson geht es um die Fähigkeit, Gender-Wissen in die Lehrinhalte Ihres Faches (vgl. Dimension «Fachinhalte») und in die methodische Gestaltung Ihrer Lehre (vgl. Dimension «Lehr-/Lernmethoden») zu übersetzen. Diese Umsetzung muss fach- und kontextspezifisch erfolgen.
3. Sozialkompetenz: Sie bezeichnet die Fähigkeit zur geschlechtersensiblen Gestaltung von beruflichen Beziehungen: die Fähigkeit, Diskriminierungen anzusprechen und zu transformieren, wie auch die Fähigkeit zum Umgang mit sozialen Rollen in Gruppen. Für Sie als Lehrperson ist damit die Kommunikation mit Ihren Studierenden angesprochen (vgl. Dimension «Kommunikation durch die Lehrperson») wie auch die Interaktionen unter Studierenden in Ihren Lehrveranstaltungen (vgl. Dimension «Interaktionen in der Lehre»).
4. Selbstkompetenz: Sie umfasst die Fähigkeit zur Selbstreflexion in Bezug auf die eigene Geschlechteridentität und auf eigene geschlechterbezogene Denk- und Handlungsmuster. Dies setzt eine persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema und eine gewisse Lernfähigkeit voraus. Damit ist Ihr Selbstverständnis als Dozentin oder Dozent angesprochen (vgl. Dimension «Selbstverständnis als Lehrperson»). 

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Generisches Maskulinum

Die Verwendung der männlichen grammatikalischen Form, um sich auf Personen sowohl männlichen wie auch weiblichen Geschlechts zu beziehen, wird als generisches Maskulinum bezeichnet. Hier einige Beispiele: 

  • die Bürger dieses Landes (für Bürgerinnen und Bürger)
  • der Wähler (für Wähler und Wählerinnen)
  • die Professoren der Universität (für Professorinnen und Professoren)
  • der Minister (für eine Ministerin)
Im Fall des generischen Maskulinums abstrahieren die maskulinen Personenbezeichnungen in Substantiven und Pronomina vom konkreten Geschlecht der bezeichneten Personen. Seit Ende der 1970er Jahre wurde die generische Verwendung des Maskulinums von der feministischen Linguistik kritisiert. Heute wird der Gebrauch einer geschlechtergerechten Sprache von den meisten Institutionen im Bereich von Kultur und Bildung gefördert.

Geschlechtergerechte Lehre

Der Begriff der «geschlechtergerechten Lehre» hat sich in den letzten Jahren im Zuge der Umsetzung der Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern in Institutionen des Bildungsbereiches durchgesetzt. Geschlechtergerechtigkeit in der Gestaltung der Lehre zielt darauf ab, allen Lernenden – unabhängig von ihrem Geschlecht – eine erfolgreiche Beteiligung am Lernprozess zu ermöglichen und gleiche Chancen im Erwerb von Bildungsqualifikationen zu gewährleisten. In Bezug auf die Studien- und Berufswahl (vgl. horizontale Segregation) wie auch in Bezug auf Karriere- und Aufstiegschancen (vgl. vertikale Segregation) bestehen im höheren Bildungsbereich nach wie vor Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen. 
Geschlechtergerechtigkeit in der Lehre zielt einerseits darauf ab, die gleiche Behandlung von Frauen und Männern in Lehr-/Lernprozessen zu gewährleisten. Auch wenn Lehrpersonen in aller Regel niemanden offen diskriminieren wollen, können in Bezug auf verschiedene Aspekte der Lehre Geschlechterstereotype wirksam sein und zu Benachteiligungen im Lernprozess führen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn in den Lehrunterlagen Männer und Frauen in stereotypen Geschlechterrollen gezeigt werden oder wenn Geschlechteraspekte in den Fachinhalten nicht angemessen berücksichtigt werden. Dieses Selbstevaluations-Tool kann Sie für die Bedeutung von Geschlecht in Bezug auf verschiedene Aspekte Ihrer Lehre sensibilisieren.
Geschlechtergerechtigkeit bedeutet für Lehrpersonen anderseits auch, allfällige sozialisationsbedingte Unterschiede zwischen Studentinnen und Studenten angemessen zu berücksichtigen. Ein Beispiel: Bei gleicher Kompetenz schätzen Männer ihre eigenen Kompetenzen tendenziell höher ein als Frauen, was sich im zur Schau gestellten Selbstbewusstsein in einer mündlichen Prüfung äussern kann. In diesem Falle sollten geschlechtsspezifische Unterschiede in den Verhaltensweisen berücksichtigt und Evaluationskriterien zum Vorteil der einen oder der anderen vermieden werden. Dies erfordert von der Lehrperson die Fähigkeit zur geschlechtersensiblen Reflexion der eigenen Kriterien. Auch diesbezüglich kann Ihnen dieses Tool helfen. 
Die geschlechtergerechte Gestaltung der Lehre bewegt sich also in einem Spannungsfeld zwischen der Gleichbehandlung von Männern und Frauen und der Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen Voraussetzungen (vgl. dazu Dehler & Gilbert 2010).

» Literatur


Geschlechtergerechte Sprache – Definition

Geschlechtergerechte Sprache ist eine Sprache, die Frauen und Männer gleichermassen sichtbar macht und gleichermassen anspricht. Das generische Maskulinum erhebt den Anspruch, vom konkreten Geschlecht zu abstrahieren und beide Geschlechter zu repräsentieren. Verschiedene Studien konnten aber zeigen, dass das generische Maskulinum bei Probandinnen und Probanden tatsächlich weniger Vorstellungen von weiblichen Personen hervorruft als geschlechtergerechte Formen (Gygax et al. 2008, Heise 2000, Stahlberg & Sczesny 2001). 
Zudem konnte die französische Studie von Chatard et al. (2005) zur Feminisierung von Berufsbezeichnungen zeigen, dass Schülerinnen und Schüler mehr Vertrauen in ihre Fähigkeit haben, in einem Beruf erfolgreich zu sein, wenn ihnen der Beruf in der weiblichen und männlichen Form präsentiert wird als wenn dies nur in der männlichen Form erfolgt. 
Zum Test, welche Bilder Sprache evoziert, lohnt sich gelegentlich die «Umkehrprobe». Ein Beispiel: Die Konferenz der Schweizer Rektorinnen sprach sich dafür aus, den Professorinnen mehr Ressourcen für die Betreuung von Doktorandinnen zukommen zu lassen.

» Geschlechtergerechte Sprache – Regeln
» Geschlechtergerechte Sprache – Ressourcen
» Geschlechtergerechte Sprache – Englisch

» Literatur


Geschlechtergerechte Sprache – Einstieg

Tatsächlich hat sich gezeigt, dass der Gebrauch des generischen Maskulinums – trotz gegenteiliger Intention – nicht als neutral wahrgenommen wird, sondern bei den Beteiligten mehr Vorstellungen von männlichen Personen hervorruft (Gygax et al. 2008, Heise 2000, Stahlberg & Sczesny 2001). 
Mit folgendem Experiment können Sie dies in Ihrer Lehrveranstaltung testen und für Ihre Studierenden anschaulich machen: Verwenden Sie in einer Unterrichtssequenz durchgehend die männlichen Sprachformen, verwenden Sie sodann in der nächsten Unterrichtssequenz durchgehend geschlechtergerechte Sprachformen oder sogar durchgehend weibliche Sprachformen. 
Beobachten Sie gleichzeitig den Sprachgebrauch der Studentinnen und Studenten und diskutieren Sie die Erfahrungen anschliessend im Plenum mit Ihren Studierenden. 

» Literatur


Geschlechtergerechte Sprache – Englisch

Möglicherweise halten Sie auch Lehrveranstaltungen in englischer Sprache ab. Das Problem der Geschlechtergerechtigkeit von Sprache stellt sich im Englischen ebenfalls. Die Substantive kennen zwar kein grammatikalisches Geschlecht, doch mit dem nachfolgenden Personalpronomen verweisen Sie ebenfalls auf das eine oder das andere Geschlecht. Dazu ein Beispiel: The director was invited to present the new project. She was accompanied by her assistant.

Empfehlungen für einen geschlechtergerechten Sprachgebrauch im Englischen:
  • verwenden Sie beide Pronomina: the director – he or she will present the project.
  • verwenden Sie das Plural: the students – they enjoy participatory methods.
Zudem ist der Gebrauch von «man» häufig problematisch. Hier einige Beispiele für mögliche Alternativen:
  • chairperson (anstatt «chairman»)
  • humankind oder humanity (anstatt «mankind»)
  • staff oder work force (anstatt «manpower»)
Um die Vielfalt von Geschlecht (vgl. LGBTI - Queere Identitäten) auch in der Sprache auszudrücken, hat sich im Englischen das Pronomen they als drittes Pronomen im Singular neben he oder she durchgesetzt :
  • Sonia is a doctoral student. They have joined the department recently.
  • Dr Muller completed their PhD at Oxford University.
Mehr Beispiele und weiterführende Informationen finden Sie auf der Seite «Gender-inclusive language» der Vereinten Nationen: https://www.un.org/en/gender-inclusive-language/guidelines.shtml
Auf der Seite des amerikanischen Verbandes «National Council of Teachers of English» finden Sie ein Positionspapier «Statement on Gender and Language», das besonderen Wert auf die Non-Binarität von Geschlecht legt: https://ncte.org/statement/genderfairuseoflang/


Geschlechtergerechte Sprache – Regeln

Hier zum Einstieg die wichtigsten Regeln der geschlechtergerechten Sprache:
  • Verwenden Sie beide Formen, wenn Frauen und Männer gemeint sind oder wenn Sie Frauen und Männer ansprechen: Ingenieurinnen und Ingenieure / Expertinnen und Experten / Vater oder Mutter
  • Verwenden Sie Pluralformen und neutrale Formen: Dozierende / Führungskräfte / Lehrpersonen
  • Formulieren Sie kreativ um: Bei Nichtbestehen der Prüfung (anstatt: Wenn der Student die Prüfung nicht besteht)
  • Vermeiden Sie sprachliche Klischees (z. B. das starke Geschlecht)
  • Überprüfen Sie immer wieder, ob sich Ihre Aussagen an Frauen und Männer wenden.

In der schriftlichen Form sind neben der Nennung beider Formen auch folgende Kurzformen gebräuchlich:
  • das Splitting: der/die Mitarbeiter/in, ein/e Angestellte/r, die Expert/inn/en
  • das grosse Binnen-I: der/die AutorIn, die StudentInnen

Schliesslich werden auch Schreibformen eingesetzt, um die Vielfalt der Geschlechter zwischen den Kategorien «Frau» und «Mann» sichtbar zu machen (vgl. LGBTI - Queere Identitäten):
  • der Gender-Gap: Student_innen, Expert_innen
  • das Gender-Sternchen: Student*innen, Ingenieur*innen
Hier finden Sie weiterführende Ressourcen zu den Hintergründen und zum Gebrauch einer geschlechtergerechten Sprache.



Geschlechtergerechte Sprache – Ressourcen

Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von Leitfäden zur geschlechtergerechten Sprache. Verschiedene Institutionen unterhalten auch Webpages zum Thema. Hier finden Sie einige weiterführende Angaben:

Die Universität Bern bietet auf ihrer Webseite die Broschüre «Geschlechtergerechte Sprache» in einer ausführlichen sowie in einer Kurzversion an: https://www.unibe.ch/universitaet/portraet/selbstverstaendnis/gleichstellung/schwerpunkte/sprache/index_ger.html

Die Pädagogische Hochschule Bern unterhält eine Webpage mit Diskussionen und Materialien rund um geschlechtergerechte Sprache: https://www.phbern.ch/sprachtaten/sprachtaten-hin-zur-geschlechtergerechten-sprache.html

Die Stelle für Chancengleichheit der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich präsentiert auf ihrer Webseite eine Kurzversion von 12 Regeln zur geschlechtergerechten Sprache: https://ethz.ch/services/de/anstellung-und-arbeit/arbeitsumfeld/chancengleichheit/beratung-und-information/sprachliche-gleichbehandlung.html

Die Universität zu Köln hat einen «Leitfaden für eine geschlechtersensible und inklusive Sprache» entwickelt, den Sie hier herunterladen können: https://gedim.uni-koeln.de/sites/genderqm/user_upload/Leitfaden_geschlechtersensible_Sprache_5.Auflage_2017.pdf



Geschlechterstereotype – Analyse der Bildsprache

Die Analyse der Bildsprache in der visuellen Kommunikation eignet sich besonders gut, um Ihre Studierenden für allfällige Geschlechterstereotype zu sensibilisieren. Dazu finden Sie hier einige Anregungen.

Wählen Sie Bildmaterialien aus Ihrem Fachbereich, zum Beispiel die Website Ihres Fachbereichs, die Informationsbroschüre für künftige Studierende Ihres Studiengangs oder die Website eines für Ihr Lehrgebiet relevanten Unternehmens.
Für die Analyse der Bildsprache der ausgewählten Materialien kann der folgende Fragenkatalog Ihren Studierenden als Instrument dienen:

  1. Fühlen Sie sich persönlich vom Bild angesprochen? Was ist Ihr erster Eindruck beim Betrachten des Bildes?
  2. Welche Personen sind im Bild dargestellt? (Geschlecht, Alter, Herkunft der einzelnen Person)
  3. Welche Art von Kleidung oder Accessoires tragen die einzelnen Personen? Was ist die Symbolik dieser Kleider oder Accessoires?
  4. Bei welcher Tätigkeit sind die einzelnen Personen dargestellt?
  5. In welchem Verhältnis stehen die Personen zueinander?
  6. Was sagt uns das Bild über die einzelnen Personen, ihren Beruf, ihren Status?
  7. Welchen Platz nehmen männliche und weibliche Personen im Bild und im Dokument insgesamt ein?
  8. Welche Objekte sind im Bild dargestellt? Was symbolisieren sie? 
  9. Interagieren die Personen mit anderen Bildelementen, mit dem Beobachter oder der Beobachterin der Szene?
  10. Was ist die implizite Botschaft des Bildes in Bezug auf die Genderdimension? Gibt es in Ihrer Gruppe unterschiedliche Einschätzungen dazu?
  11. Was wären Kriterien für eine geschlechtergerechte visuelle Kommunikation?
Bei der Auswertung der Ergebnisse dieser Analysen kann auch die unterschiedliche Wirkung der Bildsprache auf männliche und weibliche Studierende zur Sprache kommen. Dazu können Sie die Bildung von geschlechtergetrennten Gruppen veranlassen (vgl.  Interaktionen in der Lehre – expliziter Ansatz). Anschliessend werden die Wahrnehmungen und Interpretationen der einen und der anderen im Plenum dargestellt und vergleichend diskutiert.

Geschlechterstereotype – Definition

Geschlechterstereotype sind typisierende kulturelle Vorstellungen über Männer und Frauen. Sie unterstellen, dass die Gruppe der Frauen und die Gruppe der Männer jeweils in sich homogen sind, was nachweislich nicht der Fall ist. Geschlechterstereotype beinhalten:

  • deskriptive Anteile: Annahmen über die typischen Eigenschaften von Männern und Frauen;
  • präskriptive Anteile: Annahmen darüber, wie sich Frauen und Männer zu verhalten haben.
Meistens ist Stereotypisierung mit Hierarchisierung verbunden. Diese beinhaltet im Falle der Geschlechterstereotype eine Aufwertung des Männlichen und eine Abwertung des Weiblichen. 
Gängige Inhalte von Stereotypen sind beispielsweise die Beziehungsorientierung, die Frauen zugeordnet wird, und die Sachorientierung, die Männern zugeordnet wird. In unserer Kultur hoch bewertete Funktionen, wie Sachkompetenz und Expertise, sind entsprechend männlich codiert.

» Geschlechterstereotype – Wirkung
» Geschlechterstereotype – Analyse der Bildsprache

» Literatur

Geschlechterstereotype – Wirkung

Im Alltag machen sich Stereotype oft unmerklich am wahrgenommenen Geschlecht einer Person fest. Damit sind jeweils spezifische Erwartungen über das Verhalten der Person verbunden. Geschlechterstereotype beeinflussen unsere Wahrnehmung einer Person, unser Urteil über sie und die Bewertung ihrer Leistungen. 
Dazu zwei Beispiele: In ihrer berühmt gewordenen Studie konnten Wenneras & Wold (1997) für die biomedizinische Forschung in Schweden aufzeigen, dass Forschungsgesuche von Frauen systematisch schlechter beurteilt wurden als jene von Männern. Auch in einer kürzlich erschienenen nationalen Studie unter Professorinnen und Professoren naturwissenschaftlicher Fakultäten in den USA konnten Moss-Racusin et al. (2012) zeigen, dass dasselbe Bewerbungsdossier für eine Stelle als Laborleitung unterschiedlich bewertet wurde, je nachdem ob es mit einem männlichen oder einem weiblichen Namen versehen war. Dieser Gender-Bias wirkte sich negativ auf die Bewertung der Kompetenz der Kandidatin aus, auf die Bereitschaft, sie einzustellen, auf das Lohnangebot wie auch auf die Bereitschaft, die Kandidatin in ihrer Karriere zu unterstützen.

Geschlechterstereotype haben zudem einen Einfluss auf den Verlauf von Interaktionen zwischen Personen. Die (unausgesprochenen) Erwartungen erzeugen beim Gegenüber unbewusst einen Druck, dem Stereotyp zu entsprechen (behavioraler Erwartungseffekt). 
Auch dazu zwei Beispiele aus der Forschung: In einer Studie zu geschlechtsspezifischen Leistungsunterschieden im Fach Mathematik konnten Eccles & Jacobs (1986) zeigen, dass den unterschiedlichen Erwartungen der Eltern gegenüber Jungen und Mädchen für die Erklärung ihrer Leistungsunterschiede die grösste Bedeutung zukam. Ferner konnten Smith & White (2002) in einer experimentellen Anordnung zeigen, dass sich (explizite oder implizite) stereotype Erwartungen gegenüber einer sozialen Gruppe im Lern- oder Prüfungsumfeld negativ auf die Leistung dieser Gruppe auswirkte. Dieser Effekt konnte sowohl für das Geschlecht wie auch für die ethnische Zugehörigkeit nachgewiesen werden. 

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Gruppenlernen

Gruppenarbeiten und kollaborative Lernaktivitäten werden in der Hochschullehre immer häufiger eingesetzt. Die aktive Beteiligung und der Austausch in der Gruppe fördern nicht nur das Lernen. Die Studierenden erwerben dabei auch soziale Kompetenzen im Hinblick auf die Arbeit in Teams. 
In Gruppen können sich allerdings schnell geschlechterstereotype Muster der Arbeits- und Rollenteilung etablieren und verhindern, dass weibliche und männliche Studierende ein breites Spektrum von Kompetenzen entwickeln. Wie erreichen Sie, dass in Gruppenarbeiten alle Beteiligten abwechselnd verschiedene Rollen und Funktionen wahrnehmen? 

Interventionsmöglichkeiten – impliziter Ansatz
Wenn Sie Gender als Thema nicht explizit aufgreifen wollen, haben Sie folgende implizite Interventionsmöglichkeiten:

  • Definieren Sie zu Beginn der Veranstaltung mit den Studierenden Regeln des Miteinanders.
  • Bei Gruppenarbeiten in wechselnder Zusammensetzung, lassen Sie das Los entscheiden.
  • Wenn Gruppen über verschiedene Arbeitssequenzen in derselben Zusammensetzung arbeiten, machen Sie die Vorgabe, dass die Rollen rotieren sollen.
  • Definieren Sie den Erwerb von sozialen Kompetenzen für den beruflichen Alltag explizit als ein Lernziel.
Interventionsmöglichkeiten – expliziter Ansatz
Wenn Sie mit Ihren Studierenden die Geschlechterdimension, die sich in Bezug auf Arbeits- und Rollenteilung in Arbeitsgruppen stellt, explizit angehen wollen, können Sie entsprechend Ihren Lehrzielen die Gruppenkomposition nach Geschlecht variieren. Tatsächlich kann sich in einer geschlechtshomogenen Gruppe die Arbeits- und Rollenteilung nicht nach einer stereotypen Logik wiederholen. Das erleichtert die Diversifizierung der Rollen und erlaubt allen, ein breites Spektrum von Kompetenzen zu entwickeln. 
Eine solche Intervention muss allerdings explizit eingeführt und reflektiert werden. Die Studierenden werden wissen wollen, warum sie geschlechtshomogene Gruppen bilden sollen. Sie können Ihnen vorschlagen, die Settings zu variieren, und ihnen dazu den Auftrag geben, die Interaktionen, die Arbeitsteilung und ihre Lernerfahrungen in den unterschiedlichen Arbeitskontexten zu beobachten. Diese Beobachtungen können später zusammengetragen und diskutiert werden. 
Sie können auch auf die kontroverse Debatte um Ko- und Monoedukation Bezug nehmen und mit Ihren Studierenden deren Vor- und Nachteile diskutieren. 

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H

Horizontale Segregation

Der Begriff «horizontale Segregation» bezieht sich auf die ungleiche Verteilung von Frauen und Männern auf die verschiedenen Ausbildungsgänge und Berufsbereiche. Tatsächlich sind Disziplinen und Berufe oft «vergeschlechtlicht», d. h. sie werden mit einem bestimmten Geschlecht in Verbindung gebracht und gelten für das andere als unangemessen.
Die horizontale Segregation ist in der Schweiz besonders ausgeprägt: Im akademischen Jahr 2010/11 waren 50% der Studierenden an den universitären Hochschulen Frauen [2017/18: 51%]; allerdings waren sie mit 66% [67%] in den Geistes- und Sozialwissenschaften vertreten, mit 61% [62%] in Medizin und Pharmazie, aber nur mit 33% [35%] in den Wirtschaftswissenschaften und lediglich mit 27% [31%] in den technischen Wissenschaften, wobei diese Durchschnittszahlen noch grössere Ungleichgewichte in einzelnen Disziplinen verdecken (Bundesamt für Statistik 2011 und 2019, vgl. auch European Commission 2010 und 2019). Diese Unterschiede in der Studienfachwahl sind mit sehr unterschiedlichen Karriere- und Aufstiegschancen verbunden und tragen zur ungleichen Positionierung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt bei.
Verschiedene Studien zeigen, dass die Fachkulturen eine nicht unwesentliche Rolle spielen, wenn es gilt, die Unterschiede in der Studienfachwahl zu erklären (Gilbert et al. 2006). Die impliziten fachspezifischen Normen und Praktiken können zur Vergeschlechtlichung von Fach- und Berufsidentitäten führen, was sie für Männer oder Frauen mehr oder weniger zugänglich macht (vgl. «Doing gender»). Trotz des Rechtes auf gleiche Chancen setzen sich also auch im höheren Bildungsbereich Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern fort. Geschlechtersensible Lehre ist eine Möglichkeit unter anderen, dagegen zu steuern. 

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I

Impliziter Ansatz

Sie haben grundsätzlich zwei Handlungsoptionen, wenn Sie Ihre Lehre geschlechtergerecht gestalten wollen, den impliziten und den expliziten Ansatz (vgl. Dehler & Gilbert 2010). 
Mit dem impliziten Ansatz verfolgen Sie in erster Linie das Ziel, ein Lehr-/Lernumfeld zu schaffen, das es allen Studierenden – unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer sozialen Herkunft – gleichermassen erlaubt, erfolgreich zu lernen. Sie möchten also Frauen und Männer in ihren Lernprozessen gleichermassen fördern, Sie möchten aber in Ihrer Lehre die Geschlechterfrage nicht als solche thematisieren.
Der implizite Ansatz beinhaltet zwei Aspekte:

  • Sie gehen in Ihrer Lehre von der Vielfalt der Lernenden, ihrer Erfahrungen und ihrer Lernstrategien aus. Sie vermeiden es also, den Männern oder den Frauen bestimmte Eigenschaften oder Verhaltensweisen zuzuschreiben. Auf diese Weise tragen Sie dazu bei, einschränkende Geschlechterstereotype aufzuweichen und aufzulösen anstatt sie ungewollt zu verstärken.
  • Sie sind bereit, Ihre eigenen Vorstellungen von Geschlecht zu reflektieren, um zu vermeiden, dass sich geschlechterstereotype Erwartungen negativ auf das Lernen und die Leistungen Ihrer Studierenden auswirken.
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Interaktionen zwischen Lehrperson und Studierenden

Unter den Faktoren, die Motivationsunterschiede zwischen Jungen und Mädchen erklären können, diskutieren Meece et al. (2006) die Interaktionsmuster zwischen Lehrpersonen und Kindern in der Schule. Generell scheinen Lehrpersonen tendenziell jenen Schülerinnen oder Schülern mehr Unterstützung zukommen zu lassen, denen gegenüber sie hohe Erwartungen haben. Diese Kinder hätten entsprechend häufiger die Gelegenheit, ihr Wissen zu zeigen, und bekämen mehr unterstützende Rückmeldungen.
Die Forschung zu Geschlechterunterschieden in schulischen Interaktionen haben durchgängig gezeigt, dass Jungen mehr Interaktionen mit ihren Lehrpersonen haben als Mädchen (Altermatt et al. 1998; Jones & Dindia 2004; beide zitiert bei Meece et al. 2006). Sie wurden insbesondere häufiger aufgerufen, um Fragen zu beantworten, und bekamen mehr Anerkennung, Ermutigung und Kritik als die Mädchen. Sie sind aber auch häufiger die Initiatoren von Interaktionen mit der Lehrperson.
Nach Meece et al. (2006) sind solche Interaktionen in den Fächern Mathematik oder Naturwissenschaft ausgeprägter, also in jenen Bereichen, in denen stereotype Erwartungen den Jungen höhere Kompetenzen zusprechen. Zudem sind sie in Lernsettings ausgeprägter, in denen die Interaktionen auf die Lehrperson zentriert sind, also in Vorlesungen, Vorträgen oder Lehrgesprächen (im Gegensatz zu Gruppenarbeiten, Partner-Übungen, etc.).
Diese Ergebnisse betreffen den Unterricht auf Primar- und Sekundarschulstufe ; doch sie machen deutlich, welche Bedeutung der Reflektion impliziter Aspekte von Interaktionen zwischen Lehrperson und Studierenden auch für die Hochschulstufe zukommt. 
Hier finden Sie eine Reihe von Fragen, die Ihnen helfen kann, die Interaktionen mit Ihren Studierenden zu beobachten: Interaktionen – Beobachtung. Sie können diese zur Selbstreflexion oder im Rahmen einer kollegialen Evaluation einsetzen. 

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Interaktionen zwischen Lehrperson und Studierenden – Beobachtung

Folgende Fragen können Ihnen helfen, sich bewusst zu machen, wie Sie in Ihren Lehrveranstaltungen den Interaktionsraum mit Ihren Studierenden gestalten:

  • Welchen Studierenden lassen Sie mittels Blickkontaktes am meisten Aufmerksamkeit zukommen?
  • Wie ausführlich gehen Sie auf Fragen von weiblichen oder männlichen Studierenden ein?
  • Wie oft erteilen Sie das Wort männlichen und weiblichen Studierenden?
  • Wie viel Redezeit überlassen Sie den Studentinnen und den Studenten für Ihre Beiträge? Gibt es Unterschiede nach Personen?
  • Wem sprechen Sie lobend Anerkennung aus?
  • Wie drücken Sie Ihre Anerkennung gegenüber den Studierenden (nonverbal) aus?
  • Wessen Redebeiträge unterbrechen Sie?
  • Auf wessen Redebeiträge kommen Sie im Lauf Ihrer eigenen Ausführungen zurück?
Diese Fragen lassen sich besonders gut beantworten, wenn Sie die Selbstreflexion durch eine externe Beobachtung ergänzen (vgl. Evaluation der eigenen Lehre – expliziter Ansatz).

Intersektionalität

Mit dem Konzept der «Intersektionalität» oder auch «Interdependenz» (Walgenbach 2012) werden verschiedene Dimensionen sozialer Ungleichheit in ihrer Verschränkung und ihren Wechselwirkungen in den Blick genommen. Darunter fallen insbesondere Geschlecht, soziale Klasse, 'Rasse', kulturelle Herkunft, Sexualität, Behinderung und andere. Welche sozialen Dimensionen dabei relevant sind, hängt von der jeweiligen Situation und ihrem Kontext ab.

Seit ihren Anfängen sind die Gender Studies mit der Frage beschäftigt, wie das Wechselspiel insbesondere von Klassen- und Geschlechterverhältnissen theoretisch zu fassen sei. In den 1980 Jahren machte die Kritik von Schwarzen Frauen, von Frauen mit Migrationshintergrund oder von Lesbischen Frauen – um nur einige zu nennen – darauf aufmerksam, dass feministische Theorie und Politik aus der Position von weissen, heterosexuellen Frauen der Mittelschicht entwickelt wurden, sich auf deren Erfahrungen bezogen und die Erfahrungen von «anderen» Frauen nicht abbildeten.
Der Begriff der Intersektionalität wurde durch die afroamerikanische Juristin Kimberle Crenshaw (1989) in die Debatte eingeführt. Am Beispiel von Justizfällen aus den USA zeigte sie auf, dass die Diskriminierung von Schwarzen Frauen sowohl von sexistischen als auch von rassistischen Strukturen herrührt und sich ihre Position von jener schwarzer Männer wie auch von jener weisser Frauen unterscheidet. Crenshaw forderte deshalb, die Zugehörigkeit zu verschiedenen marginalisierten Gruppen in ihrer Verschränkung zu denken.
Intersektionalität deckt heute ein weites und interdisziplinäres Feld von Forschungen und Debatten ab. Gemeinsam sind den verschiedenen Zugängen folgende Aspekte: (1) Der analytische Fokus hat sich von der Vielfalt innerhalb der Genusgruppe der Frauen hin zur Verknüpfung von Geschlecht mit anderen Dimensionen sozialer Ungleichheit verschoben.
(2) Die gesellschaftlichen Machtstrukturen, die den einzelnen Dimensionen zugrunde liegen, stehen im Zentrum. In den Blick genommen werden dabei nicht nur die Mechanismen der Diskriminierung (z. B. von Frauen oder Schwarzen), sondern auch jene der Privilegierung (z. B. von Männern oder Weissen), die oft selbstverständlich erscheint und unsichtbar bleibt.

Eine intersektionale Perspektive auf das Bildungssystem zeigt wie soziale Herkunft, Geschlecht und Migrationshintergrund in ihrem Zusammenspiel über Bildungswege und Zugang zu Hochschulbildung entscheiden. Eine solche Perspektive kann auch hilfreich sein, um konkrete Lehr-/Lernsituationen besser zu verstehen. Ein Beispiel: In den Interaktionen zwischen einer Dozentin deutscher Herkunft und einem Studenten kurdischer Herkunft kommen Geschlechterpositionen zum Tragen, die von der jeweiligen Herkunftskultur der Beteiligten geprägt sind. Oder: In einer Diskussion werden sich europäische Studenten mit akademischem Hintergrund häufiger und mit mehr Gewicht zu Wort melden als Studierende aus bildungsfernem Milieu oder aussereuropäischen Kulturen. Schliesslich: Wenn sich Studentinnen aus dem asiatischen Raum nicht aktiv am Unterrichtsgeschehen beteiligen, so kann dies den Lernmethoden im Bildungssystem ihres Herkunftslandes ebenso geschuldet sein wie geschlechterstereotypen Vorstellungen. 

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K

Koedukation versus Monoedukation

Die Einführung der Koedukation – der gemeinsamen Schulbildung für Mädchen und Jungen – in der höheren Schulbildung stand in den 1960er und 1970er Jahren im Zeichen des gesellschaftlichen Fortschritts und der Demokratisierung der Bildung. Im englisch- und im deutschsprachigen Raum wurden in den 1980er Jahren aber auch kritische Stimmen zu den negativen Folgen der Koedukation laut: Tatsächlich führte der gemeinsame Unterricht nicht zwangsläufig zur Chancengleichheit von Jungen und Mädchen (Burgess 1990). In Frankreich wurde diese Debatte erst viel später geführt (Mosconi 2004).
Aufgrund der Ergebnisse der Schulforschung werden folgende Aspekte hervorgehoben:

  • Schulbücher und Lehrunterlagen sind nach wie vor stark männlich geprägt;
  • die Interaktionen im Lehrkontext wirken sich auf die Mädchen oft nachteilig aus (vgl. Interaktionen zwischen Lehrperson und Studierenden);
  • geschlechterstereotype Verhaltensweisen von Mädchen und Jungen werden verstärkt;
  • das Spektrum der Fächer-, Berufs- und Studienwahl bleibt geschlechtsspezifisch verengt.
Erfahrungen aus geschlechtergetrennten – monoedukativen – Ausbildungskontexten weisen zudem darauf hin, dass Frauen in Mathematik und Naturwissenschaften bessere Leistungen erbringen und dass deren Berufs- und Studienwahl weniger eng ausfällt als in koedukativen Kontexten (Teubner 1997a; Zagefka 1997). 
Die Koedukation im Bildungsbereich ist dadurch jedoch nicht in Frage gestellt. Es empfiehlt sich allerdings, entsprechende Strategien zu verfolgen, um die Nachteile der Koedukation zu beheben und die Gleichstellung von Jungen und Mädchen im Bildungsbereich umzusetzen. Während eine Strategie – reflexive Koedukation – auf die Reflexion und Weiterentwicklung der Koedukation abzielt, beinhaltet die andere den punktuellen Einsatz von monoedukativen Lernsettings


L

Lernorientierungen

Der Begriff der Lernorientierungen bezieht sich auf die Art und Weise, wie Studierende an eine Lernaufgabe herangehen. Folgende drei Lernorientierungen werden von verschiedenen AutorInnen unterschieden und sind empirisch gut abgesichert (vgl. Wild 2010, Entwistle & Peterson 2004):

  • Deep approach: Lernende streben eine Tiefenverarbeitung des Stoffes an, sie sind intrinsisch motiviert und wollen Inhalte in ihrem Zusammenhang verstehen.
  • Surface approach: Lernende streben die Reproduktion des Stoffes an, bleiben inhaltlich an der Oberfläche, sind extrinsisch motiviert und auf die Anforderungen des Lehrplanes fixiert.
  • Strategic approach: Lernende sind durch die Hoffnung auf Erfolg extrinsisch motiviert, nicht durch Bezug zu den Inhalten; die Möglichkeit, das Lernen selber zu regulieren und zu organisieren, spielt für sie eine wichtige Rolle.
Der Einfluss der Lernkontexte auf die Ausbildung von Lernorientierungen ist heute allgemein anerkannt (Severiens & Ten Dam 1994). Tatsächlich werden studentische Lernorientierungen von der Struktur und den Anforderungen des Ausbildungskontextes entscheidend beeinflusst. 

» Lernorientierungen und Geschlecht
» Lernorientierungen und Lehrstrategien
» Literatur

Lernorientierungen und Geschlecht

Gibt es zwischen Geschlecht und Lernorientierungen einen Zusammenhang? Die Forschung zu dieser Frage kommt zu sehr heterogenen Ergebnissen.
Eine Meta-Analyse verschiedener theoretischer Ansätze und empirischer Studien zu dieser Frage findet sich in Severiens & Ten Dam (1994). Autorin und Autor ziehen aus dieser Meta-Analyse folgenden Schluss: Die durchschnittlichen Geschlechterdifferenzen bezüglich Lernorientierungen sind klein, hingegen kommen die einzelnen Studien zu sehr unterschiedlichen und zum Teil widersprüchlichen Resultaten. 
Die Heterogenität und Widersprüchlichkeit der Ergebnisse werfen grundsätzliche Fragen auf. Es ist wahrscheinlich, dass die Unterschiede in den Lernorientierungen von Frauen und Männern wesentlich vom Kontext abhängen. Allerdings wird die Bedeutung der Kontexte – der angebotenen Lernformen, der disziplinspezifischen Kontexte, des spezifischen soziokulturellen Kontextes – in diesen Studien nicht in Betracht gezogen. 

In einer eigenen Untersuchung haben Severiens & Ten Dam (1997) eine Differenzierung vorgenommen und das Konzept der Geschlechtsidentität verwendet. Sie unterscheiden also zwischen dem biologischen Geschlecht, das der Kategorisierung in Männer und Frauen zugrunde liegt, und der Geschlechtsidentität der Lernenden, d. h. ihrer Identifikation mit so genannt männlichen oder weiblichen Eigenschaften, Attributen und Verhaltensweisen. Entsprechend erheben sie in dieser Studie nicht nur die Lernorientierungen der Studierenden, sondern – mit einem separaten Instrument – auch deren Geschlechtsidentität. Diese wird mit zwei voneinander unabhängigen Dimensionen, Femininität und Maskulinität gemessen. 
Eine wichtige Erkenntnis der Studie von Severiens & Ten Dam ist, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem biologischen Geschlecht der Lernenden und deren Geschlechtsidentität gibt. Die Geschlechtsidentität der Studierenden, also ihre Identifikation mit verschiedenen Aspekten von Weiblichkeit und Männlichkeit, ist für ihre Lernorientierung aber durchaus relevant. Studierende mit androgynem Profil, die (unabhängig von ihrer Geschlechtskategorie) auf der Weiblichkeits- wie auch auf der Männlichkeitsdimension hohe Werte angeben, sind auch jene, die stärker den Deep approach bevorzugen und die besten Leistungen aufweisen. Auch ältere Studierende praktizieren übrigens häufiger diesen auf das Verstehen ausgerichteten Lernstil. 

Damit muss die Frage nach dem Zusammenhang von Geschlecht und Lernorientierung neu gestellt werden: Inwieweit tragen kontextuelle Faktoren (kulturelles Umfeld, Disziplin, Lernumgebung) zur Produktion von Geschlechterdifferenzen bei?
In diese Richtung weist auch ein weiterer Befund dieser Studie: Die Lernorientierung der Studierenden hängt in erster Linie von ihrem jeweiligen Studienfach ab, hingegen spielt deren Geschlecht kaum eine Rolle. 

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Lernorientierungen und Lehrstrategien

Grasha (1996) unterscheidet beispielsweise studentische Lernpräferenzen entlang der drei Dimensionen kompetitiv – kollaborativ, partizipierend – vermeidend, abhängig – unabhängig. Er beschäftigt sich auch mit deren Implikationen für eine angemessene Lehre. 

Die folgende Tabelle (zitiert nach Montgomery & Groat 1998) zeigt, dass verschiedene Lernaktivitäten unterschiedlichen studentischen Lernhaltungen entsprechen. Daraus kann abgeleitet werden, dass der Einsatz vielfältiger Lehrmethoden wünschenswert ist. 

LernhaltungenCharakteristiken 
der lernenden Person
Präferenzen der Lernenden
Kompetitive Haltungsteht mit anderen Studierenden im WettbewerbKlassenaktivitäten, lehrpersonenzentriert
Kollaborative Haltungteilt gerne Ideen mit anderenGruppenaktivitäten, studierendenzentriert
Partizipierende Haltungbeteiligt sich gerneDiskussionen
Vermeidende Haltungzeigt sich uninteressiert, 
beteiligt sich nicht
Anonymes Umfeld
Abhängige Haltungsucht Autorität und HaltKlare Instruktionen,
keine Mehrdeutigkeit
Unabhängige Haltungdenkt selbständigUnabhängige Projekte
(zitiert nach Montgomery & Groat 1998).

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LGBTI - Queere Identitäten

Mit dem Kürzel LGBTI werden verschiedene «queere» Identitäten bezeichnet, welche die Binarität von Geschlecht und die Eindeutigkeit geschlechtlicher Zuordnungen in Frage stellen. Die binäre Struktur von Geschlecht ist eng mit der Norm der Heterosexualität verbunden. Ab den 1970er Jahren wurde diese Norm auch im akademischen Kontext durch die Forschung zu lesbischen und schwulen Sexualitäten und Lebensweisen zum Thema gemacht. Diese Forschungsperspektive wurde in den 1990er Jahren, insbesondere in den USA, im Rahmen der «Queer-Studies» aufgegriffen und weiterentwickelt. Die Philosophin Judith Butler hat mir ihrem Werk «Gender Trouble» diese Debatte massgeblich beeinflusst (Butler 1990). Ein Überblick dazu findet sich bei Hark (2010).
Auf der politischen Ebene haben lesbische und schwule, wie auch bisexuelle Aktivistinnen und Aktivisten ab den 1970er Jahren begonnen, gegen soziale Diskriminierung zu kämpfen und sich für ihre Sichtbarkeit und ihre Rechte einzusetzen. Diese Bewegungen hinterfragen die Dominanz der heterosexuellen Norm im Alltag und in den Rechtsinstituten der Gesellschaft. Mit der Öffnung der Ehe für alle wird der Forderung nach rechtlicher Anerkennung vielfältiger Beziehungsformen mittlerweile in einigen Ländern Rechnung getragen.
Das heute gängige Kürzel LGBTI umfasst neben der sexuellen Vielfalt (Lesbian, Gay, Bisexual) auch die geschlechtliche Vielfalt (Trans, Inter). Der Begriff Transgender deckt das ganze Spektrum von Personen ab, die sich mit einem anderen Geschlecht identifizieren, als jenem, das ihnen per Geburt zugewiesen wurde, oder die sich nicht auf eines der beiden Geschlechter festlegen wollen. Der Begriff Intergeschlechtlichkeit wiederum betrifft Personen, die bei der Geburt nicht eindeutig dem einen oder anderen Geschlecht zugeordnet werden können und an denen (zum Teil bis heute) medizinische Eingriffe vorgenommen werden, um die Eindeutigkeit des Geschlechts herzustellen. In neuester Zeit haben sich sowohl Trans-Personen wie auch Intersex-Personen politisch organisiert und kämpfen gegen ihre Pathologisierung durch die Medizin und für geschlechtliche Selbstbestimmung auf der Basis der Menschenrechte.

Für Hochschulen und Hochschullehre können diese Themen ganz konkrete Implikationen haben:
(1) Institutionen müssen sich gegenüber Personen inklusiv verhalten, die ihre Geschlechtskategorie wechseln und einen entsprechenden Namen annehmen möchten. Das kann das Personal der Institution ebenso betreffen wie die Studierenden. Im Rahmen ihres Diversity Management haben einige Hochschulen Verfahren festgelegt, um solche Namenswechsel zu ermöglichen.

(2) Die Dozierenden ihrerseits können mit Trans- oder Intersex-Personen zu tun haben, was die Frage einer inklusiven Sprache aufwirft. Im Zweifel ist es empfehlenswert, die betroffene Person zu fragen, mit welchem Pronomen sie angesprochen werden möchte, wobei ihr Recht auf Diskretion und Vertraulichkeit zu wahren ist. Während sich ein non-binäres Pronomen im Singular im Englischen (they) und im Schwedischen (hen) durchgesetzt hat, ist dies im Deutschen (noch) nicht der Fall.
(Zu non-binären Schreibformen, vgl. Geschlechtergerechten Sprache - Regeln)

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M

Monoedukative Lernsettings

In stark männlich geprägten Fächern kann es sinnvoll sein, punktuell geschlechtergetrennte Lernsettings anzubieten, in der Schule zum Beispiel im Fach Physik. Dies ermöglicht den Mädchen und den Jungen ein breiteres Spektrum von Verhaltensweisen und Interessen zu erfahren und zu entwickeln. Insbesondere den Mädchen erlaubt es, in einem stark männlich konnotierten Fach Kompetenz und Selbstsicherheit zu entwickeln. 
Im deutschsprachigen Raum werden monoedukative Settings insbesondere auch im Zusammenhang mit technischen Studiengängen diskutiert und erprobt. Ziel ist es, den Studentinnen eine Lernumgebung zu bieten, in denen die negative Wirkung von Geschlechterstereotypen reduziert wird und Frauen selbstverständlich technische Kompetenzen entwickeln können. In diesem Sinne sind an verschiedenen Fachhochschulen Frauenstudiengänge eingerichtet worden. Die Tatsache, dass die Geschlechterdifferenz dabei zunächst hervorgehoben wird, um eine Lernumgebung zu schaffen, in der Geschlecht möglichst keine Rolle spielen soll, wird als «paradoxe Intervention» bezeichnet (Teubner 1997b; Gransee 2000).

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R

Reflexive Koedukation

«Reflexive Koedukation» zielt darauf ab, die Lehr-/Lernpraxis in koedukativen Settings zu reflektieren und im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit weiterzuentwickeln (Kreienbaum 2010). Die Literatur zur reflexiven Koedukation bezieht sich in erster Linie auf die Schule, die dabei aufgeworfenen Fragen sind jedoch auch im Kontext der Hochschule relevant: Wie lassen sich Lehr-/Lernkontexte schaffen, die für Mädchen und Jungen gleichermassen förderlich sind? Wie können geschlechterstereotype Verhaltensweisen von Jungen und Mädchen aufgeweicht werden? In der Schweiz hat sich eine Interventionsstudie am Beispiel des Physikunterrichtes diesen Fragen gewidmet (Herzog et al. 1999).
Im Rahmen der «reflexiven Koedukation» können Sie in Ihren Lehrveranstaltungen mono- und koedukative Settings bewusst variieren und anschliessend die gemachten Erfahrungen mit Ihren Studierenden besprechen. Wenn Sie Ihren Studierenden punktuell geschlechtergetrennte Arbeitsgruppen vorschlagen, ist es wichtig klarzustellen, dass Sie sich nicht in erster Linie für die Unterschiede zwischen Frauen und Männern interessieren; dies würde tendenziell zur Reproduktion von Geschlechterstereotypen beitragen. Wenn Sie geschlechtergetrennte Lernsettings schaffen, geht es Ihnen vielmehr darum, die Vielfalt von Verhaltensweisen und Rollen innerhalb der einzelnen Gruppe zu fördern. 

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U

Ungleichgewichte in Diskussionen

Im Gedankenaustausch und in Diskussionen können Ungleichgewichte in Bezug auf die Beteiligung von Studentinnen und Studenten oder in Bezug auf die Gesprächsdynamik auftauchen. Die folgenden Fragen können Ihnen helfen, solche Ungleichgewichte aufzudecken:

  • Wie häufig und wie lange sind die Wortmeldungen von Studentinnen und Studenten?
  • Wie selbstsicher tritt eine Person beim Erläutern ihres Standpunktes auf?
  • Wird ein Bezug zu vorangehenden Wortmeldungen hergestellt oder werden sie ignoriert? Handelt es sich um Wortmeldungen von Studentinnen oder Studenten?
  • Wird der Inhalt einer vorangehenden Wortmeldung wiederholt und für sich in Anspruch genommen, ohne auf die betreffende Person Bezug zu nehmen? Handelt es sich dabei um die Wortmeldung einer Studentin oder eines Studenten?
  • Wessen Standpunkt setzt sich in der Diskussion durch?
  • Gibt es Personen, die andere Teilnehmende in der Diskussion unterbrechen?
  • Wer erlaubt sich, der Lehrperson gegenüber Kritik zu äussern?
Weiterführende Erläuterungen und Beobachtungsraster zur Analyse von Interaktionen im Unterricht finden sich im Leitfaden von Ducret & Lamamra 2006.

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V

Vertikale Segregation

Das Phänomen ist allgegenwärtig: Je höher die Positionen in der Hierarchie einer Organisation, desto weniger sind Frauen vertreten. Dies gilt für den Bildungsbereich ebenso wie für Wirtschaft oder Politik. Diese ungleiche Verteilung von Männern und Frauen in der Hierarchie von Organisationen wird als «vertikale Segregation» bezeichnet. In der vertikalen Segregation spiegelt sich der ungleiche Zugang von Frauen zu beruflichen Karrieren und zu Entscheidungsmacht. Der Begriff der «gläsernen Decke» wiederum verweist auf die Schwierigkeit für Frauen, zu den höchsten Entscheidungspositionen aufzusteigen (vgl. Fassa et al. 2008, Fassa & Kradolfer 2010). 
In Bezug auf die vertikale Segregation in der akademischen Welt zeichnet sich in der Schweiz folgendes Bild ab: Gemäss dem Bundesamt für Statistik waren 50% [51%] der Studierenden an den universitären Hochschulen im Jahr 2010 [2017] Frauen, ihr Anteil betrug auf der Stufe der Assistierenden und wissenschaftlichen Mitarbeitenden noch 41% [44%], auf der Stufe Professur aber lediglich 17% [23%] (Bundesamt für Statistik 2012 und 2019). 
Diese Situation wird unter dem Stichwort «leaky pipeline» diskutiert und findet sich in praktisch allen westlichen Ländern wieder (vgl. European Commission 2010 und 2019). Um dagegen zu steuern, haben die Hochschulen verschiedene gleichstellungspolitische Massnahmen umgesetzt (vgl. Rees 2001, Blickenstaff 2005 sowie Rehmann 2004d für die Schweiz). Die Geschlechterforschung ihrerseits interessiert sich für die institutionellen Praxen und die impliziten Selektions- und Ausschlussmechanismen, die dazu beitragen, diese faktische Ungleichheit zwischen Männern und Frauen immer wieder zu reproduzieren (vgl. European Commission 2004). 

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